Russland scheint nicht zu den verteidigungspolitischen Prioritäten Trumps zu gehören

Ein F-35-Kampfflugzeug, das als teuerstes Waffensystem der Welt gilt. Bild: DoD

Bekannt wurde ein Memo mit vier Prioritäten, Russland hin oder her, unter Trump soll verstärkt aufgerüstet werden

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Donald Trump, der weiter ein Treffen nach dem anderen abhält, bleibt auch dabei, über Twitter weiter zu granteln. Er ist offenbar davon getrieben, sich narzisstisch als erfolgreich darzustellen. Er hat nicht nur die Wahl aufgrund der Mehrheit des Wahlleutegremiums gewonnen, sondern, wie er betont, für seinen Sieg auch weniger ausgegeben als Hillary für ihren Verlust. Und er hätte noch weit höher gewinnen können, wenn er nur gewollt hätte. Offenbar wurmt den künftigen Präsidenten weiterhin, dass es nur die Mehrheit der Wahlleute, aber nicht die Mehrheit der Stimmen erhalten hatte.

Wenn es um die allgemeine Wahl gegangen wäre, so musste er wiederholen, hätte er weit besser abgeschnitten, wobei aber dann der Wahlkampf anders abgelaufen wäre. Eher peinlich wird es, wenn er auch noch seine angebliche Cleverness herausstreichen muss, da doch der Wahlkampf für eine Mehrheit im Wahlleutegremium "viel schwieriger & komplizierter" sei, als wenn es nur um die Mehrheit der Wählerstimmen geht. Clinton habe sich auf die falschen Staaten konzentriert, was auch heißt, er hat es richtig gemacht.

Jetzt ist durch einen "Leak", vielmehr durch ein Foto, das Foreign Policy zugespielt wurde, ein Blick in die von der Trump-Mannschaft diskutierte Verteidigungspolitik möglich geworden. Es handelt sich um ein Memo, datiert auf den 1. Dezember, das vom noch amtierenden Unterstaatssekretär für Politik im Pentagon, Brian McKeon, für seine Untergebenen geschrieben wurde. Hier listet er die verteidigungspolitischen Prioritäten der Trump-Regierung auf, die ihm von Mira Ricardel, die als führendes Mitglied des Übergangsteams fungiert, mitgeteilt wurden.

Interessant ist, dass in dem Memo Russland nicht einmal erwähnt wird, das ansonsten vom Pentagon, aber auch vom Weißen Haus derzeit für den gefährlichsten Gegner gehalten wird. Mit Aufmerksamkeit wird dies aber auch deswegen gesehen, weil in Teilen der amerikanischen Politik, Medien und Öffentlichkeit, die Geheimdienste sind offenbar auch mit dabei, Trump verdächtigt wird, den spätestens seit dem Ukraine-Konflikt verschärften Konfrontationskurs gegenüber Moskau zu verändern und mehr auf Kooperation zu setzen. Unterstellt wird, dass Putin nicht nur Trump vorzieht - psychologisch sieht man Nähen zwischen beiden Macho-Persönlichkeiten -, sondern dass er auch persönlich versucht haben soll, die amerikanische Präsidentschaftswahl zugunsten von Trump zu beeinflussen. Daher wird jeder Schritt von Trump, der das Verhältnis zu Russland und zu Putin betrifft, mit Argus-Augen von der transatlantischen Interessengruppe beobachtet.

Die "Verteidigungsprioritäten" von Trump sind nach den Aufzeichnungen folgende. Allen voran steht offenbar der Kampf gegen den Islamischen Staat, also die "Entwicklung einer Strategie zur Besiegung/Zerstörung von ISIS". Während des Wahlkampfs hatte Trump bereits gesagt, es wäre gut, zusammen mit den Russen dem IS die Hölle zu bereiten. Gut möglich also, dass es vor allem hier sicherheitspolitisch eine unter Obama nicht gelungene Kooperation geben könnte.

Als zweiter Punkt wird der Aufbau einer "starken Verteidigung" genannt. Das wird man im Pentagon gerne hören, auch wenn es nur Ziele bestätigt, die Trump bereits im Wahlkampf geäußert hat. So sollen die Deckelung des Budgets, die dem Haushalt von den Republikanern aufgezwungen wurden, für das Pentagon entfallen, wo nicht gespart, sondern geklotzt werden soll. Nach dem Memo sollen "Stärke, Größe und Bereitschaft" der Streitkräfte "verbessert" werden. Mit Blick auf Russland dürfte dies in Moskau eher mit kritischen Augen betrachtet werden, allerdings wird damit wie in Moskau eben auch in Washington an der Rüstungsspirale weitergedreht, was wiederum auch im Sinne Putins sein dürfte, der im Waffenhandel einen Schwerpunkt für russische Exporte und zur Herstellung von strategischen Bündnissen sieht.

Als dritter Punkt wird ohne weitere Details die Entwicklung einer "umfassenden Cyberstrategie" aufgeführt. Dabei dürfte es nicht nur um die Sicherung der militärischen Infrastruktur, sondern auch um die offensive Kriegsführung gehen. Auch hier ist das Wettrüsten wie im Bereich der atomaren Aufrüstung längst im Gange. Und als vierter Punkt würde Trump das Pentagon gerne effizienter machen und scheint dabei auf die Vorarbeit des stellvertretenden Verteidigungsministers Robert Work zu setzen, der die technische Überlegenheit der amerikanischen Streitkräfte mit der "Third Offset Strategy" sichern und dabei eng mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten will.

Aus dem Trump-Lager kam die Korrektur, dass die Liste nicht vollständig sei, aber es gab bislang keine näheren Ausführungen. Klar ist nur, was zur "Effizienz" passt, dass Trump die Kosten für die Rüstungsbeschaffung reduzieren will. Das hat sich auch bei der Auseinandersetzung um den F-35 Joint Strike Fighter gezeigt. Trump hatte bereits moniert, dass die Kosten außer Kontrolle seien und mehrmals Termine nach hinten verschoben werden mussten. Vermutlich will hier Trump seine Ruf als Wirtschaftsboss demonstrieren. Gerade sagte er nach einem F-35-Gipfel mit dem Pentagon: "It's a dance, you know, it’s a little bit of a dance. But we’re going to get the costs down and we’re going to get it done beautifully."