Griechenland: Keine Abschiebung der türkischen Hubschrauberflüchtlinge!

Die acht türkischen Hubschrauberflüchtlinge. Bild: W. Aswestopulos

Urteil des obersten Gerichts: Menschenrechte sind wichtiger. Erste Reaktionen aus der Türkei sprechen von einem Skandalurteil

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das oberste zuständige griechische Gericht, der Areopag, hat heute die Auslieferung der acht türkischen Hubschrauberflüchtlinge gestoppt. Mit der Entscheidung des Gerichts ist es nicht mehr möglich, die fahnenflüchtigen, mutmaßlichen Putschisten an die türkische Justiz zu übergeben.

Die türkischen Militärangehörigen hatten sich nach dem gescheiterten Putschversuch der türkischen Militärs gegen den Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan per Militärhubschrauber nach Griechenland abgesetzt. Vor der Landung in der griechischen Grenzstadt Alexandroupoli hatten sie sämtliche Flugaufzeichnungen zerstört.

Es war somit nicht nachvollziehbar, an welchen Orten der Helikopter tatsächlich in Einsatz war. Die teilweise hochrangigen Offiziere hatten behauptet, dass sie nicht am Putsch selbst teilgenommen hätten, sondern lediglich für Sanitätsdienste im Einsatz gewesen seien. Diese Behauptung konnte weder hinreichend bewiesen, noch mit anderen als den Aussagen der türkischen Staatsführung widerlegt werden.

Druck aus der Türkei

Trotzdem wurden die Asylanträge der Militärs in Griechenland in Eilverfahren in beiden dafür vorgesehenen Instanzen abgelehnt (vgl. Kein Asyl für geflüchtete türkische Militärs). Damit konnte die türkische Justiz ein offizielles Auslieferungsverfahren beantragen. Dagegen klagten die Militärangehörigen vor griechischen Gerichten.

Auch diese Verfahren wurden - vor allem weil von türkischer Seite über diplomatische Kanäle, aber auch über weniger diplomatisch formulierte Forderungen seitens der offiziellen Politik erheblicher Druck ausgeübt wurde - in einem für Griechenland ungewöhnlichen Tempo vollzogen. Am Ende der Verfahren in niedrigeren Instanzen gab es für einen Teil der Flüchtigen einen Abschiebestopp, andere wiederum sollten abgeschoben werden.

Bei allen in den niedrigeren Instanzen getrennt verhandelten Verfahren gab es Revisionsanträge, sowohl seitens der Staatsanwaltschaft gegen den Abschiebestopp als auch gegen die Abschiebungen seitens der Anwälte der Militärs. Schließlich musste der Areopag entscheiden. Dort wurden alle acht Verfahren zusammengefasst.

"Menschenrechte sind wichtiger"

Hinsichtlich der ablehnenden Haltung von Griechenlands obersten Richtern gegen eine Abschiebung der Türken wurde bekannt, dass die Richter in der Türkei kein faires Verfahren für die Militärs erwarten. Vielmehr würden den Flüchtigen Folter und sogar der Tod drohen, meint das Gericht.

"Die Wahrscheinlichkeit der Unwirksamkeit oder Aussetzung des Rahmens der allen Menschen, unabhängig vom Grad der Schuld oder der Schwere des Verbrechens zustehenden Menschenrechte erlaubt es nicht, die Regeln, welche die Auslieferung betreffen, anzuwenden, weil diese weniger schwer wiegen als die Regeln, welche die Menschenrechte betreffen", lautet die Quintessenz des Urteils.

Bei sechs der Militärs war die Entscheidung einstimmig, bei zweien gab es eine Gegenstimme des Richterkollegiums. Erste Reaktionen aus der Türkei sind wie nicht anders zu erwarten, negativ. Die türkische Sabah titelt in ihrem Bericht, dass es ein "Skandalurteil" sei.