Syrien-Treffen in Astana: Kaum Chancen auf Erfolg

Am Sonntag veröffentlichtes Bild vom IS, das die Zerstörungen nach einem russischen Luftangriff auf Deir ez-Zor zeigen soll.

Für eine schnelle Lösung sind zu viele konfligierende Interessen und Akteure im Spiel, auch zwischen Russland, der Türkei und Iran knirscht es

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Heute beginnen die von Russland und der Türkei organisierten Gespräche über Syrien in Astana, der Hauptstadt von Kasachstan. Im wesentlichen soll es darum gehen, wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtet, den zwischen einigen Oppositionsgruppen und der syrischen Regierung Ende des Jahres vereinbarten Waffenstillstand zu sichern. Das Ziel wird also zumindest von russischer Seite schon einmal tief gehängt. Teilnehmer sind überdies Vertreter von Russland, dem Iran und der Türkei sowie der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura.

Die USA werden so kurz nach dem Amtsantritt der Trump-Regierung nicht mit einer offiziellen Delegation teilnehmen, aber der US-Botschafter in Kasachstan wird die USA vertreten. Donald Trumps Amtsantritt wurde von der Türkei und Russland begrüßt, die beide auf veränderte Beziehungen hoffen, und die neue US-Regierung zu den Verhandlungen ausdrücklich eingeladen haben. Zunächst hatte Iran versucht, eine Beteiligung der USA zu verhindern, wurde aber offenbar überstimmt, vielleicht auch im Deal damit, dass Saudi-Arabien und Katar nicht teilnehmen, was Syrien ablehnte. Der russische Regierungschef Medwedew stellte jedoch gestern klar, dass man trotz Hoffnung auf Annäherung in Moskau nicht mit einem schnellen Ende der Sanktionen rechnet. Als Zeichen des Entkommens haben vielleicht US-Flugzeuge erstmals wieder Stellungen von Jabhat Fateh Al Sham bombardiert (Späte Einsicht: US-Luftwaffe greift Ausbildungslager der al-Nusra an).

Die Gespräche in Kasachstan werden überschattet von neuen Aktionen des Islamischen Staats, dessen Kämpfer das schon einmal von syrischen Truppen mit russischer Hilfe eroberte Palmyra im Dezember 2016 wieder einnehmen konnten. Wie schon zuvor, lenken sie mit Zerstörungen von antiken Kulturdenkmälern, die zum UN-Weltkulturerbe gehören, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich. So haben sie u.a. die Bühne des römischen Amphitheaters zerstört, offensichtlich eine symbolische Racheaktion und Drohung gegenüber Russland. Moskau hatte sich als Befreier von Palmyra und Retter des Weltkulturerbes gefeiert und eben in dem Theater im Mai des letzten Jahres ein russisches Symphonieorchester ein Konzert geben lassen.

Schwierigkeiten sind bei den Gesprächen abzusehen, an denen nun das von Saudi-Arabien unterstützte Hohe Verhandlungskomitee (HNC) nach einigem Zögern doch teilnehmen will. Angeführt werden die Oppositionsgruppen, bestehend aus al-Sham Brigade, Sultan Murad Brigade, al-Shamiyyeh Front, Jaysh al-Ezzeh, Jaysh al-Nasr, First Coastal Division, Fastaqim, al-Islam Märtyrerbrigade und Jaysh al-Islam, von Muhammad Alloush von der islamistischen und salafistischen Gruppe Jaysh al-Islam, die von den Saudis unterstützt wird. Einige bewaffnete Gruppen wollen hingegen nicht teilnehmen, auch Ahrar al-Sham hat abgesagt, allerdings gibt es hier verschiedene Fraktionen, so dass es über Verbindungen hinaus zu "gemäßigten" bewaffneten Gruppen nicht nur Nähen mit al-Qaida, sondern auch mit dem Islamischen Staat gibt. Zudem ist die Gruppe geschwächt, nachdem einige Fraktionen sich im Dezember zusammengeschlossen und eine neue Gruppe geformt haben.

Vergangene Woche flammten in Idlib Kämpfe zwischen der von der Türkei, Saudi-Arabien und Katar unterstützten Islamistengruppe und Jabhat Fateh Al Sham, früher al-Ansar, auf. Die mächtige al-Qaida-Gruppe mit undurchsichtigen Beziehungen zum IS hat Sorge, nun doch isoliert zu werden und drängt auf einem Zusammenschluss mit Ahrar al-Sham bzw. deren Unterordnung. Auch die mit Fateh al-Sham verbundene Gruppe Jund al-Aqsa ist in der Region in Kämpfe gegen Ahrar al-Sham verstrickt, der Experten langfristig wenig Chancen geben, wodurch die Türkei und die Golfstaaten hier an Einfluss verlieren könnten.