Wie lässt sich ein Schwarm von hunderten Kampfrobotern steuern?

Bild: Darpa

Die Pentagon-Forschungsbehörde will Hunderte von unbemannten Systemen gleichzeitig in Echtzeit beobachten und steuern können

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Der Traum der Militärstrategen ist nicht nur der Einsatz von autonomen Systemen, die selbständig Befehle ausführen und damit Soldaten ersetzen können. Das ist freilich nur so lange attraktiv, so lange der Gegner nicht auch über autonome Systeme verfügt, so dass nicht nur Roboter untereinander kämpfen, sondern sie auf beiden Seiten auch Menschen töten oder Ziele zerstören oder durch einen Cyberwar lahmlegen. Es würde schon reichen, wenn Gegner bewaffnete Drohnen in Schwärmen in den Luftraum der USA oder von Deutschland einschleusen könnten, so dass Luftabwehrsysteme durch die schiere Menge überwältigt würden.

Aber das könnte noch ein wenig dauern, davor kommen unbemannte und ferngesteuerte Kampfroboter in der Luft, auf dem Boden, im Wasser, im Weltall und, natürlich, auch virtuell im Cyberspace. Fieberhaft werden nicht nur solche Roboter entwickelt, sondern auch die Möglichkeit, sie in Schwärmen einzusetzen, beispielsweise um einen Gegner allein durch die Anzahl zu überwältigen oder um eine Aufgabe gemeinsam besser bewältigen zu können. Das Problem ist nur, wie sich solch ein Schwarm von Robotern so steuern lässt, dass sie unterschiedlich agieren können, um ein Problem effektiver zu bewältigen. Menschen wären damit, wenn der Schwarm nicht automatisch bzw. durch KI-Programme koordiniert wird, mental überfordert, weil dies entweder ein extremes Multitasking-Vermögen voraussetzen würde oder eine extrem schnelle, averbale Koordination mehrerer Piloten.

Die Darpa, die Forschungsbehörde des Pentagon, ist sich selbstverständlich über dieses Problem klar, das mit der Entwicklung von Roboterschwärmen aufkommt. Wer hier schneller eine Lösung hat, wird den Rüstungswettlauf erst einmal wieder anführen, wie dies bereits mit der Entwicklung der Drohnen der Fall gewesen ist. Jetzt hat die Darpa deswegen das OFFSET-Programm (OFFensive Swarm-Enabled Tactics) gestartet, um Soldaten zu ermöglichen, Roboterschwärme zu steuern.

Ziel scheint dabei der Stadtkampf zu sein, der in den letzten 20 Jahren zu einem der Kerngebiete für militärische Interventionen in den asymmetrischen Kriegen wurde. Gerade jetzt geht es auch wieder um die Eroberung von größeren Städten wie Mosul und Raqqa, Militärstrategen wollen sich auch auf Einsätze in unüberschaubaren Megacities vorbereiten, in denen neue Konfliktgebiete vermutet werden, die neue Strategien erfordern, wenn man sie nicht einfach mit Artillerie beschießen und von Flugzeugen aus bombardieren will und dabei, siehe Mosul, Falludscha, Ramadi etc., die Zivilbevölkerung trifft und die Stadt mitsamt Infrastruktur zerstört. Megacities lassen sich auch nicht wirklich absperren, Einheiten müssen in sie eindringen und in dem unübersichtlichen Dschungel des umbauten Raums, der sich auch in die Tiefe erstreckt, den Gegner ausfindig machen und bekämpfen, ohne selbst zum Ziel zu werden.

Bild: Darpa

So schreibt die Darpa auch, dass "urbane Schluchten mit ihren hohen vertikalen Strukturen, engen Räumen und begrenzten Sichtmöglichkeiten die militärische Kommunikation, Mobilität und Taktiken auch in den besten Zeiten einschränken". Das würde noch schwieriger sein, wenn die US-Streitkräfte die Gebiete nicht kontrollieren und sich nicht "auf Versorgungsketten, Infrastruktur und vorhergehendes Wissen über lokale Bedingungen und mögliche Gefahren" verlassen können. Zwar hätten sich Drohnen und unbemannte Fahrzeuge in solchen schwierigen urbanen Umgebungen als hilfreich erwiesen, aber sie wären eben effektiver, wenn man sie in Schwärmen einsetzen könnte. Die Roboter selbst seien nicht das Problem, aber die Möglichkeit der Soldaten, diese Schwärme in urbanen Gebieten zu steuern.

Mit OFFSET soll die Entwicklung von Schwarmtechniken angeschoben werden, mit denen 100 oder mehr "zunehmend autonomer werdende Roboter" gesteuert werden können. Damit könnten "ganz neu skalierbare, dynamische Kapazitäten wie verteilte Perzeption, robuste und resiliente Kommunikation, verteilte Rechen- und Analysefähigkeiten und adapative kollektive Verhaltensstrukturen auf das Schlachtfeld gebracht werden", so Timothy Chung von Darpa.

Wichtig daran sind immersive und interaktive Mensch-Maschine-Schnittstellen, mit denen Benutzer "Hunderte von unbemannten Systemen gleichzeitig in Echtzeit beobachten und steuern können". Gewünscht wird eine "Grammatik der Schwarminteraktion", wie es sie etwa in Fußball-Computerspielen bereits gibt, wo vorprogrammierte Spiele mit freien Spielzügen kombiniert werden, um dynamische Aktionen und Reaktionen in Echtzeit zu ermöglichen. Erwünscht werden Simulationen, um erst einmal sehen zu können, welche Züge in der realen Welt am besten funktionieren könnten. Zudem sollten Apps entstehen, die von einer Entwicklergemeinschaft optimiert werden können. Insgesamt gehe es darum, Schwarmsysteme zu haben, mit denen "urbane Gegner" technisch und leistungsmäßig (outsmart and outperform) überwältigt werden.

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