Braucht Trump Krieg?

Verschiedene Beobachter sehen beunruhigende Anzeichen für eine kriegerische Außenpolitik des neuen US-Präsidenten

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Der neue US-Präsident Donald Trump macht keinen Hehl aus seiner Aversion gegen die Volksrepublik China. Im Wahlkampf diente sie ihm als leicht verfügbarer Sündenbock, da im US-Diskurs in Wirtschafts- und Handelsfragen seit langem als solcher etabliert. Ihre wachsende, die alte hogemonial Macht beunruhigende Wirtschaft und ihr seit langem hoher Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA (zuletzt 319,3 Milliarden US-Dollar in den ersten elf Monaten 2016) bieten genug Angriffsfläche.

Trumps Wahlkampfrhetorik war allerdings bis dahin für einen führenden westlichen Politiker einzigartig aggressiv und nicht dazu angetan, Meinungsverschiedenheiten auf einer zivilisierte Art und Weise aus der Welt zu schaffen. Unter anderem sprach er davon, China würde die USA "vergewaltigen".

Mit dem Antritt Trumps werden daher wohl die Beziehungen zwischen den beiden Großmächten auf jeden Fall in eine neue Phase übergehen. Eliot A.Cohen, der einstige Berater von Condoleeza Rice in deren Amtszeit als Außenministerin George W. Bushs, spekulierte kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Trumps cholerischer Charakter könne zu einer militärischen Konfrontation zwischen den beiden Großmächten führen.

Konflikte im Südchinesischen Meer, ein Kriegsauslöser?

Der von Trump zum Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates gemachte Steve Bannon, bis dahin vor allem durch seine rechtsradikalen Aktivitäten aufgefallen, hatte bereits im März letzten Jahres von einem unausweichlichen Krieg zwischen den beiden Ländern gesprochen. Dieser Mann hat nun das Ohr des Präsidenten, während führende Militärs aus dem Gremium ausgeschlossen wurden.

Bannon geht davon aus, dass es über die Kontrolle des Südchinesischen Meeres zum Konflikt kommt. Die dort verstreut zwischen dem asiatischen Festland, Taiwan im Norden, den Philippinen im Osten und Borneo im Süden liegenden unbewohnten Archipele werden alle von China als eigenes Territorium reklamiert, im einzelnen aber auch von den anderen Anrainern.

Nordkorea

Ein Kommentar in der englischsprachigen chinesischen Zeitung Global Times verweist indes auf einen anderen möglichen Konfliktherd: Korea. Nordkoreas Partei- und Staatschef Kim Jong-un hatte kürzlich angekündigt, man stehe kurz vor dem Test einer Interkontinentalrakete. Sollte dies zutreffen, wäre das Land damit in absehbarer Zeit in der Lage, die USA direkt zu erreichen.

Der Autor fragt sich, ob die USA den Test verhindern oder mit einem Militärschlag beantworten würden. Niemand wisse, was Kim im Sinn habe, aber es sei klar, dass sich Nordkorea nicht einschüchtern lassen, sondern militärisch antworten würde. Die USA seien in der günstigen Position, die Region kontrollieren zu können, ohne selbst direkt von einem Krieg oder einer schweren Krise betroffen zu werden. Es sei zu erwarten, dass sich Trump dieses Vorteils bedienen werde.

Bisher hätten sich die ostasiatischen Länder darauf verlassen, dass alle Beteiligten strategisch rational agieren, um einen Krieg zu vermeiden. Es sei aber unsicher, ob Nordkorea auch in der Zukunft rational handle, und nun, da Trump sein Amt angetreten habe, werde auch die USA irrationaler. Man wisse nicht, was Trump als nächstes mache, aber man müsse auf alles vorbereitet sein.

Die Global Times wird mitunter als internationales Sprachrohr der regierenden KP bezeichnet. Der Autor gehört zur Leitung der People's Daily, einem anderen KP-Blatt, sodass man vermutlich davon ausgehen kann, dass sein Beitrag Überlegungen in der chinesischen Führung widerspiegelt.

Trumps "heiliger Krieg"

Derweil ist Bradley Burston, der Korrespondent der israelischen Zeitung Haaretz, überzeugt, dass Trump einen Krieg, einen heiligen Krieg brauche. Er habe den Wählern einerseits versprochen, die militärische Macht des Landes in historischem Maße auszubauen, und andererseits in Aussicht gestellt, den Bundeshaushalt zu verkleinern. Allein um von diesem Widerspruch abzulenken, brauche es schon einen Krieg.

Ein Krieg würde seine Macht vergrößern, ihm den innenpolitischen Vorwand zur Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten geben und es ihm ermöglichen, der Schaffung noch größerer, monopolistischer Konzerne zuzustimmen.

Ein solcher Krieg müsste natürlich auf einen seit langem etablierten Feind zielen. Burston geht davon aus, dass es der Islam sein wird und verweist auf eine entsprechende Rede des Trump-Einflüsterers Bannon. Er hält es auch für möglich, dass in diesem Zusammenhang oder im späteren Verlauf alte antisemitische Ressentiments wiederbelebt werden.

Einen Hinweis darauf sieht er darin, dass Trump in seiner Rede am internationalen Holocaust-Gedenktag mit keinem Wort erwähnte, dass rund sechs Millionen Opfer des Nazi-Völkermords Juden waren, dass diese also im besonderen Maße Ziel der Ausrottungspolitik waren.