Trump will Milliardär von der Wall Street gegen die Geheimdienste einsetzen

NSA-Hauptquartier. Bild: Trevor Paglen/CC0

Das Machtspiel in Washington schaukelt sich hoch, angeblich soll Stephen Feinberg von außen den mächtigen Geheimdienstapparat überprüfen, Geheimdienste gaben Informationen an Trump nicht weiter

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Donald Trump poltert, entlässt aber trotzdem seinen Sicherheitsberater Michael Flynn, weil dieser den Vizepräsidenten Mike Pence wegen seiner Anrufe beim russischen Botschafter angeschwindelt haben soll. Während Trump-Gegner und Anti-Trump-Medien vom Chaos sprechen, vollzieht sich allerdings auf der Bühne in Washington ein Machtkampf, bei dem die Geheimdienste eine entscheidende Rolle spielen. So wird bereits von einem "politischen Anschlag" auf Flynn gesprochen. Wie schon zuvor, etwa beim Aufbauschen und Durchstechen des von einem britischen Ex-Geheimdienstagenten gesammelten Dossiers, wurde nun auch wieder das abgehörte Telefongespräch an die Medien weitergegeben.

Es ist schon ein absurdes Schauspiel, wenn ausgerechnet diejenigen, die sich über WikiLeaks und die von den Demokraten gestohlenen Emails beklagten, nun keine Probleme damit haben, dass die Geheimdienste nun ihre im Inland abgehörten Informationen leaken. Trump nervt das natürlich, es zeigt aber auch, dass der mächtige Sicherheitsapparat seine Interessen auch gegen die rechtmäßig gewählte Regierung durchsetzt und diese mit den gesammelten Informationen erpresst. Das mag man verstehen, da Trump aus seiner kritischen Haltung gegenüber den Geheimdiensten kein Hehl gemacht hat, aber eine demokratisch legitimierte Regierung muss auch das Recht haben, die Macht und die Ressourcen der Geheimdienste einzuschränken.

Der frühere CIA-Mann und Präsidentschaftskandidat Evan McMullin erklärte, die Geheimdienste hätten das Recht, geheime Informationen an die Medien durchzustechen, was eigentlich verboten ist, weil sie einen Eid auf die Verfassung geleistet hätten, das Land zu schützen. Trump sei eine "Sicherheitsgefährdung". Das Wall Street Journal berichtet, dass die Geheimdienste angeblich manche Informationen an Trump nicht weitergeben würden, weil sie ihm nicht vertrauten und er ein Sicherheitsrisiko darstelle. Die oberste Geheimdienstbehörde ODNI stritt dies jedoch ab.

Bei aller Kritik an Trump und seiner Politik müsste es für alle Verteidiger eines demokratischen Rechtsstaats ein Skandal sein, wenn die Geheimdienste sich direkt in die Politik einmischen. Das hat mit den gerne erwähnten "checks and balances" nichts zu tun, sondern unterhöhlt diese. Man muss sich auch fragen, warum Medien wie die Washington Post und die New York Times sich von den Geheimdiensten instrumentalisieren lassen, indem sie durchgestochene Informationen weitergeben.

Aus der Trump-Administration will die New York Times erfahren haben, dass der Präsident nun gegen die US-Geheimdienste vorgehen will, was den Konflikt weiter zuspitzen wird. Während sein Versprechen war, das Militär auszubauen und die Personalstärke zu vergrößern, war ähnliches im Hinblick auf die Geheimdienste nicht zu hören. Offenbar soll der Milliardär Stephen A. Feinberg, Mitbegründer von Cerberus Capital Management, also ein Wall-Street-Mann, der bereits Berater im Wahlkampfteam war, die Geheimdienste einer Prüfung unterziehen.

Der immer weiter, vor allem nach 9/11 aufgeblähte Geheimdienstapparat, der jährlich mindestens 70 Milliarden US-Dollar verschlingt und mäßig erfolgreich ist, ist schon länger im Visier von Trump gewesen, der aus seiner Geringschätzung keinen großen Hehl machte. Anfang Januar hatte das Wall Street Journal berichtet, dass ein Plan zum Umbau der obersten Geheimdienstbehörde, des Office of the Director of National Intelligence (ODNI), sowie anderer Geheimdienste wie die CIA ausgearbeitet werden soll. Ausgerechnet der jetzt entlassene Sicherheitsberater Michael Flynn, Ex-Generalleutnant, ehemaliger Leiter des Militärgeheimdienstes DIA und ehemaliges Mitglied des Military Intelligence Board, sollte zusammen mit Mike Pompeo, den Trump zum CIA-Direktor machte, den Umbau ausarbeiten. Gut möglich, dass dies auch ein Grund war, warum Flynn "abgeschossen" wurde.

Nach Angaben der NYT ist Feinberg verbunden mit dem in den Medien als dämonischer Strippenzieher in der Trump-Regierung dargestellten Chefstrategen Stephen Bannon und Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn. Zu den Gerüchten äußerte sich allerdings bislang weder Feinberg noch jemand offiziell aus der Trump-Administration. Sollte der als Trump-Alliierte Feinberg die Prüfung der Geheimdienste tatsächlich übernehmen, um die anvisierten Umbauten und wahrscheinlich Verkleinerungen und Personalkürzungen vorzunehmen, ist mit Widerstand zu rechnen. Angeblich würde man bei den Geheimdiensten auch die Sorge haben, dass Feinberg zum Leiter eines Geheimdienstes ernannt werden könnte. Bannon und Kushner sollen ihn früher schon mal als Chef der CIA oder als DNI ins Spiel gebracht haben. Beide Positionen sind allerdings besetzt, auch wenn Dan Coats noch nicht als DNI vom Kongress bestätigt wurde.

Mit Widerstand ist auch zu rechnen, weil die Trump-Regierung damit nicht wie üblich einen Insider beauftragt, der auch die Weltsicht des Militär- und Geheimdienstapparats besitzt, sondern einen Außenseiter, der die Politik der Geheimdienste anders ausrichten könnte. Es waren die Geheimdienste, die mitwirkten, Trumps Ansehen zu schaden und ihn womöglich durch die angeblichen russischen Verbindungen kaltzustellen, indem er sozusagen als Mann Moskaus im Weißen Haus dargestellt wurde. Dass nun gerade wieder einmal Russland aus dem Pentagon eine Verletzung des INF-Abkommens über Kurz- und Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 km vorgeworfen wird, passt zur Strategie, Trump unter Druck zu setzen, gegen Russland Position beziehen zu müssen, um den für den Apparat wichtigen Konflikt mit Russland aufrechtzuerhalten.

Der Vorwurf wurde nicht offiziell aus dem Pentagon erhoben, sondern wieder einmal über anonyme Quellen an die New York Times geleakt, die dann berichtete, Russland habe geheim Raketen stationiert, die nach dem INF verboten wären. Unterstellt wird, die Russen hätten nun zwei Bataillone mit den Raketen, von denen sich eine in Südrussland befinde. Dabei sind wieder angebliche Geheimdienstberichte im Spiel, nach denen die Raketen einsatzfähig seien. Die NYT berichtet, man würde im Pentagon überlegen, gegen die "hochgradig mobilen" Raketen, die eine Bedrohung darstellen, die Raketenabwehr in Europa verstärken zu wollen, also die Aufrüstungsspirale weiter hochzuschrauben.

Der Konflikt schwelt im Prinzip seit dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem ABM-Vertrag 2001, um das Raketenabwehrsystem aufzubauen. Russland sieht dadurch und durch die Stationierung des Raketenabwehrsystems in Osteuropa das Gleichgewicht gestört und wirft letztlich den USA vor, ebenfalls das INF-Abkommen mit den Abfang-Raketen des Raketenabwehrsystems zu verletzen. Russland hat dann damit begonnen, Raketen zu entwickeln, die das Abwehrschild austricksen können. 2007 wurde bekannt, dass eine Langstreckenrakete zu diesem Zweck weiter entwickelt wurde und Russland diese auf eine Entfernung unter 5.500 km getestet habe. Richtig hochgekocht wurde der Streit um das INF 2014 mit dem Ukraine-Konflikt.