Österreich: EC-Karten-Ausfall ungeklärt

Mit NFC-Karten funktionierte das Bezahlen noch. Bild: BVR

Der Zahlungsdienstleister meint, wie das Problem behoben wurde, gehöre "nicht in die Presse"

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Wer in Österreich in der Silvesternacht noch Sekt oder Zigaretten nachkaufen oder am Neujahrstag Cola oder Gebäck holen wollte, der erlebte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine böse Überraschung, wenn er mit seiner EC-Karte zahlen wollte: Die funktionierte nämlich bis etwa 15 Uhr nicht an Bezahlterminals, weshalb Kunden, die kein oder nicht genug Bargeld dabei hatten, einen Umweg zum Geldautomaten machen oder auf die gewünschte Ware verzichten mussten.

Die Terminals akzeptierten jedoch nicht nur in Tankstellen keine EC-Karten mehr, sondern auch in Restaurants, wo die Verzichtsoption wegfiel, weil dort erst nach dem Konsum kassiert wird. NFC-fähige Karten, mit denen die Beträge praktisch "im Vorbeigehen" per Funkchip abgebucht und mit einem (meist) akustischen Signal bestätigt werden, funktionierten dagegen weitgehend problemlos, so lange die Beträge unter 25 Euro lagen und keine PIN-Eingabe gefordert wurde.

Angeblich kein "Millenium-Bug im Kleinen"

Der schweizerische Zahlungsabwickler Six Payment Services erklärt den Ausfall gegenüber Telepolis mit "technischen Problemen". Obwohl der Fehler zum Jahreswechsel auftrat, habe es sich nicht um einen "Millenium-Bug im Kleinen" gehandelt. Auch einen Hackerangriff schließt man aus, weil ihn die Forensiker der Firma ausgeschlossen haben und Techniker die Systeme "rund um die Uhr überwachen". Wie das Problem am Nachmittag behoben werden konnte, will man jedoch nicht verraten, weil das nach Ansicht des Unternehmens "nicht in die Presse gehört". "Wichtig" sei lediglich, "dass es behoben wurde".

Ein Risiko, dass Kunden Beträge abgebucht bekommen, die sie wegen des Ausfalls schon bar bezahlt haben, gibt es Six Payment Services nach nicht. "Generell empfiehlt es sich" ihren Worten nach "jedoch immer, am Ende des Monats die Kontoauszüge zu kontrollieren".

Pannenserie

Die Panne ist bereits die dritte, die innerhalb kurzer Zeit bei EC-Zahlungen auftrat: Im Mai bestätigte der Zahlungsdienstleister Ingenico Payment, den der Lebensmittelkonzern Aldi die EC-Transaktionen erledigen lässt, eine "Panne", von der "auch […] Kunden anderer Supermarktketten [betroffen sein könnten], für die das Unternehmen ebenfalls die elektronischen Zahlungen regelt". Über die Ursache der doppelten Abbuchungen wollte Ingenico Payment nichts verraten, versprach aber, dass die Beträge binnen einer Woche von alleine wieder zurück auf die Konten der Kunden gelangen würden. Ihre Kontoauszüge sollten diese aber trotzdem prüfen (vgl. Einkäufe doppelt abgebucht).

Ende März hatte der Finanzdienstleister Telecash, der nach eigenen Angaben etwa 250.000 Zahlungsgeräte im deutschen Einzelhandel stellt, einräumen müssen, dass es Probleme gab, die zu doppelten Abbuchungen führte. Auch Telecash versprach eine freiwillige Rückerstattung. Bleibt diese aus, haben EC-Zahler möglicherweise ein Problem: Anders als bei Abbuchungen im Lastschriftverfahren können sie die Beträge nicht einfach zurückbuchen lassen, sondern sind auf den Empfänger und den Zahlungsdienstleister angewiesen.

Das Zahlen mit EC-Karte birgt aber nicht nur Risiken, es dauert häufig auch deutlich länger als das Zahlen mit Bargeld - vor allem dann, wenn eine PIN eingegeben und/oder eine Unterschrift geleistet werden muss. Trotzdem gibt es in Supermärkten bislang keine getrennten Kassen für Bargeldzahler, in denen diese ohne Verbindungsausfälle, Kartenleseschwierigkeiten oder andere Fehler ihre Waren bezahlen können. Mit Registrierkassen aus vergangenen Jahrzehnten, die in kleinen Geschäften, wo der Einkauf häufig deutlich schneller geht, stets zuverlässig funktionieren.

Bargeld: beliebt, aber bedroht

Angesichts solcher Vorteile ist wenig verwunderlich, dass eine im Dezember im International Journal of Central Banking (IJCB) erschienene vergleichende Studie zu den Zahlungsgewohnheiten in den USA, Deutschland, Frankreich, Kanada, Australien, den Niederlanden und Österreich zeigte, dass Bargeld in allen diesen Ländern weiterhin das mit Abstand beliebteste Zahlungsmittel ist. Sogar in den USA, wo der Anteil von Kreditkartenzahlungen mit 26 und 19 Prozent deutlich höher ist als in den europäischen Ländern, kommt es in 46 Prozent aller Transaktionen zum Einsatz. Angesichts dieser Anteile und Werte titelte der Finanznachrichtendienst Bloomberg: "Forget Bitcoin and Mobile Pay - Cash is Still King of the World" (vgl. "Berichte über den Tod des Bargelds waren stark übertrieben").

Mit dieser Beliebtheit von Bargeld sind jedoch nicht alle wirtschaftlichen und politischen Akteure zufrieden: Eine "Catalyst" getaufte Initiative der amerikanischen Regierungsentwicklungshilfeorganisation USAid beklagte beispielsweise, in Indien seien "Händler und Konsumenten in einem Cash-Ökosystem gefangen, das ihr Interesse an [bargeldlosen Zahlungsverfahren] hemmt" und forderte einen Eingriff, der dies ändert. Dieser Eingriff könnte der handstreichartig durchgeführte Einzug der wichtigsten Rupien-Banknoten gewesen sein, der jedoch bedeutende negative Auswirkungen mit sich zog, wie sich inzwischen herauskristallisiert hat (vgl. Indien: Bargeldmangel kostet Arbeitsplätze).

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