Sollte der Twitter-Account von Trump gesperrt werden?

Screenshot von der Twitter-Seite von Donald Trump

Nur mal so wird in der New York Times, die im Wahlkampf eine Anti-Trump-Kampagne gefahren hat, überlegt, ob Twitter den gewählten Präsidenten wegen seiner Äußerungen sperren sollte

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Donald Trump äußert sich weiterhin frei, polemisch und flapsig über Twitter. Auch das zeigt, dass ein neuer Stil unter Umgehung der offiziellen Kanäle ins Regieren einzieht, zumindest wenn Trump seinen Äußerungsdrang auch nach Amtsantritt beibehält. Triumphierend freute er sich gerade, dass die von der Präsidentschaftskandidatin der amerikanischen Grünen, Jill Stein, gestartete Initiative, in Michigan, Pennsylvania und Wisconsin eine Nachzählung der Wahl herbeizuführen, das Wahlergebnis für ihn bestätigt hat.

In Wisconsin erreichte Trump durch die Nachzählung 162 zusätzliche Stimmen und lag mit 22000 Stimmen vor Clinton. Das Wahlergebnis veränderte sich um 0,06 Prozent, was jeden Gedanken an eine Manipulation abweist. In Michigan und Pennsylvania stoppten bzw. unterbanden Richter die Nachzählung, in Pennsylvania wurde das Wahlergebnis von den Behörden bestätigt. Damit bleibt in den beiden Bundesstaaten allerdings offen, ob eine Nachzählung zu anderen Ergebnissen geführt hätte.

Die Initiative hatte in kurzer Zeit 7.33 Millionen US-Dollar von 161.300 Spendern für die Nachzählung eingenommen. 4,5 Millionen wurden ausgegeben, die Frage ist nun, was mit dem Rest geschehen soll. Erwogen wird, die Spender darüber abstimmen zu lassen, die Gelder an nicht parteigebundene Organisationen zu spenden.

Trump gab seiner Freude und seine Verachtung Ausdruck: "The final Wisconsin vote is in and guess what - we just picked up an additional 131 votes. The Dems and Green Party can now rest. Scam!" Und er fügte gestern hinzu: "Wisconsin and Pennsylvania have just certified my wins in those states. I actually picked up additional votes!" Vor der Nachzählung hatte er getönt, dass er noch viel deutlicher gewonnen hätte, wenn er noch in weiteren Bundesstaaten Wahlkampf veranstaltungen gemacht hätte.

In den USA kocht die Diskussion über die angeblich von Moskau beeinflusste Präsidentenwahl zugunsten von Trump weiter, auch wenn selbst unter den US-Geheimdiensten Uneinigkeit besteht. Trump äußerte Zweifel, schließlich will er nicht, dass der Eindruck besteht, er sei von Putin befördert worden, und er trat auch gleich einen weiteren Streit los, weil er die Fähigkeiten der US-Geheimdienste in Frage stellte.

In manchen Medien geht die Kampagne gegen Trump ebenfalls weiter. In der New York Times, die einen langen Artikel veröffentlichte, wie angeblich die "russische Cybermacht" mit der "perfekten Waffe" in die USA eingedrungen sei, wird nun erörtert, ob Twitter den Account von Donald Trump sperren sollte oder könnte. Es würden Stimmen laut werden, die dies verlangen. In Trumps Tweets würden Menschen beleidigt und diffamiert werden, er betätige sich als Cyberbully. Als Beispiel wird ein Tweet genannt, in dem über Chuck Jones, den Chef der Stahlarbeitergewerkschaft, gesagt wird, er habe einen schlechten Job gemacht: "Kein Wunder, dass Unternehmen das Land verlassen!" Jones habe daraufhin Drohanrufe erhalten.

Wie der Autor des Artikels, Farhad Manjoo, erklärt, ist Twitter als Privatunternehmen nicht verpflichtet, Trump seinen Dienst nutzen zu lassen. Die Meinungs- und Pressefreiheit gelte hier nicht. Twitter habe selbst gesagt, dass Regeln für alle Nutzer gelten, was auch Trump einschließen würde. Allerdings würde der Aufschrei natürlich groß sein, wenn Twitter politische Äußerungen zensiert. Es sei auch schwierig, wie Rechtsexperten ihm berichtet hätten, eine Regel aufzustellen, mit der Trump ausgesperrt werden könne, ohne allgemein Zensur auszuüben. Überdies könne ein solcher Weg auf die "Progressiven" zurückschlagen, da man nun in ein Zeitalter des rechten Nationalismus mit Trump komme. Es sei nicht so sehr das Problem, was Trump sagt, so Jillian York von der Electronic Frontier Foundation, sondern dass er es als Präsident sagt. Es wäre eben eine Verletzung der Meinungsfreiheit, wenn es nicht mehr möglich sein sollte, einen Gewerkschaftsboss zu kritisieren. Dass überhaupt die Frage diskutiert wird, müsste schon als Warnzeichen gelten, auch für die Diskussion über die Regulierung des Internet hierzulande.

Hintergrund ist, dass Twitter in den USA wie hierzulande vorgeworfen wird, Regeln zu lasch und zu inkonsequent anzuwenden und wenig zur Prävention zu machen, um Beschimpfungen, Hass, Rassismus, Antisemitismus etc. zu verhindern. Die Regierungszeit von Trump könne Twitter aber nutzen, klare Regeln und einen "objektiven Mechanismus" der Anwendung zu entwickeln. Solange Twitter nicht ein besseres System zur Abwehr von Trollen installiere, würde eine Schließung des Trump-Accounts nach einer "unfairen parteipolitischen" Maßnahme aussehen. Allerdings hatte Twitter schon den Account von Milo Yiannopoulos von Breitbart wegen seiner rassistischen und beleidigenden Äußerungen gesperrt.

Bei Trump liege der Fall nicht so einfach, überlegt Manjoo. Er rufe nicht zur Gewalt gegenüber anderen auf, seine Äußerungen könnten aber doch darin münden, wenn er beispielsweise eine Journalisten beschimpft, was Anhänger aufgreifen könnten, um einen Schritt weiter zu gehen. Manjoo schließt seinen Artikel, in dem er die Sperrung von Trumps Twitter-Account zum Thema machte, rhetorisch geschickt, indem er Ben Wizner von der Bürgerrechtsorganisation ACLU zitiert, der meint, es sei "für die Welt viel schlechter, wenn Trump aus Twitter geworfen wird". Man habe viele wichtige Dinge über ihn aus der Art gelernt, "wie er sich in diesem ungefilterten Medium verhält".