Vom kommerziellen Nutzen der Kriege

Neue SU-34-Kampfflugzeuge. Bild: Russisches Verteidigungsministerium

Putin wirbt für russischen Waffen, die in Syrien angeblich erfolgreich getestet wurden. Das ist für die großen westlichen Waffenexporteure USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland nicht anders

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Der russische Präsident hat kein Hehl daraus gemacht, dass es ihm in Syrien nicht allein um die Erhaltung des russischen Militärstützpunktes, die geopolitische Stützung der syrischen Regierung und die Demonstration geht, dass Russland als Supermacht auf der Höhe der USA spielt. Die militärische Intervention auf der Seite der syrischen Regierung gegen die weitgehend unisono Terroristen genannten bewaffneten Gruppen soll auch Russlands Waffensysteme testen und vorführen, um die Rolle als einer der größten Waffenexporteure zu verbessern.

Im Mai hatte Putin bereits herausgestrichen, dass neue Kampfflugzeuge und Hubschrauber erstmals in Syrien eingesetzt wurden. Das Verteidigungsministerium strich bereits Mitte April heraus, wie "exzellent" sich die neuen Kampfflugzeuge im tödlichen Einsatz bewährt hätten.

Putin erwähnte die Kampfflugzeuge Su-30SM, Su-34 und Su-35 sowie die Hubschrauber Mi-28 und Ka-52. Dazu habe man erstmals mit "Hochpräzisionsraketen" (Marschflugkörper) von Kriegsschiffen aus dem Kaspischen Meer syrische Ziele angegriffen, und Langstreckenraketen getestet, die ihre Wirksamkeit gezeigt hätten. Schwerpunkt der weiteren Produktion sollten Hochpräzisionswaffen sein. Aus dem taktischen Einsatz im Krieg sollten Kenntnisse für die weitere Optimierung gewonnen werden.

Bei der Gelegenheit hatte Putin den Abzug des größten Teils der Luftwaffe aus Syrien angekündigt, die ihre Aufgabe erfüllt habe. Man werde aber weiter bombardieren, was auch eingelöst wurde, zuletzt in Aleppo, wo man vermutlich auch Erkenntnisse über den Stadtkrieg, also die Bekämpfung von Aufständischen in der komplexen Struktur von Städten, gewonnen hat. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit wurde zwar Russland wegen der großen Zerstörungen und zivilen Opfern in Ost-Aleppo immer wieder schwer kritisiert, im letzten Stadtkrieg während des Tschetschenienkriegs war allerdings Grosny ohne Rücksicht auf noch vorhandene Bewohner fast völlig zerstört worden.

Zuvor hatte Putin noch am 14. April bei seinem Gespräch mit den Bürgern einräumen müssen, dass der Einsatz in Syrien schwere Mängel der Waffentechnik offenbart hatte. Er kündigte eine Verbesserung an, aber auch, dass trotzdem auf dem globalen Rüstungsmarkt das Interesse nach dem Beginn der militärischen Intervention in Syrien "steil" angewachsen sei. Man könne der Nachfrage nicht nachkommen, meinte er stolz, um darauf zu verweisen, dass Russland nach den USA der größte Waffenverkäufer sei und 2015 Waffen für 14,5 Milliarden US-Dollar verkauft habe. Geplant sei in den nächsten Jahren, die Verkäufe auf 50 Milliarden US-Dollar anzuheben. Nach Sipri hatte Russland einen Marktanteil von 25 Prozent, die USA liegen mit 33 Prozent an der Spitze, Deutschland ist mit 4,5 Prozent auf den fünften Platz zurückgefallen.

Modernste Ausrüstung im Angebot zur Bekämpfung von Terroristen

Neben neuen Bombern des Typs Tu-160- und Tu-95 und Panzir-S1-Flugabwehrsysteme wurde auch der als marode geltende, 1985 fertiggestellte Flugzeugträger Admiral Kusnezow in Syrien eingesetzt. Von ihm starteten ein paar Kampfflugzeuge. Der Einsatz galt dem Vorsitzenden des Duma-Verteidigungsausschuss als gute Vorbereitung für den Bau eines neuen und überhaupt für die Entwicklung einer Flotte. Am Mittwoch sagte er ebenfalls unverblümt, dass der Test ein weiterer Schritt in Richtung der Entwicklung der Kriegsflotte sei, "weil die Leistungsfähigkeit der neuesten Waffen in Situationen getestet werden muss, die Kampfeinsätzen nahekommen, wenn es nicht wirkliche Kampfeinsätze sind. Die Waffen sollen nicht ungebraucht bleiben." Nach der Logik sind Kriege jedenfalls erwünscht.

Und vergangenen Montag verkündete Putin möglichen Kunden beim Treffen der Kommission für militärisch-technische Kooperation, man habe gezeigt, dass Russland Terroristen und Extremisten effektiv bekämpfen und Alliierten im Kampf helfen könne. Man sei bereit, den Kunden nun die "modernste Ausrüstung" zur Bekämpfung von Terroristen anzubieten. Das schließe nicht nur Waffen für den Nahkampf, sondern auch Kampfflugzeuge, Luftabwehrsysteme oder gepanzerte Fahrzeuge ein, also die ganze Palette, die man in Syrien getestet hat.

Syrien hat den "Vorteil", dass es sich um "Terroristen" und Rebellen handelt, die keineswegs im Untergrund agieren, sondern auch mit schweren Waffen, wenn auch ohne Luftwaffe und fortgeschrittene Luftabwehrsysteme, kämpfen. Deswegen ist es weiter ein asymmetrischer Krieg, weil die Überlegenheit in der Luft gesichert ist, auch wenn einzelne Flugzeuge, Drohnen oder Hubschrauber abgeschossen werden. Putin preist jedenfalls das russische Waffenarsenal an, dass alles zur Verfügung stelle, um "erfolgreich gegen Terroristen zu kämpfen, die große, gut organisierte bewaffnete Gruppen geschaffen haben und gut ausgebildete Spezialisten mit einer Karriere in der regulären Armee sowie moderne Waffen, auch aus der westlichen Herstellung, einsetzen".

Putin strich heraus, dass Russland zwar der zweitgrößte Waffenexporteur nach den USA und vor Frankreich, Großbritannien und Deutschland sei, aber in starker Konkurrenz stehe. Dieses Jahr würden die Geschäfte gut laufen, aber man müsse Maßnahmen ergreifen, um "eine stabile Nachfrage für die russischen Produkte zu garantieren". Akute und schwelende Konflikte sind für Länder mit hohen Waffenexporten, von denen Arbeitsplätze und Gewinne abhängen, wichtig.

Während Russland zumindest Klartext über die Interessen hinter der Beteiligung an Kriegen spricht, in denen eben nicht nur Russland in Syrien verteidigt, sondern auch die russische Rüstungsindustrie gefördert wird, ist man im Westen bemüht, die Interessen hinter guten Absichten, humanitären Kriegen und angeblich notwendiger Verteidigung zu verstecken. Wenn die EU, sicher verunsichert von den Erwartungen der USA unter Trump, nun an einer verstärkten gemeinsamen Streitkraft arbeitet und viel Geld für die Entwicklung und Produktion von Waffen investieren will, geht es auch um die Behauptung im Waffenmarkt und wahrscheinlich um militärische Präsenz in Gebieten, wo sich die Truppen und ihr Material testen lassen. Denn was sind Waffen, die nur imaginär leistungsstark sind, wenn die Konkurrenten sie in realen Kriegen für die Kunden demonstrieren?