Spanien: Auf die Bankenrettung folgt die Autobahnrettung

Die Steuerzahler soll nach der Regierung der Vorgang keine fünf Milliarden Euro kosten, es sei zu spät für eine Einigung mit den Gläubigern

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Für große Baufirmen ist die staatliche Rettung privater Autobahnen in Spanien ein schönes Weihnachtsgeschenk. Denn die haben Autobahnen nicht nur gebaut, sondern über Tochterfirmen auch versucht, sie rentabel zu betreiben. Doch damit sind sie vor allem im Fall der "radiales" im Großraum Madrid vor die Wand gefahren, da diese Mautstrecken kaum genutzt werden. Profitieren werden aber auch einige Betreiber am Mittelmeer in Andalusien. Und natürlich gehören Banken zu den Nutznießern, die als Finanziers hinter den unnötigen Projekten stehen.

Insgesamt werden mit den neun Autobahnen ein Viertel der insgesamt 2500 Kilometer gebührenpflichtiger Schnellstraßen im Land herausgekauft. Letztlich hat man mit einer neuen versteckten Bankenrettung zu tun. Der zuständige Minister für Infrastruktur Íñigo de la Serna begründete am Montag die Verstaatlichung damit, dass es für eine Einigung mit den Banken zu spät sei: "Ein Abkommen ist sehr schwierig, denn viele Institute haben diese Forderungen schon verkauft."

Banken haben Teile der 3,4 Milliarden Euro zum Teil längst abgeschrieben, die sie in die Projekte gesteckt haben. Ihre Forderungen verkauften sie zum Teil mit großen Abschlägen an sogenannte "Geier-Fonds", die jetzt den Schnitt machen wollen. Man kennt das vom Beispiel in Argentinien, wo sie eine technische Staatspleite herbeigeführt haben.

Man fragt sich, warum nicht längst über einen teilweisen Forderungsverzicht mit Banken verhandelt wurde, die ihre Forderungen auch billiger an Fonds verscherbelt haben. Das Problem ist seit langem bekannt. Deshalb wurde vor einem Jahr über ein Gesetz debattiert, um bei künftigen Pleiten die Kosten für die Staatskasse auf 50% zu begrenzen. Damals kritisierte auch die EU-Kommission die massiven neuen Investitionen in Infrastruktur.

Ohnehin könnte man die Autobahnbetreiber auch abstürzen lassen. Einen realen Bedarf an diesen Strecken gibt es nicht wirklich. Stets gibt es zur privaten Pleite-Strecken eine parallele Schnellstraße, die umsonst ist. Trotz deren Überlastung in Stoßzeiten werden diese Strecken fast ausschließlich benutzt. Die Planer hatten sich mächtig verkalkuliert. Sie glaubten, der Großteil der Fahrer werde mehr auf Zeit- denn auf Geldsparen setzen. Spätestens mit Ausbruch der Krise 2008 war klar, dass an der Pleite kein Weg vorbeiführt, da viele die teuren Fahrten beim besten Willen nicht mehr hätten bezahlen können.

Die Bauwut der konservativen Regierung ist für das Infrastruktur-Desaster verantwortlich

Da es nicht erneut Wirbel um weiter wackelnde Banken oder Auseinandersetzungen mit mächtigen "Geierfonds" geben soll, setzt der Staat nun zur Autobahn-Rettung an. Zugeben wird das die konservative Regierung natürlich nicht. Deren Bauwut unter dem Regierungschef José María Aznar ist letztlich auch für dieses Infrastruktur-Desaster verantwortlich. Dazu gesellen sich Regionalflughäfen ohne Flugzeuge oder Strecken und Bahnhöfe für Hochgeschwindigkeitszüge, die ebenfalls oft verwaist sind. Zum Teil wurde die Beförderung auf den sehr teuren Strecken mit den schnellen "Ave"-Zügen mangels Benutzer schon wieder eingestellt. Hier wird das dicke Ende noch kommen, da keine der teuren Strecken rentabel ist.

Wie hoch das Autobahn-Desaster den Steuerzahler zu stehen kommen wird, ist noch ungewiss. Die Schätzungen gehen weit auseinander. Der Infrastrukturminister behauptet, es gehe um einen Betrag weit unter fünf Milliarden Euro und bringt eine Summe von gut zwei Milliarden in die Debatte. Die Kosten will er nun unter anderem darüber drücken, dass die Gebühren für Lastwagen um bis zu 50% gesenkt werden sollen, damit sie die verwaisten Schnellstraßen benutzen

Die Vereinigung der großen Baufirmen "Seopán" beziffert die Kosten allerdings schon auf mehr als 5,5 Milliarden Euro. Andere Experten gehen noch deutlich darüber hinaus hinaus. De la Serna meint aber, langfristig könne es ein gutes Geschäft für den Staat werden. Glauben muss man die Beruhigungsformel nicht. Auch bei Bankenrettungen, für die wegen der großen Bankia auch viele Milliarden aus dem europäischen Rettungsfonds geflossen sind, wurde von den Konservativen behauptet, sie würden den Steuerzahlern keinen Euro kosten. Das ist natürlich gelogen. Von den mehr als 51 Milliarden Euro, die als direkte Geldspritzen in marode Banken gepumpt wurden, wurden bisher mit knapp 2,7 Milliarden nur 7,5% zurückgezahlt und die Zinsen für die Kredite belasten jährlich den Haushalt.

Klar ist, dass sich die Bürger auch diese Rettung, wie die Bankenrettungen zuvor, vom Mund absparen dürfen. Denn die EU-Kommission drängt das Land, das weiter enorme Haushaltsdefizit abzubauen, damit sind neue Kredite ausgeschlossen. Spanien wies, auch weil 2015 im Wahlkampf wieder viel in Infrastruktur investiert wurde, um Arbeitslosenzahlen zu schönen, nach Griechenland mit 5,1% das höchste Haushaltsdefizit aus. Brüssel fordert schon, dass Spanien im kommenden Jahr zusätzlich 5,5 Milliarden Euro einspart (https://www.heise.de/tp/news/Hilfe-fuer-spanische-Konservative-aus-Bruessel-3490895.html) Mit der neuen Rettungsaktion wird die Summe deutlich höher.