Die Parallelgesellschaft der Reichen

Branford College an der Yale University. Wrexham_Tower_dusk.JPG:Bild: Nick Allen/CC BY-SA-3.0

Bush, Clinton, Obama und Trump studierten an Eliteuniversitäten, wo es mehr Studenten aus der Minderheitenschicht des reichsten 1 Prozent als von der Schicht der unteren 60 Prozent gibt

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George W. Bush studierte an der Yale University, ebenso wie zuvor schon sein Vater. Er schloss mit einem Master of Business Administration ab, ein Intellektueller war er eher nicht. Bill Clinton begann sein Studium immerhin im Georgetown University, nach einer Zeit an der Oxford University machte er seinen Abschluss eines Juris Doctor ebenfalls an der Yale University. Hillary Clinton studierte zunächst am Wellesley College Politikwissenschaft, um dann - große Überraschung - Rechtswissenschaft an der Yale University studierte, wo sie Bill kennelernte und wo sie ebenfalls den Abschluss als Juris Doctor macht.

Barack Obama begann sein Studium am Occidental College in Los Angeles, wechselte dann zur Columbia University, einer Ivy League-Uni, um dann Rechtswissenschaft an der Harvard University zu studieren, wo er Michelle kennenlernte. Beide schlossen ihr Studium mit einem Juris Doctor ab. In der Reihe fehlt noch Donald Trump, der Wirtschaftswissenschaften an der Wharton School of Business der University of Pennsylvania, die ebenfalls zur Ivy League gehört. Er schloss allerdings nur mit einem Bachelor ab. Als Intellektueller hat sich Trump nicht hervorgetan, er hat eher Aversionen gegen die übrige Schicht der Akademiker aus den Elite-Universitäten, obgleich er selbst auch dazu gehört.

Die Präsidenten der USA gehören, mit der bedingten Ausnahme von Trump, derselben Schicht an, einer Parallelgesellschaft, die in sich kreist und nicht notwendig, aber doch oft mit reichen Familien verbunden ist. Seltsam ist, dass der Begriff der Parallelgesellschaft meist nur für untere Schichten oder oft für islamische Minderheiten verwendet wird. Dabei ziehen sich die Angehörigen der Reichen in der Regel freiwillig und nicht zwangsweise zurück, verbarrikadieren sich in gated communities oder Villen und genießen in der Gesellschaft Sonderrechte, wozu auch gehört, dass sie großen Einfluss auf die gesellschaftliche Macht haben oder, wie in den USA, auch die führende politische Elite stellen.

Eine Studie, die die Einkünfte der Universitätsabgänger und die ihrer Eltern bei den über 2000 Universitäten untersuchte, um den Grad der Mobilität zu analysieren, kam zu einem nicht unerwarteten, aber doch vernichtenden Ergebnis für den "Amerikanischen Traum". Dieser setzt eine offene Gesellschaft voraus, die einen Aufstieg durch Leistung und Bildung ermöglicht. Stattdessen zeigt sich das Bild einer betonierten Gesellschaft.

Dass sich die Reichen in ihre akademische Parallelgesellschaft auf den privaten und teuren Eliteuniversitäten abschließen, macht schon eine Zahl deutlich: In 38 Universitäten gibt es mehr Studenten aus der Minderheitenschicht des reichsten 1 Prozent als von der Schicht der unteren 60 Prozent. Natürlich geht ein hoher Anteil der Kinder der Reichen auf eine Elite-Universität, die in der Regel in den höchsten Rankings sind und schon daher das erforderliche Ansehen mitliefern, das Yale, Berkeley, Harvard oder Princeton liefern, wo man sich mit Geld einkauft. Man muss unter sich sein, um den Erfolg der Eltern in den Netzwerken der Reichen fortsetzen zu können, man kennt sich, ist aber fern der Mehrheitsgesellschaft. Ein Viertel der Kinder der reichsten 1-Prozent-Schicht und 40 Prozent der reichsten 0,1-Prozent gehen auf eine Elite-Uni, aber höchstens ein Prozent der Kindern aus den Familien der unteren bzw. ärmsten 20-Prozent-Schicht. Hier kann nicht einmal die Hälfte eine Hochschule besuchen. Die Zugänglichkeit auch für andere Schichten, mit denen Elite-Unis werben und wofür es auch Stipendien gibt, ist demnach eher ein Feigenblatt. Kleine Türen gewährleisten die Parallelgesellschaft.

An den Elite-Unis ist der Anteil der Studenten aus den oberen 40 Prozent der Einkommen in den letzten 10 Jahren in etwa gleich geblieben, auch der Zugang zu ihnen hat sich nicht verändert. Es gibt also eine Barriere, die aufrechterhalten wird, anstatt die Mobilität zu fördern. Wer aus den unteren Schichten einen Abschluss an einer Elite-Uni schaffte, verdient anschließend auch so viele wie die reichen Absolventen. Reichtum alleine macht also nicht den Erfolg aus, es ist der Zugang. Allerdings gibt es Unterschiede in der Mobilität zwischen einzelnen Universitäten, in der Studie definiert als Anteil der Studenten aus dem unteren Fünftel, die nach Abschluss ein Einkommen gemäß dem obersten Fünftel erzielen. Doch in den letzten 10 Jahren fiel der Zugang in den Universitäten mit der höchsten Mobilitätsrate ab. Bei denen kostet ein Jahr an Studiengebühren um die 6500 US-Dollar, an den Elite-Unis müssen jährlich 87.000 US-Dollar gezahlt werden.

Eine andere Studie macht deutlich, dass der "Amerikanische Traum", der auch das Versprechen aller Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten war, sich auflöst und jetzt wahrscheinlich von dem Slogan Trumps "Make America Great Again" nur übertüncht wird. Gehofft wurde, dass die Kinder es besser haben werden als die Eltern. Es ist eine Fortschrittserwartung, dass alles besser wird, also dass der Aufstieg der unteren Schichten mit einem "Trickle-Down" des Reichtums der oberen Schichten zusammengeht und damit wie von Zauberhand durch den angeblich freien Markt eine zunehmende Gleichheit entsteht. Bekanntlich ist das Gegenteil weltweit der Fall, die neoliberale Ideologie hat zu einer wachsenden Kluft zwischen Reich und Arm geführt.

Nach der Studie, die das Einkommen der Eltern mit 30 Jahren mit dem der Kinder mit 30 Jahren vergleicht, ist die Chance, dass Kinder in den USA mehr verdienen als ihre Eltern seit den 1940er Jahren stetig gefallen. In den frühen 1940er Jahren konnten noch 90 Prozent der Kinder damit rechnen, einmal mehr als ihre Eltern zu verdienen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind die Aussichten bis zur Mitte der 1960er Jahre kontinuierlich geringer geworden und auf unter 60 Prozent gefallen. Dann gab es bis Anfang der 1970er Jahre, also bis zu einem Tiefpunkt durch Reagonomics, Thatcherismus und neoliberaler Ideologie wieder einen geringen Anstieg, um dann bis 1985 auf 50 Prozent zu fallen. Nach den Wissenschaftler spielt dabei das Wirtschaftswachstum bzw. das BIP nur eine geringe Rolle, viel stärker wiegt die zementierte Ungleichheit, die dann in den 1990er Jahren auch in den meisten Ländern durch "Steuerreformen" weiter vertieft wurde.