Der Futurist: Trainingsgeräte für Wearables

Was wäre, wenn Wearables zur Pflicht würden?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marc Beischmid

Die Bundesregierung verabschiedete im Juli 2018 das Gesetz zum elektronischen Fitnessnachweis, kurz Elfina. Monatelang hatten die Krankenkassen darauf gedrängt. Sie hatten zwar genug Geld, denn die Beiträge sprudelten dank guter Wirtschaftslage. Aber die Politik bestand darauf, dass Kassen fortan auch die Pflegekosten einer alternden Bevölkerung zahlen sollten.

Sie willigten ein, aber nur unter der Bedingung, dass endlich ein wirksames System für die Prävention von Krankheiten geschaffen wird. Bis auf die Pharmabranche begeisterten sich alle für das große Ziel, die Details des Gesetzes verschwanden derweil im Sommerloch. So freuten sich die Versicherten zunächst, als sie von ihren Krankenkassen Ende des Jahres ein schönes Paket mit einem Fitness-tracker erhielten. Weniger Freude löste allerdings der beiliegende Brief aus: Fortan sei es Pflicht, den Tracker zu tragen. Sonst verliere die Versichertenkarte ihre Gültigkeit. Aber was war Elfina eigentlich?

Der elektronische Nachweis sollte sicherstellen, dass die Deutschen sich fit und gesund hielten. Die Wearables vermerkten die Bewegungsdaten und sendeten sie, sobald ein WLAN-Zugang in der Nähe war, an die Kassen. Wer sich weigerte, musste mit harten Sanktionen rechnen. Sie reichten von horrenden Beiträgen bis zum Rauswurf aus der Kasse. Um Betrug vorzubeugen, durften Versicherte nur das von ihrer Krankenkasse zur Verfügung gestellte Wearable nutzen.

Dummerweise waren die Fitnesstracker jedoch nicht besonders genau. Schrittzähler beispielsweise wichen zum Teil um 50 Prozent vom tatsächlichen Bewegungsumfang ab, manchmal nach oben, manchmal nach unten. Die einen mussten sich verausgaben, um auf die geforderte körperliche Aktivität zu kommen, andere konnten quasi vom Sofa aus Bonuspunkte sammeln.

Das Problem war weniger das Gerät selbst als die Art, wie man sich bewegte. Fitnesscenter boten daher spezielle Programme an, um ihren Kunden die optimalen Körperhaltungen beizubringen. Rasch stellte sich dabei heraus: Für Bestnoten bei den Kassen waren ungesunde Bewegungsabläufe notwendig, die zu Fehlbelastungen und Haltungsschäden führten. Während die Kassen in ihren Daten eine wahre Fitness-Revolution sahen, erstickten die Orthopäden in Arbeit.

Dann fand ein Jurist eine Lücke in Elfina. Das Gesetz verlangte nur, dass Versicherte ihren Fitnesstracker nutzen und die Daten an die Kassen übermitteln sollten. Nirgendwo aber war von der Pflicht die Rede, ihn auch am Körper zu tragen. In diese Lücke stieß ein Start-up. Das Unternehmen bewarb seine Idee unter dem Titel "Fitness für Wearables". Die Tracker sollten ihr eigenes Trainingsgerät bekommen.

Die Firma entwarf entsprechende Roboterarme und -beine, denen man sie anlegen konnte. Diese schüttelten sie dann so durch, dass sie fortan nur noch Bestnoten an die Kassen meldeten. Schon per Crowdfunding hatte das Start-up 50 Millionen Euro eingeworben. Als die Produkte schließlich auf den Markt kamen, waren endlich wieder Schlangen vor Läden zu sehen wie zu besten Apple-Zeiten.

Seitdem dreht in jedem Wohnzimmer mindestens ein Wearable seine einsamen Runden. Elfina wurde bedeutungslos – aber nie abgeschafft. Die Angst vor einem massiven Jobverlust bei den Herstellern war zu groß. (bsc)