Spieleinsatz: Assange fordert Obama heraus

Assange 2013 in der ecuadorianischen Botschaft. Bild: Botschaft von Ecuador/CC BY-SA-2.0

Wenn Obama Manning begnadigt, würde sich Assange an die USA ausliefern lassen

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Julian Assange, der Mitbegründer von WikiLeaks, hat einen für ihn riskanten Spieleinsatz gemacht. Er fordert den noch amtierenden US-Präsidenten Barack Obama heraus, nicht ihn, sondern die inhaftierte Whistleblowerin Chelsea Manning zu begnadigen. Würde Obama dies machen, so versprach Assange via Twitter, würde er sich an die USA ausliefern lassen, obgleich die Klage gegen ihn gegen die US-Verfassung verstoße.

Manning hatte WikiLeaks den ersten wirklich großen Coup ermöglicht und soll als IT-Spezialist des Pentagon, stationiert im Irak, zahlreiche geheime Informationen des Pentagon und Depeschen des Außenministeriums an WikiLeaks übergeben haben. Manning wurde 2013 zu einer Gefängnishaft von 35 Jahren bestraft. Gleichzeitig beantragte Manning eine Hormonersatztherapie zur Geschlechtsumwandlung, was das Pentagon akzeptierte, wodurch aus Bradley Edward Manning die Frau Chelsea Elizabeth Manning wurde.

Der australische Staatsbürger Assange sitzt seit 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London fest, weil er angeblich Sorge hat, dass Schweden ihn in die USA ausliefern könnte, wo er, ähnlich wie Mannig, mit einer schweren Strafe rechnen müsste. Er lebt damit seit vier Jahren in einem Gefängnis, da Großbritannien ihn aufgrund eines Europäischen Haftbefehls an Schweden ausliefern will. In Schweden wurde eine Anzeige wegen Vergewaltigung gegen Assange eingereicht. Offiziell Klage wurde gegen Assange nicht erhoben, er wurde endlich im November von der schwedischen Staatsanwältin Ingrid Isgren im Beisein des ecuadorianischen Botschafters und eines Anwalts in der Botschaft vernommen.

Daraus entstanden angeblich 400-500 Seiten auf Spanisch, die erst einmal ins Schwedische übersetzt werden müssen, bevor die schwedische Staatsanwaltschaft entscheidet, ob sie die Ermittlung fortsetzen will, obgleich die Vereinten Nationen schon längst gerügt hatten, dass die Freiheitsberaubung von Assange ohne die Erhebung einer Anklage rechtswidrig ist.

Assange ist Donald Trump beigesprungen und hatte erklärt, dass die Emails von Clinton und Podesta - also der berüchtigte russische Hack - nicht von russischer Seite bei WikiLeaks eingereicht worden seien. Wenn Assange das wissen sollte, dann sind sie nicht anonym eingereicht worden oder die von WikiLeaks zugesicherte Anonymität würde nicht stimmen (vgl. Trump und Assange: "Ein Vierzehnjähriger hätte die Mails hacken können").

Die dadurch entstehende Verbrüderung von Assange und Trump wurde gegen Trump ausgeschlachtet, der sich damit mit einem Staatsverräter verbünden würde. Man darf allerdings davon ausgehen, dass Trump und Assange nicht in Verbindung stehen und auch ansonsten politisch nicht viel gemein haben dürften. Aber Trump zeigte sich auch nach dem Briefing durch die Geheimdienstchefs nicht besonders überzeugt.

Assange bestreitet offen die Version der US-Geheimdienste. Er steht aber in Verdacht, pro-russisch zu sein, weil WikiLeaks keine russischen Dokumente veröffentlicht hat, zudem hatte er eine Sendung mit dem russischen Staatssender RT, The Julian Assange Show.

Assange macht mit seinem Angebot einen Schachzug. Obama, der angeblich liberale Präsident ist herausgefordert, da Assange für sich nichts fordert. Manning, die unter der Haft leidet, schon wiederholt Selbstmordversuche begangen hat und vermutlich mit gutem Gewissen die Dokumente WikiLeaks übermittelt hat, würde für Obama ein großes Symbol sein, wenn er sie begnadigt. Zu vermuten ist allerdings, dass hier die Parteipolitik Oberhand haben wird und er eine Amnestie nicht wagt.

Und Assange unterstellt auch die Möglichkeit, dass Großbritannien in die US-Wahl eingegriffen habe. Eben durch das Dossier, das ein britischer Ex-Spion mit bislang unbelegten Behauptungen über Trump und sein Team geschrieben hat und das von den US-Geheimdiensten geadelt wurde.