Die Geek-Autismus-Connection

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Seit langem schon leben Außerirdische auf dieser Erde, und gegenwärtig treffen sie Vorbereitungen, die Macht zu übernehmen. Sie sind eher bleich als grün und ihre Antennen bleiben für die Anderen meist unsichtbar. Oft werden sie, wenn sie aus ihren Höhlen kommen, als unbeholfen verlacht. Obwohl ein paar von ihnen Köpfe auf den Schultern tragen, die das Leben auf der Erde vollkommen verändert haben und noch mehr verändern werden.

William Blake, der die Schönheit der Welt in einem Sandkorn entdecken konnte, Ludwig Wittgenstein, der mit zehn Jahren eine Nähmaschine baute und über den seine Mitschüler sagten, er sei "wie aus einer anderen Welt herbeigeschneit", Albert Einstein, der sich selbst als "einsamen Besucher" auf der Erde bezeichnete, der ebenfalls nobelpreisgeschmückte John Nash, Vincent van Gogh, Glenn Gould, Isaac Newton, Emily Dickinson, Paul Klee, Wassily Kandinsky, Anton Bruckner, Bela Bartok, Steven Spielberg, um nur einige zu nennen und nicht zuletzt Bill Gates, der alte rocker - gehören sie alle einer besonderen Spezies an, einer Spezies mit Eigenheiten, die im weitgespannten Regenbogen des autistischen Spektrums leuchten?

Der Wiener Kinderarzt Hans Asperger schrieb 1944, dass einer seiner kleinen Patienten sich "fantastische Erfindungen wie Raumschiffe" ausdenke und fügte hinzu: "Man sieht, wie realitätsfremd die autistischen Interessen sind." Als ihm Jahre später die ersten Raumschiffe zu Ohren kamen, beliebte er zu scherzen, die seien wohl von Autisten erdacht. Asperger gilt als derjenige, der als erstes das sogenannte Asperger Syndrom beschrieb, eine leichte Form des Autismus, die meist mit guter Sprachbegabung, überdurchschnittlicher Intelligenz und obsessiv betriebenen - häufig technischen - Interessen verbunden ist.

Spät (1981) von Lorna Wing dem englischsprachigen Raum zugänglich gemacht, hat das Asperger Syndrom erst 1991 in das Internationale Klassifikationssystem der WHO (ICD-10) und 1994 in das Diagnostische Statistische Manual psychischer Störungen (DSM-IV) der American Psychiatric Association Eingang gefunden.

Die Gene des Schweigens übernehmen die Macht

In den letzten acht Jahren hat sich die Zahl der autistischen Patienten in Kalifornien mehr als verdreifacht1, auch die Anzahl der leichteren Formen von Autismus soll letztes Jahr um 55 Prozent zugenommen haben. Forscher sprechen von einer Autismus-Epidemie. Manche sagen, es trifft einen auf 1.000, andere sprechen davon, es sei einer auf 110.

Wird das Silicon Valley überflutet von den Genen des Schweigens, die in den Köpfen der vielen schrulligen Computer-Genies schlummern? Was bedeutet das für deren Kinder, "wenn der Regen, der auf den Rain Man niederging, an gewissen Orten dichter fällt als an anderen", fragt ein Artikel in Wired. Und antwortet:

Vielleicht wird die Antwort bald über das Silicon Valley regnen. Und eine der größten Hoffnungen auf Heilung mag in den DNS-Sequenzen genau der Menschen versteckt sein, die diese Gegend zum technologischen Kraftwerk der Welt gemacht haben.

Asperger wird auch Little Professor Syndrome, Geek Syndrome oder Nerd Syndrome genannt. Geht es ihm also mal wieder an den Nylonkragen, dem Neuro Evolutionary Rostral Developer, über den die Welt schon so viel Spott ausgeschüttet hat (ohne ihn übrigens zu treffen, denn er hat ja, heißt es, seine eigene Welt), dem Nerd, anorak, train-spotter, space-cadet, card-board, cut-out, geek, oddball, weirdo, bufty - er ist ein Gerät, das Kaffee in Behauptungen umwandelt und erst Notiz von dir nimmt, wenn du es direkt ansprichst, das vermurkste CD-Rohlinge als Untersetzer benutzt, nicht schläft, sondern einen Energiesparmodus hat, sich zweidimensional ernährt, weil man kalte Pizza und Käse-Scheibletten unter der Tür durchschieben kann, und eine große Nonchalance gegenüber jeder Form von Körperpflege walten lässt - so also ist er und zudem noch ein high functioning Autist ... Das Register der ihm anhängenden Klischees hat sich um ein weiteres verlängert: Der Nerd oder Geek als Aspie, wie sich viele Menschen mit Asperger Syndrom selbst nennen.

Wie kann man einen extrovertierten Mathematiker von einem introvertierten unterscheiden?
Der extrovertierte Mathematiker schaut auf Deine Füße, wenn er mit Dir spricht.

Aspies mögen keinen Blickkontakt mit Menschen und sie neigen zum Hyperfocusing. Wenn man sich im Straßenverkehr lediglich auf seine eigenen Füße konzentriert, ist das gefährlich, wenn man jedoch ein Projekt genauso hartnäckig fokussiert, kann was Geniales dabei herauskommen. Weder Funktion noch Form interessiert sie, sondern leiglich, wie etwas gemacht ist. Aspies gelten als schüchtern, leicht exzentrisch, sie reden entweder gar nicht oder sie sind nicht zu stoppen und spicken ihre Sätze mit technischen Termini. Sie bewegen sich unbeholfen als hätten sie ihren Körper nur geliehen und führen automatische, oft repetitive Bewegungen aus wie Schaukeln (rocking), sich um sich selbst drehen, mit den Fingern spielen, mit den Händen flattern (stimming). Sie sind unempfindlich gegenüber Ironie, Gruppendynamik oder sportlichem Ehrgeiz. Sie insistieren auf Routine und Ritualen, können in Codes besser lesen als in Menschen, sind leicht paranoid, und oft sehr intelligent ( jedoch auch zu Selbstüberschätzung neigend).

Oft bleibt Asperger, abgekürzt AS, undiagnostiziert (es gibt einen ganz guten Online-Test). Die Kombination und Ausprägung der Symptome ist außerdem ganz individuell, so dass eindeutige Diagnosen schwierig sind. Aspies können in der Arbeitswelt Nischen finden, in denen sie gut zurecht kommen. Mehr noch, gewisse Attribute eines milden Autismus können in Gesellschaften, in denen systematische Intelligenz gut angeschrieben ist, durchaus als adaptiv gelten, Beispiel Bill Gates. Der zum Hospitalismus neigende und von Computern und Trampolins besessene pedantische Mann mit der hellen gepressten Diskantstimme, der niemandem direkt in die Augen blicken kann und als Junge angeblich die ganze Torah auswendig konnte, wurde von Autismus-Forschern, von denen viele - und nicht die schlechtesten - übrigens oft selbst Symptome aufweisen, schon lange als einer der ihren identifiziert.

Nach meiner Gefängnisstrafe traf ich einen Hacker, bei dem sie dieses Asperger Syndrom diagnostiziert hatten. Er beschrieb die Symptome und ich dachte: Wow, das klingt nach mir und vielen anderen Hackern, die ich kenne,

erklärte Hackerlegende Kevin Mitnick (Vom berühmtesten Hacker zum Sicherheitsberater der Politiker), Held und Märtyrer einer ganzen Generation von Script-Kiddies, gegenüber USA Today.

Aspie und wie er die Welt sah

Bevor man nun jedoch unter den Menschen mit Asperger auf Terroristensuche geht: das autistische Spektrum ist Schirmherr einer bunten Versammlung sehr unterschiedlicher Menschen, die nicht in die neurologische Standardform passen, die Rolle des Outlaw ist jedoch selten darunter.

Autisten fehlt die Theory of Mind, wie Psychologen es nennen, die Fähigkeit, Gefühle und Gedanken anderer zu erkennen. Während beim Autismus im Sinne Aspergers die Probleme der Wahrnehmungsverarbeitung im Vordergrund stehen und weniger Probleme des Denkens und der geistig-intellektuellen Funktionen, kommen bei der aus Rain Man bekannten autistischen Störung, wie sie Leo Kanner beschrieben hat, schwerwiegende kognitive Funktionsbeeinträchtigungen hinzu, die Übergänge zwischen beiden fließen.

Die Ortsfremde in der Grammatik der Gefühle ist ihnen gemein, wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt. Ein Beispiel: Vor einem Gespräch mit den Nachbarn brütet man über internationalen außenpolitischen Verhandlungen, um die Konturen der Diplomatie zu erfassen. Autismus-Forscher Simon Baron-Cohen beschreibt in einer Publikationen drei Fälle von Asperger Syndrom: der erste, Richard Borcherds, Inhaber der Fields Medal war 38, als er sich auf Autismus untersuchen ließ und AS diagnostiziert wurde, worunter seine Laufbahn im Exzentrikern aufgeschlossenen Biotop der Universität (in seinem Fall Berkeley) bis heute nicht gelitten hat. Borcherds bezeichnet sich selbst als socially inept und fügt hinzu, dass in allen Mathematikfakultäten, die er kannte, immer mindestens einer gewesen sei, der noch verrückter war als er selbst. Der zweite war ebenfalls ein Mathegenie und der dritte ein herausragender Informatiker. Keiner von den dreien jedoch konnte Gesichtsausdrücke auf ihren emotionalen Inhalt hin entschlüsseln, wenn ihnen entsprechende Fotografien vorgelegt wurde. Was sehen Sie? Wut, Schmerz, Angst, Freude? Nichts.

Baron-Cohen entwickelt deshalb gerade eine CD-ROM mit Fotografien von Schauspielern, die jeden bekannten menschlichen Gefühlsausdruck mit Gesicht und Stimme präsentieren, eine elektronische Enzyklopädie der Gefühle, die Autisten auswendig lernen oder nachschlagen können wie Lateinvokabeln; etwas Ähnliches kann man auch online bestellen. Gefühle, Sentimentalitäten, Höflichkeiten: Sind das überkommene, bald ausrangierte Formeln, derer sich nur noch ineffiziente neurotypische Menschen bedienen? Aber es ist nicht so, als hätten Autisten keine Gefühle: Sie sind oft bedrückt, wenn sie erfahren, dass sie unwissentlich jemanden gekränkt haben. Aber ohne klare Orientierungshilfen und Regeln, die ihrem systemverliebten Geist zudem entgegenkommen, würden sie es beim nächsten Mal vielleicht wieder tun.

Es gibt Schätzungen, dass 93 Prozent aller Kommunikation (schon wieder quantifizieren sie, die kontrollsüchtigen Verhaltensforscher) nonverbal abläuft. Jemand mit AS könnte diese Information vielleicht so interpretieren, dass nur sieben von hundert gesprochenen Wörtern wirklich Sinn machen. Die Auslegung, dass die meist unbewusst eingesetzte und schwer zu ent- und verschlüsselnde Körpersprache bis zu dreizehnmal informationsreicher sein kann als das gesprochene oder geschriebene Wort, widerspricht seiner Weltauffassung komplett. Die Sprache des Körpers ist ein bedrohliches Geheimnis der anderen.

Laut Baron-Cohen tritt Autismus in Familien von Ingenieuren, Mathematikern, Physikern und Informatikern durchschnittlich häufiger auf.2 Nicht nur das: Dem Forscher zufolge denken und arbeiten diese Menschen autistischer als ihre Kollegen aus den Geisteswissenschaften. Eine medizinische Stigmatisierung des Nerdtums?

Baron-Cohen sieht das locker. Es gäbe nun einmal verschiedene Weisen, wie der Geist geformt sei. Diese Mind shapes zu erkennen, könne uns nur helfen. Im gesamten Spektrum der autistischen Krankheitserscheinungen gäbe es eine Häufigkeit von 1 zu 200, Jungen seien viermal so oft betroffen.

"My Code just flies" zitiert das Magazin Computerworld eine autistische Frau, die als Programmiererin in vier Stunden schaffe, wofür Kollegen drei Tage brauchen. Solche Superprogrammierer müssen nicht Autismus oder Asperger haben. Jedoch:

Es ist ein Kontinuum. Da gibt es keine klare Trennlinie zwischen einem Computer Tekkie und jemandem mit Asperger. Sie passen einfach gut zusammen,

sagt Temple Grandin ("Mein Gehirn ist ein Computer mit einem 1000-Gigabyte-Speicher für Millionen von Bildern. Aber mein Prozessor ist ein alter Intel 286 - bei zu viel Input bricht Chaos aus"), deren Obsession für Viehgehege dazu führte, dass sie Professorin für Animal Science, sowie weltweit führende Expertin für humanes Schlachten wurde, und die mehrere wichtige Bücher über Autismus und Asperger geschrieben hat, in einem Interview mit Autismus-Forscher Tony Atwood

Augenkontakt, Körpersprache, Berührung - weg, Freunde, Spiele, Stimulation - da. Diese terminal cases können in der logischen Interaktion mit ihrem besten Freund (dem Rechner) ein immens erfolgreiches Leben führen, nach den Kategorien des monatlichen Einkommens zumindest. Januar letzten Jahres bot Microsoft seinen Mitarbeitern Versicherungsvergünstigungen für die Kosten des Verhaltenstrainings ihrer autistischen Kinder an. Am MIT in Boston gibt es eine charm school für verstockte Informatiker und auch die Fakultät für Informatik der TU München hat mit Kursen nachgezogen.

Gary Chapman schreibt in seiner Kolumne in der Los Angeles Times, die Reaktion der meisten Geeks sei ein großes:

Na und! Ein paar von uns sind gekränkt, weil wir dadurch noch weniger normal rüberkommen. Aber wir haben neue Ideen und bekennen uns zu einer freidenkenden Intelligenz. Normale Menschen bringen die Zivilisation nicht weiter. Selbst wenn Edison AS gehabt hätte: Wir brauchen mehr Edisons und nicht mehr Popstars.

Die Heimat der Rain Men

Autismus ist eine Folge von Entwicklungsstörungen des Stammhirns, die bereits sehr früh im Mutterleib beginnen. 1967 behauptete Bruno Bettelheim in seinem Buch "Die Geburt des Selbst. The empty fortress", dass die Krankheit durch eine lieblose Mutter hervorgerufen werde: Der Wunsch der Eltern, dass das Kind nicht existieren möge, führe zu diesem massiven Rückzug. Dass dies Unsinn ist, dass vielmehr die genetische Prädisposition eine entscheidende Rolle spielt, weiß man heute.

Ob sich das Asperger Syndrom entschieden vom frühkindlichen Kanner-Autismus unterscheidet oder ob alle Ausprägungen in einem Kontinuum liegen, ist umstritten. Die DNS-Scripts für Autismus werden auch von Eltern weitergegeben, die nur einige der Symptome aufweisen. Oft werden Eltern erst diagnostiziert, nachdem ihre Kinder diagnostiziert wurden. Die Panik, die sich, wie Wired schreibt, jetzt im Silicon Valley ausbreitet, ist die, dass als eine Folge des essortative mating in der Geek-Enklave Eltern, die ein leichtes Asperger Syndrom haben, bald hordenweise autistische Kinder zur Welt bringen, die ohne therapeutische Hilfe nicht zurechtkommen.

Laut einer Studie, die das International Molecular Genetic Study of Autism Consortium im September letzten Jahres in der Zeitschrift American Journal of Human Genetics veröffentlichte, gibt es Gene auf den Chromosomen 2, 7,16 und 17, die Autismus begünstigen, wobei Erbanlagen auf Chromosom 2 die größte Bedeutung zu haben scheinen. Der Autism Genetic Resource Exchange ist eine kürzlich eingerichtet Genotypen-Datenbank.

Bis 2005 sollten wir die Autismus-Gene im Griff haben. Bevor wir dann behandeln können, werden noch einmal fünf bis zehn Jahre vergehen.

Dr. Anthony Bailey

Man stelle sich vor: Ein Forscher steht vor der Möglichkeit, diese Gene zu eliminieren. Was ist jedoch, wenn in seiner eigenen DNS - wahrscheinlich ist es nicht, unwahrscheinlich jedoch auch nicht - ein paar Farben des autistischen Regenbogens schillern? Wie wird er darüber denken, dass eine geheimnisvolle, unsägliche, schmerzvolle, panikerfüllte, eigenartige, einzigartige und in vielen Aspekten auch wundervolle Welt ins Aus gekickt werden soll? Was wären die Konsequenzen?

Man hätte eine Horde von Typen, die rumstehen und socializen, aber keiner von ihnen würde etwas tun(Temple Grandin)

An welchem Punkt wird eine Entwicklungsstörung eine Persönlichkeitsstörung und wann ist sie einfach eine Art der Persönlichkeit? Es ist produktiver, das Leben eines autistischen Menschen von seinem Blickwinkel aus zu beurteilen. Menschen mit autistischen Merkmalen sind starke Persönlichkeiten, sie können gar nicht anders. Aber wie schaffen sie es, nicht unglücklich zu werden unter Menschen, die Gruppentauglichkeit als absolutes Ideal setzen?

Aspies sind oft unglücklich, vor allem als Kind: das Lärmen und Jagen auf dem Pausenhof, aus dem sich nicht herauslesen lässt, wer Freund und wer Feind ist, die verständnislose Grausamkeit der Anderen. Auch als Erwachsene sind sie oft einsam, depressiv und fühlen sich stigmatisiert, ihr Leben wird zum Kampf gegen sich selbst. Was wäre, wenn Asperger Syndrom anhand seiner Stärken definiert wäre, fragen Carol Gray und Tony Atwood, dann gäbe es keine Diagnose, sondern eine Entdeckung des Aspies, eines absolut loyalen, zuverlässigen, beharrlichen, originellen und optimistischen Menschen.

Oder doch ein Alien? Viele empfinden, als wären sie von Kindesbeinen an auf dem falschen Planeten oder als hätten alle anderen zur Geburt ein Manual zur sozialen Interaktion erhalten, nur sie nicht. Ein Außerirdischer kann nicht lernen, kein Außerirdischer zu sein. Es mag ihm jedoch helfen, wenn er und seine nahe Umwelt von seiner Herkunft erfahren. Etrange coincidence? Gerade im Kreis der Geeks wird die Suche nach den ETs besonders eifrig betrieben. Ist es vielleicht die Suche nach dem eigenen Spiegelbild, dem anderen Anderen, nach der Antwort auf den Außerirdischen in sich selbst?

"Die Addams Family in verrückter Tradition" ist nur einer von vielen Filmen, der den Horror im Ferienlager aufs schönste veranschaulicht. Folgendes Posting aber zeigt nicht nur die potentielle Isolation eines Kindes mit AS, sondern auch dass es sogar unter den aus Film und Fernsehen gefürchteten Campleitern immer wieder welche gibt, die mit Phantasie und Einfühlungsvermögen versuchen, denen zu helfen, die wie Aliens sind:

Here is what I told my Scouts concerning Jeremy. 1) He was damaged in about the first 4 weeks he was developing in his mother's womb. Obviously, this damage is not his fault.
2) Many nerve connections in his brain were not made, or were made improperly.
3) In Star Trek terms, he has suffered massive battle damage.
4) Like the USS Enterprise's engineering crew after the Enterprise has been damaged, he is trying to route around this massive battle damage.
5) Unlike the USS Enterprise, he can't go to a Star Fleet drydock to get his battle damage repaired.
6) He may be compared to Lieutenant Commander Data of Startrek, The Next Generation, in that:
a) He is an intelligent lifeform
b) He is different from us
c) He is a lot more like us than different from us
I find that this analogy helps a great deal, and that it puts a positive "spin" on Jeremy's condition. I have found that letting my Scouts know the full situation has helped tremendously. Boys can be very cruel, but they can also be very compassionate.

Bild: star trek.com

Diese störrischen kleinen Professoren, die manchmal so komisch zucken und vor sich hinkichern, die mit zehn schon süchtig nach dem Computer sind und sich mit zwanzig nicht für Mode interessieren, weil ihnen dafür die holistische Intuition abgeht, sie entpuppen sich als die eigentlichen Helden unserer von Computern dirigierten Welt. Auch wenn nur wenige der Aspies über das Potential eines Einstein verfügen, wir brauchen sie, denn Versuche, "normale" Menschen mit Geek-Tugenden zu füttern, haben bislang immer fehlgeschlagen. Wobei sich die Frage aufdrängt, ob die verführerische Omnipräsenz der Computer ihre Wesenszüge fördert und was sie ohne Rechner täten? Lichtspiegelungen im Fensterglas betrachten, Zugfahrpläne auswendig lernen, Sandkörner zählen, sich selbst Geschichten erzählen, in denen keine Worte vorkommen?

Zu einer anderen Zeit hätten diese Leute als Mönche gearbeitet und neue Tinte für frühe Druckpressen entwickelt. Heute jedoch verdienen sie 150.000 Dollar im Jahr und pflanzen sich sehr erfolgreich fort,

weiß Bryna Siegel, Mitgründerin der Stanford University Autism Clinic

Sex, Lügen und Video

Dass man als berühmter Mathematiker locker einen gewaltigen Sprung in der Schüssel haben kann und trotzdem das schönste Mädchen kriegt, zeigt der Film "A Beautiful Mind - Genie und Wahnsinn", der das Leben des schizophrenen und leicht autistischen Nobelpreisträgers John Forbes Nash erzählt. Reden über Gefühle ist Zeitverschwendung. Frag einen Aspie, wie er dein Kleid findet, und er antwortet nicht, weil er die Frage sinnlos findet. Auch Umschweife und Euphemismen sind sinnlos. Gut möglich, dass ein Aspie bei einer Heiratsvermittlung unter Interessen angibt: Pornovideos anschauen. Warum? Aus dem einfachen Grund, weil es für ihn sinnlos ist zu lügen.

Ich weiß nicht genau, was ich sagen müsste, damit du mit mir ins Bett gehst. Aber können wir davon ausgehen, dass ich es gesagt habe? Wir reden hier über den Austausch von Körperflüssigkeiten oder? Also können wir gleich damit anfangen?

sagt Nash im Film zu einem Mädchen. Als Bill Gates fand, dass es Zeit sei, sich fortzupflanzen,

mailte er einer Mitarbeiterin, die er vorher einem Eignungstest unterzogen hatte, ein Computerspiel, an dessen Ende die Frage stand: Willst du mich heiraten?

Das Bild des unter- oder übergewichtigen, pickligen und allgemein unattraktiven Nerds entspricht eher dem Hollywood-College-Film der 1980er Jahre als der körperlichen Realität im Kalifornien der 00er Jahre, und gerade mit einem Silicon-Valley-Gehalt kann man sich auch nach einem 10-Stunden-Arbeitstag bequem einen Ausgleichs-Workout gönnen. Der Zusammenhang zwischen Geeks und abweichenden Formen der Sexualität lässt sich eher kulturell erklären. Jemand, der, wie der typische IT-Angestellte mit der Welt außerhalb des Silicon Valley wenig gemeinsam hat, der traditionellerweise viel SF liest und diese auch ernst nimmt, entwickelt leicht auch zur Sexualität eigene Referenzen und Theorien. Der archetypische Valley Nerd, der schon immer geglaubt hat, dass die meisten anderen Leute einen Knall haben und sich völlig unverständlich verhalten, bringt abweichenden Erscheinungen von vorneherein eher Sympathie entgegen. Bereits das Usenet war ein Platz, in dem sich sexuelle Abweichungen weitaus besser ausleben ließen als in der realen Welt. Das Usenet zog so die Abweichler an, die Geeks wiederum fanden in den elektronischen Foren der sexuellen Abweichung ein reichhaltiges Angebot.

Peter Mühlbauer: Her mit dem "fucking manual"!

Ob Ausgleichs-Workout oder Überrepräsentation an autoerotischen, voyeuristischen und fetischistischen psychosexuellen Modalitäten: Geeks sind stark im Kommen, doch Haue von abtrünnigen Groupies kriegen sie trotzdem, und nicht zu knapp:

Bild: Mother Jones

Paulina Borsook, die in ihrem Buch Cyberselfish eine in der Geek-Szene um sich greifende Weltsicht beschreibt, die einen geradezu kindlichen Glauben an den freien Markt mit einer anti-regulativen, individualistischen sozialdarwinistischen Hybris verbindet, spricht auch vom "präpolitischem Autismus" der von ihr so bezeichneten Techno-Libertariens. Darunter fasst Borsook in einem Interview mit borders online u.a. die "Unfähigkeit etwas einen Wert zu geben, das man nicht messen kann", "Selbstabsorption und psychische Brüchigkeit" sowie

die Überzeugung, dass Altruismus destruktiv ist und das ganze verschwommene subjektive Zeug, das man nicht quantifizieren kann, besser ignoriert werden sollte.

Man könne, egal ob die politische Ausrichtung links (Bakunin/Kropotkin) oder rechts (libertär) sei, stets einen Hauch von Anarchie ausmachen, oft gewürzt mit etwas neofaschistischem Technokratentum à la Ayn Rand. In einem Chat mit Telepolis (Die Techno-Libertarians und die schöne neue Cyberwelt) warnt Borsook:

Das "Startup-Modell" aus dem Silicon Valley ist nicht das einzige/beste Modell für alles menschliche Streben, und der Markt ist NICHT der beste Test für den Wert aller menschlichen Anstrengungen, und die Softwareproduktion ist NICHT ein Modell dafür, wie alle menschlichen Einrichtungen und Beziehungen funktionieren sollten. Die Gefahr liegt darin, dass Leute außerhalb der Hightech-Szene glauben, dass das Hightech-Volk die Philosophenkönige unseres Zeitalters stellt. Und dass ihr Verhalten und ihre Kurzsichtigkeit eine Inspiration für uns alle sein sollte.

Ein Slogan der Unternehmensberatungsgruppe McKinsey lautet everything can be measured and what gets measured gets managed. Ein McKinsey-Chef sagte einmal: "Wir suchen junge Männer, die extrem unsicher und extrem konkurrenzorientiert sind."

Ist die kritiklose Abhängigkeit vom Kapitalismus Folge einer verblendeten Zähl- und Berechnungssucht? Schafe werden nicht fetter, wenn man sie wiegt, sagt ein Sprichwort und das Post-autistic economics network versucht letztlich, diese Binsenweisheit in Forschung und Lehre neu zu verankern. Der krude, von respektlosen Galliern geprägte Ausdruck post-autistisch will bezeichnen, wie Zahlen, Ziele und Indikatoren uns in einer bestimmten Realität festhalten und von einer anderen abschneiden. Man denke an Beispiel Mathegenie Jedediah Buxton, (laut Oliver Sacks auch ein Asperger-Kandidat), der zu einer Aufführung von Richard III nichts zu sagen wusste, als dass er 12.445 Worte gezählt hatte.

NT, der Neuroterrestrial

Pedantische Stoffel mögen sie sein, dass den Aspies Humor weniger fremd ist, als viele annehmen, zeigt die Website des Institute for the Study of the Neurologically Typical, auf der sie, die neurologisch "Anderen", die NTs, die Neurologisch Typischen charakterisieren und zur Neurodiversität - äquivalent zur Biodiversität - aufrufen.

Das neurotypische Syndrom ist eine neurobiologische Störung. Die Symptome sind: Übertrieben geselliges Verhalten, Überlegenheitswahn, und eine Fixierung auf Konformität. NTs können nicht gut alleine sein. NTs sind oft intolerant. In Gruppen agieren NTs zwanghaft und bestehen oft auf funktionsgestörten, destruktiven und sogar unmöglichen Ritualen, nur um die Gruppenidentität aufrecht zu erhalten. NTs haben ein Problem, direkt zu kommunizieren und lügen viel mehr als Personen aus dem autistischen Spektrum. Tragischerweise haben 9 625 von 10.000 Menschen NT.

Meine Eltern sind NTs und meine Geschwister sind NTs. Die können nicht mal mit dem Videorekorder umgehen. Hoffentlich ist bald Heilung in Sicht!

Mit dem Online NT Screening Test kann jeder herausfinden, ob er NT hat. Und was tun, wenn Ihr Kind neurotypisch ist? Als erstes keine Panik, denn

Nowadays due to diagnostic advances, early intervention and carefully tailored behavioural management techniques, there is no reason why your child can not grow into an independent social being, develop a TOOM (Theory of Other Minds), and in time, even develop some special interests and abilities to contribute to society.

In einem Posting heißt es:

Viele halten Windows 2000 für Dreck und ich habe herausgefunden warum. Es steht schwarz auf weiß da: built on NT technology

Nach dem was wir über Bill Gates wissen ist allerdings die Frage, ob da wirklich NTs am Werk waren...