Le Pen auf Trumps Erfolgsspur

Foto: NdFrayssinet / CC BY-SA 3.0

Die Kandidatin des Front National steht in Umfragen an der Spitze. Sie wirbt damit, dass Trump ihr Programm umsetzt

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Was haben Donald Trump und Theresa May gemeinsam? Das Programm von Marine Le Pen, sagt Marine Le Pen. Was der neue Präsident der USA und die britische Premierministerin jetzt umsetzen, habe sie in Wirklichkeit erfunden.

Ihr Programm kennzeichnet die Vorsitzende des Front National mit zwei Schlagwörtern, "wirtschaftlicher Patriotismus" und "intelligenter Protektionismus", die sich gut für Tweets eignen, in denen der Hashtag #Trump für das Erfolgsversprechen steht. Der Brexit und der Wahlsieg Trumps in den USA sind die beiden großen Erfolgsgeschichten, an welche die rechtsnationale Partei in Frankreich anknüpfen will - aber nicht als Trittbrettfahrer. Marine Le Pen wird als Original verkauft.

Neue Identität

Die Wahlkampfkampagne legt auch Wert darauf, die Partei, deren Vergangenheit mit Rechtextremismus und einem rechtsextremen Parteiführer verbunden ist, weiter in den Hintergrund zu rücken, damit die Assoziationen ausgeblendet sind.

Dazu gehört auch, dass der Name Le Pen im Wahlkampflogo nicht auftaucht. Dort steht "Marine Présidente" mit der blauen Rose zwischen Marine und dem erträumten Posten. Das soll die Frauen ansprechen. Die züngelnde Flamme in den drei Nationalfarben des FN-Logos, die vom neo-faschistischen MSI (Movimento sociale italiano) inspiriert ist, soll nicht im Weg zum Elysée-Palast stehen.

Vergeblicher Besuch im Trump Tower

Wie sehr Marine Le Pen die Nähe zu Trump sucht, zeigte sich letzte Woche, als sie den Trump Tower in New York besuchte, allerdings vergeblich. Es gab kein Selfie mit dem neuen US-Präsidenten für das Publikum zu Hause. Zwar hielt sich Trump in seinem Turm auf, er hatte allerdings keine Zeit für die französische Präsidentschaftskandidatin. Ob das auf Berührungsängste oder auf Terminnöte zurückzuführen ist, bleibt ein Rätsel.

Schon möglich, dass Le Pen seither noch etwas mehr Wert darauf legt, dass sie zentrale Ideen des US-Wahlkampfsiegers schon längst auf der Agenda hat. An Ähnlichkeiten fehlt es nicht. "Made in France", soll wieder ein Gütesiegel werden, die Produktion in Frankreich soll bevorzugt werden, die Jobs sollen in Frankreich bleiben, das Thema Einwanderungsstopp wird in täglichen Variationen aufgetischt wie auch das Zurückschicken von illegalen Migranten.

Deutsche Dominanz als Reibefläche

Als französisch-europäische Spezialität propagiert Le Pen den Ausstieg aus dem Euro und die Rückkehr zu den Grenzen der Nationalstaaten, wie sie dies bei einem Besuch eines Mittelstandsunternehmens im Dèpartement Mosselle, im Grenzgebiet zu Deutschland in die bereitgehaltenen Mikrophone diktierte.

Deutschland liefert, was die Flüchtlingspolitik und besonders die Wirtschaftspolitik betrifft, die Reibefläche. Le Pen will zurück zur eigenen Landeswährung. Dann werde sich zeigen, dass Frankreich extrem wettbewerbsfähig gegenüber Deutschland sei. Eine aktuelle, größer angelegte Umfrage, an der knapp 16.000 repräsentativ ausgewählte Personen teilnahmen, bestätigt Le Pens gute Aussichten, im Mai dieses Jahres in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl zu gelangen.

Schwache Gegenkandidaten auf der linken Seite

25 bis 26 Prozent gaben an, dass sie Le Pen in der ersten Runde wählen würden. Das ist das beste Ergebnis aller Kandidaten. Dass zwei Prozentzahlen angegeben werden, liegt daran, dass die Umfrage verschiedene Kandidaten-Konstellationen durchspielte. Als Anmerkung fügt die Zeitung Le Monde hinzu, dass der Wahlkampf von Marianne Le Pen gerade erst beginne.

Die letzten Wochen war es tatsächlich ruhig um sie. In der Berichterstattung der Leitmedien dominierten die Vorwahlen, erst im Lager der Konservativen und des Zentrums, dann im Lager Mitte-Links. Der Überraschungssieger der Konservativen Fillon büßte seither viel Zustimmung ein. Verbuchten Umfragen nach seinem Vorwahlsieg noch 26 bis 29 Prozent der Wahlabsichten auf seine Person, so sind es nun nur mehr 23 bis 25 Prozent.

Erklärt wird der schnelle Abgang vom Sockel, den man nach Fillons Vorwahlsieg aufgestellt hatte - "ein bodenständiger, katholischer, patriotischer Konservativer, der Le Pens Grenzen aufzeigt" - damit, dass er zu elitär, zu neoliberal auf einen Thatcher-Wirtschaftskurs setzte, der in Frankreich nicht gut ankommt.

Auch Le Pen nutzt diese Angriffsfläche: "Fillon tötet unser soziales System", tweetet sie. Immerhin finden sich in ihrer Anhängerschaft viele ehemalige Linke. Ängste vor einem Jobverlust wurden von Fillon nicht besänftigt, sondern verstärkt.

Der zweite Grund für Fillons Abtauchen in der Gunst bestätigt alle diejenigen, die viel Geld und Energie in Wahlkampfstrategien stecken und sich mit Kampagnen große Effekte erhoffen: Fillon macht einen behäbigen Eindruck, er antwortet nicht spontan, hat keine Sprüche oder Reaktionen in petto, wenn er unversehens angesprochen wird, er versucht die alte Schule und kommt damit nicht an.

Die Umfrageergebnisse bei den Kandidaten der sozialdemokratischen PS sind miserabel. Vielleicht ändert sich das nach den Vorwahlen - die erste Runde findet am kommenden Sonntag statt -, wenn sich ein einzelner Kandidat präsentieren kann, derzeit sieht es nicht gut aus. Der bis dato aussichtsreichste Kandidat Valls würde laut Umfrage gerade mal 9 bis 10 Prozent der Stimmen bei der Präsidentschaftswahl erreichen. Seine parteiinternen Kollegen Benoît Hamon und Arnaud Montebourg liegen bei 7 Prozent.

Den Sozialdemokraten wird nicht mehr viel zugetraut. Mélenchon, der Kandidat der Linkspartei (Parti de Gauche), schneidet mit 14 bis 15 Prozent im Lager links von der Mitte bislang weitaus am Besten ab. Er wird am wenigsten mit der Elite in Zusammenhang gebracht.