Frankreich: Wird die Wahl manipuliert?

Elysée-Palast. Foto: Remi Mathis / CC BY-SA 3.0

Der angeschlagene Kandidat Fillon wähnt ein Komplott gegen ihn. Ein US-Medium sucht nach russischen Spuren einer WikiLeaks-Wahlbeeinflussung

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Die "Stinkbomben", wie François Fillon die Vorwürfe gegen ihn anfänglich nannte, bringen den Kandidaten ins Strauchelen. Die Diskussion über "Plan B", über einen neuen Präsidentschaftskandidaten der französischen Republikaner, läuft bereits in den Medien und vermutlich auch in der Partei. Die Chancen der Republicains, aus ihren Reihen eine Persönlichkeit zu finden, die es in der Wählergunst mit Marine Le Pen aufnehmen kann, stehen allerdings nicht besonders gut.

"Penelopegate": Täglich mehr und stärkere Vorwurfe

Jeden Tag kommen neue "Stinkbomben" hinzu. "Penelopegate", benannt nach der Ehefrau Fillons, geht längst nicht mehr nur um eine halbe Million Euro, die sie für eine laut Vorwürfen "fiktive" parlamentarische Hilfstätigkeit erhalten haben soll (vgl. Le Pens Chancen wachsen). Mittlerweile geht es um fast eine Million Euro brutto, die Penelope Fillon über die Jahre mit fake-Jobs eingestrichen haben soll. Es sind mittlerweile auch fünf Affären, mit denen ihr Mann zu kämpfen hat.

Seine beiden Kinder haben angeblich insgesamt etwa 80.000 Euro brutto für Hilfsdienste erhalten haben, deren Rechtmäßigkeit angezweifelt wird. Dazu kommen Vorwürfe, wonach Fillon über eine Beratungsfirma seit 2012 jährliche Zusatzverdienste zwischen 40.000 und 60.000 Euro als "Experte zum Thema Globalisierung" bekommen hat. Auch hier wird Fillon mit unbequemen Fragen nach der Rechtmäßigkeit konfrontiert. Er selbst hatte sich zu dieser Nebentätigkeit und den Kunden ausgeschwiegen.

Die Webseite Mediapart ergänzt den Vorwurfskatalog schließlich noch mit einer Enthüllung, wonach Fillon Teil eines Systems war, das Kampagnen-Gelder untereinander verteilte. Fillon soll sich dabei mit einer eigenen Mikro-Partei gütlich getan haben.

Auch Fillons Verbindung zum Milliardär Marc Ladreit de Lacharrière gerät unter die Lupe. Über ihn kam Penelope Fillon auf die Honorarliste der Publikation Revue des Deux Mondes. Worin ihre Arbeit genau bestand, ist noch nicht geklärt. Ein paar literarische Anmerkungen soll sie verfasst haben. Insgesamt belaufen sich die Honorarzahlungen auf etwa 100.000 Euro.

Es kommt also viel zusammen. Auch die Finanz-Behörden haben sich schon eingeschaltet und untersuchen die Vorwürfe. Fillon selbst hatte angekündigt, erst dann einen Rückzug von seiner Kandidatur zu machen, wenn strafrechtlich gegen ihn ermittelt wird. In der Defensive ist er jetzt schon.

Es geht für den zuvor als "untadelig und unangreifbar" beleumdeten Politiker darum, glaubhaft zu beweisen, dass er nicht Teil des "Establishment" oder der "Elite" ist, die sich auf Kosten anderer bereichert. Dass genau dieser Vorwurf gegenwärtig große Wucht entfalten kann, muss nicht eigens erwähnt werden.

"Die Jagd ist eröffnet"

Die französischen Medien widmen dem Thema große Aufmerksamkeit. Was hier lediglich angedeutet wird, wird dort in vielen und zum Teil langen Berichten im Detail ausgebreitet, etwa mit früheren Aussagen von Penelope Fillon, wonach sie ihrem Mann niemals geholfen habe. Le Monde begleitet Penelopegate mittlerweile "live": neue Informationen "minute par minute". Die Leser können dort Fragen stellen.

Eine ziemlich wichtige Frage aber fehlt bisher: Woher hat der Canard enchaîné dessen Enthüllungen, den Stein ins Rollen gebracht haben, seine Informationen? Was oder wer gab den Anstoß für Penelopegate?

François Fillon selbst hat den Verdacht geäußert, dass er Opfer eines Komplotts ist. Er sprach von einer "sehr professionellen Verleumdungs-Operation". In einem Artikel des US-Magazins Foreign Policy wird die Spur beschritten, die man aus dem amerikanischen Wahlkampf kennt: Dass russische Manipulationsversuche mit ihm Spiel sein könnten.

Dafür wird Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drians Aussage von Anfang Januar zitiert, wonach Frankreich und seine politischen Parteien "nicht weniger verwundbar" seien als amerikanische. Für Le Drain steht fest, dass sich Russland in die US-Wahl eingemischt hat. Dass dies auch in Frankreich versucht wird, suggeriert Foreign Policy mit bekannten Bögen.

Zum Beispiel mit der Nähe von Le Pen zu Putin. Dass die FN-Front-Frau dem russischen Präsidenten politisch nahesteht, ist offenkundig. Sie macht aus ihrer Putin-Begeisterung kein Hehl. Auch die finanzielle Unterstützung aus Russland für den Front National kommt im Wahlkampf wieder öfter zur Sprache. Der Foreign Policy-Bericht erwähnt dies alles auch und setzt dem Hintergrund die aktuelle Spitze auf, dass WikiLeaks in einer "Propagandapartnerschaft" mit Russland, nun Enthüllungen zu Fillon veröffentlicht.