EU-Parlament winkt löchrigen Schutzschirm für Datentransfers in die USA durch

Eine breite Mehrheit von Abgeordneten hat den Rahmenvertrag zwischen der EU und den USA über den Schutz personenbezogener Daten gegenüber Polizei und Justiz verabschiedet. Kritiker halten dies für voreilig und verantwortungslos.

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EU-Parlament stimmt löchrigem Schutzschirm für Datentransfers in die USA zu
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Nach jahrelangen Verhandlungen kann das umstrittene Rahmenabkommen für den Datenschutz bei der Zusammenarbeit von Strafverfolgungsbehörden der EU und der USA voraussichtlich bald in Kraft treten. Die geplante Übereinkunft hat am Donnerstag das Plazet des EU-Parlaments erhalten und so eine wichtige Hürde übersprungen. 481 Volksvertreter stimmten für die Initiative, 75 dagegen, 88 enthielten sich der Stimmabgabe.

Am Freitag hat der EU-Rat das Abkommen ebenfalls befürwortet. Der slowakische Innenminister Robert Kaliňák kündigte im Namen der Präsidentschaft des Gremiums an, in den nächsten Tagen nach Washington zu fliegen und die US-Seite darüber informieren zu wollen, dass Europa seine Hausaufgaben erledigt habe. Die US-Behörden müssten dann noch ihre internen Verfahren auf die Übereinkunft ausrichten.

Mit den Eckpfeilern wird die Weitergabe personenbezogener Daten zwischen beiden Regionen prinzipiell gestattet. Aufgestellt werden einheitliche Regeln etwa für den Transfer von Fluggast- oder Überweisungsinformationen in Form allgemeiner Grundsätze. Diese besagen etwa, dass eine Übermittlung der Daten "notwendig und angemessen" sein muss.

Darüber hinaus sollen Bürger auf beiden Seiten des Atlantiks einen rechtlichen Anspruch erhalten, über Verstöße gegen die IT-Sicherheit informiert zu werden, Einsicht in Datenbanken zu nehmen und dort gespeicherte falsche Angaben korrigieren zu lassen. Auch ist erstmals ein Klagerecht für Europäer in den USA vorgesehen, wenn sie davon ausgehen, dass Behörden Schindluder mit ihren Daten treiben. Die Basis dafür soll der Judicial Redress Act bilden. So viel Wert scheint die Regelung aber nicht zu sein, denn die US-Verwaltung kann letztlich selbst entscheiden, ob ein Ausländer gegen Datenschutzverstöße vorgehen darf.

Der Parlamentsberichterstatter der Grünen, Jan Philipp Albrecht, begrüßte den Beschluss: "Zukünftig gibt es endlich hohe verbindliche Standards und starke Rechte für die Bürger, wenn Daten zwischen Polizei und Strafverfolgungsbehörden ausgetauscht werden". Das Abkommen bilde keine Rechtsgrundlage für neue Transfers, sondern spanne einen Schutzschirm über bereits genehmigten Formen der Datenweitergabe auf.

Die Fraktionen der Linken und der Liberalen scheiterten mit Anträgen, die Übereinkunft durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf die Vereinbarkeit mit den EU-Grundrechten überprüfen zu lassen. Gutachter des juristischen Dienstes des Parlaments waren zuvor zu dem Ergebnis gekommen, dass das Rahmenabkommen nicht den rechtlichen Anforderungen des alten Kontinents entspricht.

Die Linke Cornelia Ernst monierte, dass die Möglichkeit zur weiteren Übermittlung von Daten nicht hinreichend eingegrenzt, der Verwendungszweck nicht klar eingeschränkt werde. Die "vermeintliche Einklagbarkeit" von Rechten bleibe ohne praktischen Effekt. Statt eine EuGH-Stellungnahme abzuwarten und einen hieb- und stichfesten Text hinzubekommen, sei es der Mehrheit nur um einen schnellen Abschluss gegangen. Die Liberale Sophie in't Veld beklagte, dass Schlüsselfragen über die Rechtsgültigkeit des Vorhabens offen geblieben seien.

Der Verein "Digitale Gesellschaft" bezeichnete es als verantwortungslos, die Übereinkunft "trotz schwerwiegender Bedenken übereilt durchzuwinken". Die Abgeordneten hätten sich "mit faktisch wirkungslosen Garantien für die Grundrechte und völlig unzulänglichen Bestimmungen zum Rechtsschutz" abspeisen lassen. (dz)