Eisige Zeiten für Flüchtlinge und Griechen

Wintereinbruch auf Chalkidiki. Bild: W. Aswestopoulos

EU lässt Griechenland mit Flüchtlingen allein, die Kältewelle forderte unter Griechen erste Todesopfer, Ursache ist auch die hohe Besteuerung der Brennstoffe

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Aus dem Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos kommen erschreckende Bilder. Griechenland befindet sich unter dem Einfluss einer für das Land äußerst seltenen Kältewelle, selbst Strände im Süden sind eingeschneit.

Unter diesen Wetterbedingungen müssen die Flüchtlinge in den Hotspots auf den griechischen Inseln in Zelten in dichtem Schnee überleben. Ein eindrucksvolles Video eines Insassen zeigt, wie schwierig das ist. Die EU-Kommission wäscht derweil ihre Hände in Unschuld. Für sie ist allein Griechenland für die Versorgung der aufgrund des EU-Deals mit der Türkei auf Inseln festsitzenden Flüchtlinge verantwortlich.

Nachdem am Sonntag noch Fotos aus dem Camp von der staatlichen Nachrichtenagentur ANA-MPA an die Presse gingen, besteht nun auch ein Verbot das Lager von außen zu fotografieren. Das Problem soll schlicht totgeschwiegen werden, während gleichzeitig Minister wie Bürgerschutzminister Nikos Toskas vor die Kameras treten und behaupten, man habe sämtliche Flüchtlinge nun in irgendwelchen Hotels untergebracht. Die Insel Lesbos ist ebenso wie zahlreiche andere Inseln zeitweise ohne elektrische Stromversorgung.

Der Sprecher der Regierungskommission für Flüchtlingsfragen, Giorgos Kyritsis räumte ein, dass man 1000 Flüchtlingen kein winterfestes Obdach hätte liefern können, wobei die Zahlen nicht überprüfbar sind. Wörtlich sagte Kyritsis: "Ich sage ihnen, wenn gerade mal wenige außen vor bleiben, also wenn wir 10.000 Menschen haben und es schaffen, 9000 davon unterzubringen, und wenn 1000 in Zelten verbleiben, egal wie viel wir unternehmen, um die Zelte mit weiteren Decken und Heizkörpern auszustatten, dann bleibt das Problem, aber der Versuch geht weiter. Wir versuchen, zehn zu helfen, und werden es so für acht schaffen."

Tote wegen der verordneten energetischen Armut

Andernorts sieht es auch für die Griechen nicht gut aus. Im Ort Kymi auf Euböa müssen die Bewohner ohne Strom- und Wasserversorgung auskommen. Sie versuchen Schnee zu schmelzen, um zumindest etwas Wasser zu haben. Die Insel Alonissos ist seit drei Tagen ohne Telefon, Wasser, Strom und damit auch ohne Heizung. Die Versorgung der Inseln per Schiff ist wegen des schlechten Wetters und des damit verbundenen Ablegeverbots für Seefahrzeuge beinahe komplett zusammengebrochen. Selbst auf Kreta gibt es wegen des dichten Schneefalls und des Dauerfrostes gesperrte Straßen.

Die Temperaturen im Land sind sehr niedrig, mit der tiefsten Temperatur von -19 Grad Celsius im nordgriechischen Florina. Selbst in Athen herrschen Minusgrade. Charakteristisch ist, dass es auch auf der ionischen Insel Kefalonia zum ersten Mal seit dreißig Jahren Schnee.

Ebenso wie in den Wintern seit Beginn der Staatsfinanzkrise gibt es auch dieses Jahr Tote wegen der verordneten energetischen Armut. Die Besteuerung fossiler Brennstoffe wurde zum ersten Januar noch einmal erhöht. Griechenland befindet sich nunmehr gemäß den Statistiken unter den sechs Ländern der Welt mit der höchsten Steuer auf fossile Brennstoffe.

Während SYRIZA in Zeiten der Opposition die Kältetoten und die an offenem Feuer in Wohnungen erstickten Menschen als Mordopfer der damaligen Regierungen stilisierte, wird nun jede öffentliche Diskussion über das Thema als "populistische Ausschlachtung menschlichen Elends" abgewürgt. Die Argumentation sämtlicher SYRIZA-Politiker, die sich zu diesem Thema äußern, entspricht beinahe voll und ganz den Worten, mit denen in vergangenen Jahren die Verantwortlichen von Nea Dimokratia und PASOK reagierten. Der einzige Unterschied ist, dass die SYRIZA-Politiker gern hinzufügen, dass nicht derjenige, welcher einen Sparkurs verwaltet, Hauptschuldiger sei, sondern diejenigen, welche das Land in diese Situation gebracht hätten.