Der Islamische Staat steigt auf bewaffnete Drohnen um

Mit den Drohnen lassen sich Bomben abwerfen und gleichzeitig Bilder machen.

Mittlerweile kann der IS im Irak mit Drohnen, ausgestattet mit Bomben oder Sprengstoff, gezielt Menschen und Fahrzeuge angreifen, der Drohnenkrieg dürfte auch auf den Westen übergreifen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Beim Beginn der Offensive auf die irakische Großstadt Mosul im Oktober des letzten Jahres wurde auch das US-Militär aufgeschreckt durch erste Versuche, Drohnen zu Waffen zu machen, indem an ihnen Sprengstoff befestigt wurde (Der "Islamische Staat" rüstet im Irak Drohnen mit Sprengsätzen aus). Es war allerdings verwunderlich, warum nun erstmals Drohnen zu fliegenden Sprengsätzen (IED) bzw. zum Ersatz von Selbstmordattentätern gemacht wurden.

Allerdings verfügt der IS nur über kleine Drohnen mit einer geringen Traglast, weswegen weiterhin mit Sprengstoff beladene und zum Schutz gepanzerte Fahrzeuge, gesteuert von Selbstmordattentätern, bevorzugt wurden, weil sie größeren Schaden und Terror verursachen können. Letztes Jahr wurde zwar auch bekannt, dass der IS in Raqqa mit autonomen Autobomben experimentiert, aber bislang war von deren Einsatz noch nichts zu hören (Bilder aus der Waffenschmiede des Islamischen Staats in Raqqa). Zunächst waren Drohnen zum Auskundschaften verwendet worden, wie das auch andere islamistische Gruppen machen, der IS setzte sie zudem ein, um Selbstmordattentäter mit Autobomben zu ihrem Ziel zu bringen und die Explosion zur Auswertung und für Propagandazwecke aufzunehmen.

IS-Propaganda mit angeblichen erfolgreichen Drohneneinsätzen.

Waren die ersten Versuche noch recht primitiv, so scheint der IS mittlerweile Möglichkeiten entwickelt zu haben, mit handelsüblichen kleinen Drohnen, die überall gekauft werden zu können, gezielte und tödliche Angriffe durchführen zu können. Allerdings baut der Islamische Staat aus bestellten Teilen auch selbst Drohnen, inklusive Zünder und Starter von Bomben zusammen. Gefunden in einer Produktionsstätte für Drohnen in der Nähe der Universität von Mosul wurden entsprechende Anleitungen und Checklisten, die bereits aus dem Jahr 2015 stammen sollen, was belegt, dass die Vorbereitungen schon lange gelaufen sind. Als Einsatzmöglichkeiten galten etwa Drohnen, die Bomben abwerfen, oder Drohnen mit Sprengstoff gefüllt, die beim Auftreffen auf ein Ziel explodieren.

Auf Bildern und Videos zeigt nun der Islamische Staat, dass er offenbar mit dem kriegerischen Einsatz von Quadcoper-Drohnen vorangekommen ist, mit denen kleine Bomben über ein Ziel gebracht und dann ausgeklinkt werden können. Drohnenangriffe haben den "Vorteil", da Terrorismus immer auch Propaganda der Tat ist, dass vom Angriff auch Bilder gemacht werden können. Berichtet wird sowohl aus dem Irak als auch in Syrien von immer mehr Drohnenangriffen, die Menschen getötet und verletzt haben, aber auch davon, dass immer mehr IS-Drohnen abgeschossen wurden.

Angeblich können die Bomben von Drohnen so abgeworfen werden, dass sie exakt ein Ziel treffen, es wären die Präzisionsbomben der Terroristen.

Das belegt, dass der Islamische Staat allmählich von Selbstmordattentätern, die nicht (mehr) unbegrenzt zur Verfügung stehen, auf andere Anschlagsmethoden umsteigt, die strategisch gesprochen die eigenen Ressourcen schonen und Ziele anvisieren lassen, die bislang schwer zu erreichen waren. Dazu kommt, dass nicht nur Selbstmordattentäter, Sprengfallen und Autobomben sowie Videos über grausame Rituale des Tötens Angst und Schrecken verbreiten können, sondern auch das Wissen, jederzeit zum Ziel eines Bombenanschlags aus der Luft werden zu können. Gefährdet sind die Menschen vor allem außerhalb von Gebäuden, aber es gibt auch bereits Meldungen von Drohnenbombenopfern, die sich in Fahrzeugen oder in einem Haus aufgehalten haben.

Bilder können zwar immer manipuliert sein, doch ein Propaganda-Video erscheint echt, in dem eine kleine Bombe von einer Drohne abgeworfen und mit deren Kamera gefilmt wurde, wie sie auf einem Abrams-Panzer in Mosul explodiert. Unklar dabei bleibt, ob die Bombe einen Schaden anrichten konnte. Das Video wurde allerdings sichtbar bearbeitet, da der Flug der Bombe durch rote Markierungen deutlicher sichtbar gemacht wurde. Nachdem aber in den letzten Tagen vermehrt Bilder von solchen Angriffen auftauchen, scheint die neue Anschlagsmethode als wirkungsvoll zu gelten, mit der Fahrzeuge und Soldaten angegriffen werden. Zumindest sind im Sinne des IS die Soldaten dann auch immer damit beschäftigt, den Himmel absuchen zu müssen, um anfliegende Drohnen abzuschießen, deren Absturz dann aber auch Schaden anrichten kann.

Die schon lange prophezeite Umfunktionierung von kleinen Drohnen, die zu Hunderttausenden fertig verkauft werden, in fernsteuerbare Waffen für Angriff und Anschläge aller Art, wird sich nicht auf Kriegsschauplätze beschränken. Der Drohnenkrieg, den die USA und andere Staaten führen und der gezielte Tötungen bzw. Mordanschläge in rechtsfreien Räumen praktiziert, wird eher früher als später mit den kleinen Drohnen auch in die westlichen Staaten einziehen.

Die kurzfristigen Vorteile im asymmetrischen Krieg sind schon jetzt am Schwinden, auch wenn die großen Militärmächte noch über praktisch absolute Luftüberlegenheit und auch über große Drohnen mit großer Reichweite und großer Letalität verfügen. In Form von Homegrown-Terrorwaffen werden die Spielzeuge in die westlichen Staaten zurückkehren und die Unsicherheit vergrößern, schließlich lässt sich eine mit Sprengstoff ausgerüstete Drohne einfacher starten, als mit eigener körperlicher Anwesenheit einen Terroranschlag auszuführen, zudem ist die Schwelle wesentlich geringer als für einen Selbstmordanschlag.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.