Das Schweigen der Unterstützer

Bundesjustizminister Heiko Maas, SPD. Foto: Metropolico.org. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Der Fall der Gina-Lisa Lohfink - Teil 2

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Zu Teil 1: Die Sprungrevision verlief erfolglos

Während des Verfahrens wurde Frau Lohfink - ob nun absichtlich oder nicht - zu einer Art Galionsfigur der "Nein heißt Nein"-Kampagne, obgleich ihr Fall dafür nicht taugte. Vielmehr illustrierte er, dass auch bei einem ausgesprochenen "Nein" nicht automatisch klar sein muss, dass sich dieses auf den Geschlechtsverkehr (bzw. diesen in Gänze) beziehen muss.

Während in den Medien gerne nur das berühmte "Nein, hör auf" von Frau Lohfink, das auf dem Handyvideo zu hören war, zitiert wurde, gab es eine Langversion, die der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung stand, die aber doch während des Verfahrens bei Gericht Erwähnung fand. "Nein, hör auf, Mann, ein Foto reicht" wäre aber zitierenswert gewesen, auch um darzustellen, wie die Richterin zu ihrer Einschätzung kam.

Doch stattdessen konzentrierten sich gerade auch die Unterstützer auf das "Nein, hör auf" als sei dies genug. Es wurden, als das Verfahren gegen Frau Lohfink anfing, viele Worte in die Öffentlichkeit gespült, die sich damit befassten, wie hier jemand wegen seines Aussehens verurteilt würde, wie hier die Rechte eines Opfers mit Füßen getreten würden oder aber sich zeigen würde, wie schnell ein Opfer einer Vergewaltigung wegen Falschaussage belangt werden könne, als sei dies eine Art Automatismus.

Seit Frau Lohfink nicht nur verurteilt wurde, sondern auch der Richter bei der Ablehnung der Sprungrevision deutliche Worte fand, finden sich nur wenige Artikel derjenigen, die einst so vehement für Frau Lohfink eintraten. Neben Alice Schwarzer waren es diverse Journalisten und Politiker, die für sie in die Bresche sprangen.

Wir brauchen die Verschärfung des Sexualstrafrechts, damit endlich in Deutschland die sexuelle Selbstbestimmung voraussetzungslos geschützt wird.'Nein heißt nein' muss gelten. Ein 'Hör auf' ist deutlich.

(Manuela Schwesig, Bundesfamilienministerin, SPD)

Der Fall von Gina-Lisa Lohfink führt uns dabei wieder vor Augen, dass dringend das Sexualstrafrecht reformiert werden muss. Ein 'Hör auf' ist ein Nein. Aber noch immer reicht ein Nein nicht aus, um eine Vergewaltigung strafbar zu machen.

(Gesine Agena, Die Grünen)

Der Umgang mit Gina-Lisa Lohfink ist erschreckend. Ein Opfer wird zur Täterin gemacht, öffentlich bloßgestellt, es wird ihr nicht geglaubt. Das nimmt anderen Frauen den Mut, eine Vergewaltigung anzuzeigen.

(Katja Dörner, Die Grünen)

Wir leben in einem Land, wo den Betroffenen aus Köln vermittelt wird, dass sie eine bessere Chance auf etwas Gerechtigkeit hätten, wenn ihnen das Handy geklaut worden wäre. Und wo ein 'Hör auf' von Gina-Lisa Lohfink gleich komplett ignoriert wird—selbst wenn ein Videobeweis existiert—weil unser Sexualstrafrecht ein 'Nein' nicht als Nein akzeptiert, sondern die wehrhafte Verteidigung der sexuellen Selbstbestimmung vorsieht.

(Anne Wiczorek, #Aufschrei, #Ausnahmslos)

Dass all diese Kommentare sich nur auf das "Hör auf" kaprizieren (bzw. den Rest dessen, was im Laufe des Verfahrens zutage trat, ignorieren) ist deutlich zu lesen. Es verwundert daher auch wenig, dass der BGH-Richter Thomas Fischer hier von einer "weitgehend desinformierten Öffentlichkeit" sprach (ein fälschlicherweise Maas zugeschriebenes Zitat wurde entfernt, d. Red.)

Was ebenfalls auffällt, ist, dass es nunmehr nur wenige Kommentare all derer gibt, die zu Solidarität aufriefen oder aber Frau Lohfink (mit) für die "Nein heißt Nein"-Kampagne einspannten. Deutliche Worte seitens Frau Schwesig oder Herrn Maas fehlen - bereits nach dem Urteil des Amtsgerichtes gaben sie sich wortkarg. Heiko Maas ließ noch vermelden, er sei nicht im #TeamGinaLisa gewesen und das Sexualstrafrecht habe sowieso reformiert werden müssen. Zu seinen eindeutigen Bezügen zum Fall Frau Lohfink findet sich nichts. Eine ähnliche Strategie ist seitens Frau Schwesig zu bemerken.