Sex ist Mühsal

Alle zwei Jahre wird im vergreisenden Japan nach dem Sex gefragt, es geht immer weiter nach unten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Sicher, Japan ist das Land mit der vermutlich geringsten Fertilität. Es kommen wohl nicht nur immer weniger Kinder auf die Welt, das dürfte auch eine Folge davon sein, dass der Sex bei den Japanern im zeugungsfähigen Alter zurückgeht - oder sollte man sagen: eintrocknet? Dass Empfängnisverhütung, also die Trennung von Lust und Reproduktion, nicht der ausschlaggebende Grund ist, belegt auch die Umfrage des Verbands zur Familienplanung, die alle zwei Jahre durchgeführt wird.

Für die Umfrage werden 3000 Japaner im Alter von 16 bis 49 Jahre befragt. Es ist ein heikles Thema, ehrliche Antworten könnten selten sein. Die Frage wäre, ob die Japaner ihren Sex lieber verschweigen, während in anderen Ländern die Norm vorgeben könnte, die Lage zu beschönigen? Zumindest für Südkorea ist die Zunahme der Asexualität auch belegt. Wie auch immer, nur knapp die Hälfte scheint Antworten gegeben zu haben, die als gültig bewertet wurden. Inwieweit die Umfrage unter 1263 Frauen und Männern in Japan dann repräsentativ sein kann, ist eine andere Frage, allerdings reiht sich das Ergebnis in einen Trend ein, der nicht zu bestreiten sein dürfte (Keine Lust mehr auf körperlichen Sex?). Das Ergebnis bestätigt eine Umfrage, die 2016 vom Nationalen Institut für Bevölkerungswissenschaft und Soziale Sicherheit veröffentlicht wurde (Japan: Endemische Sexlosigkeit).

Die 2016 durchgeführte Umfrage belegt, dass bei verheirateten Paaren die Sexlosigkeit bislang auf ein Rekordniveau gestiegen ist. Von den 655 verheirateten Befragten gaben 47 Prozent an, dass sie seit einem Monat keinen Sex mehr gehabt haben. Die Rate ist, wie man annehmen sollte, auch bei Männern und Frauen in etwa gleich. Man geht davon aus, dass dann, wenn diese Frage positiv beantwortet wird, im Grunde Asexualität vorherrscht und sich auch in nächster Zukunft nichts verändern wird.

Nun könnte man sagen, dass in Ehen die Sexualität halt oft erlischt, dass aber Singles, nicht zuletzt dank der Online-Partnerbörsen, anders drauf sein könnten. Aber unter den 18-24-Jährigen Singles hatten 47,9 Prozent der Männer und 52,9 Prozent der Frauen noch niemals Geschlechtsverkehr. Wilde Zeiten sehen doch anders aus, Sex and Drugs and Rock 'n' Roll war einmal.

Die Verheirateten gaben als Grund für die verschwundene Sexlust vorwiegend an, von der Arbeit erschöpft zu sein oder das Sex Mühsal ist, also nur noch mehr Arbeit und keine Lust. Für die Männer ist es die Arbeit, die trotz Automatisierung und Robotisierung mehr abverlangt. 2014 hatten 21 Prozent der verheirateten Männer die Arbeit als Verhinderungsgrund genannt, 2016 schon 35 Prozent. Es scheint also schlimmer zu werden. Wenn es denn an der Arbeit liegt, dann wird die Sexunlust entsprechend auch bei den Frauen ansteigen. Allerdings konnte die Umfrage keinen Zusammenhang zwischen der Zahl Arbeitsstunden und dem Sex herstellen, aber daran alleine muss es ja auch nicht liegen.

Als zweithäufigster Grund wurde genannt, dass die Liebe verschwunden ist, fast 13 Prozent sagen, dass ihr Ehepartner halt zum Familienmitglied wurde, aber kein Liebespartner mehr ist. Und während die Männer von der Arbeit erschöpft sind, sagen die Frauen vor allem, dass Sex lästig ist.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.