Zehn-Millionen-Imagekampagne für die Elbphilharmonie

Elbphilharmonie. Foto: Maddl79. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Rechnet man Werbekosten und jährliche Subventionen dazu, knackt das von der Politik für lau versprochene Bauwerk die 800-Millionen-Marke

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Als der Hamburger Senat einen Prestige-Konzertsaal auf einer Elbinsel plante, da sagte man den Bürgern der Hansestadt zuerst, das Projekt Elbphilharmonie würde sie lediglich das von der Stadt dafür zur Verfügung gestellte Grundstück kosten. Dann stiegen die veranschlagten Kosten nach und nach von 77 auf fast 790 Millionen Euro (vgl. Hamburger Staatsanwaltschaft untersucht Elbphilharmonieskandal). Die jährlichen Subventionen für den seit gestern laufenden Betrieb werden derzeit auf sechs Millionen Euro jährlich geschätzt.

Dazu kommen dem Branchenmagazin Horizont zufolge noch einmal zehn Millionen Euro, mit denen die Stadt eine "Eröffnungskampagne" finanziert. Vorerst nur für eineinhalb Jahre, aber vielleicht auch länger (und dann für entsprechend mehr Geld). Im Rahmen dieser Kampagne soll ein von der unter anderem für Angela Merkel und Zalando tätigen Agentur Jung von Matt angeführtes "internationales Agenturnetzwerk" dafür sorgen, dass sich das Image des Bauwerks vom Skandal zum Wahrzeichen wandelt.

Ein, "Wunderwerk der Architektur", ein "Traumschloss" und ein "neues Wahrzeichen", das "jeder haben will"

Sieht man sich die Leitmedienberichte der letzten Tage an, gewinnt man den Eindruck, dass sich mit diesem Budget und 170 eingeladenen Journalisten bemerkenswert viel erreichen lässt: Die Bild am Sonntag spricht plötzlich von einem "Wunderwerk der Architektur", der Stern von einem "Traumschloss" und der ORF von einem "neuen Wahrzeichen" und "einem der besten Konzertsäle der Welt". Noch weitaus überschwänglicher lobt man in den deutschen öffentlich-rechtlichen Medien. Im Bayerischen Rundfunk verstieg sich ein Moderator sogar zu der unbelegten Behauptung, "jeder" wolle jetzt so ein Bauwerk haben. Damit sollen wahrscheinlich die bayerischen Steuerzahler darauf vorbereitet werden, dass der geplante neue Münchner Konzertsaal "etwas teuer" werden könnte als geplant (vgl. Aus den Erfahrungen von Hamburg gelernt?).

Malbücher, Wimmelbücher und Salzstreuer

Insgesamt erschienen im letzten Monat in deutschsprachigen Medien mehr als 11.000 Beiträge, die 750 Millionen Leser, Hörer und Zuschauer erreicht haben sollen. Darüber hinaus gibt es zahllose Bücher (darunter auch Mal- und Wimmelbücher) sowie Merchandise-Artikel, die von der Ausstechform für 8,99 Euro bis zum Salz- und Pfefferstreuer-Set für 58,80 Euro reichen.

Ein "chinesischer Transgender-Superstar" und die Einstürzenden Neubauten

Für das gestrige Eröffnungs-Galakonzert mit den Orchestermusikern des NDR und Angela Merkel und Joachim Gauck als Zuschauer überredete man Google zu einer 360-Grad-Live-Übertragung auf YouTube. Vorher hatten Matt von Jung eine "Bekennerkampagne" initiiert, bei der bedingt bekannte Persönlichkeiten wie der "chinesische Transgender-Superstar Jin Xing", "DJ Felix Jaehn" und "der amerikanische Opernsänger Thomas Hampson" online die angeblichen Vorzüge des teuren Gebäudes anpriesen.

Auf Instagram sollte eine 360-Grad-Ansicht aus Fotos entstehen und ein "Elphilizer", sollte virtuell den Eindruck erwecken, man könne den Bau mit seiner eigenen Musik bespielen. Vor Ort dürfen das allerdings nur Prominente wie die prätentiösen Regietheaterkrachmacher von den Einstürzende Neubauten, die man (als einen von mehreren Acts) für das dreiwöchige Eröffnungsprogramm gebucht hat.

Für deren Auftritt werden die Sicherheitsvorkehrungen nicht ganz so aufwendig sein wie bei der Eröffnungsgala mit Merkel und Gauck, zu der neben 500 Journalisten nur etwa 1000 Normalbürger Zugang hatten, die ihre Eintrittskarten mit Losen gewannen.

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