Perfluortenside - Die langen Schatten der Vergangenheit

Eine 3M-Erfindung von 1947: PFOA. Das Ammoniumsalz wird als Tensid verwendet, um fluorierte Monomere während der Emulsions-Polymerisation zu PTFE in Lösung zu halten. Bild: Bernd Schröder

Schleichender Störfall - Redux

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Siehe auch: Industriechemikalien: Perfluortenside kontaminieren die Umwelt

Antihaftbeschichtete Errungenschaften haben ihren Preis

Im Februar 2017 haben die Chemie-Unternehmen DuPont und Chemours einer Zahlung von 670 Millionen US-Dollar zugestimmt. Damit sollen die Klagen von 3.550 Anwohnern Ohios und West Virginias beigelegt werden. Die DuPont-Fabrik in Parkersburg, West Virginia, hatte das Trinkwasser der Gegend mit Perfluoroctansäure (PFOA) kontaminiert und zu Gesundheitsbeschwerden unter den Klägern geführt, die dieses Wasser mitunter jahrzehntelang nichts ahnend zu sich nahmen.

Perfluorierte und polyfluorierte Chemikalien (PFC) mit oberflächenaktiven Eigenschaften werden seit mehr als 60 Jahren produziert. Überall, wo Umweltchemiker heute danach suchen, werden sie fündig. Sie finden die Substanzen im Blut oder den Organen des Atlantischen Lachses und der Forellen des Ontariosees, in Eisbären und in Kegelrobben, in Kormoranen und in Seeadlern. Ob in der Ostsee oder im Mittelmeer, ob in der Arktis oder auf den Midway-Inseln inmitten des Nordpazifiks: PFC sind mittlerweile überall anzutreffen - auch im Menschen.

PFC haben sich im Trinkwasser und in nahezu jedem Winkel der Nahrungskette bis auf weiteres verewigt - weltweit. Sie reichern sich nicht wie die meisten langlebigen organischen Schadstoffe (Persistent Organic Pollutants - POPs) im Fettgewebe, sondern in Muskelgewebe, Niere, Leber und Gallenblase an; außerdem vermögen sie Bindungen mit Proteinen des Blutserums einzugehen.

Zwei Vertreter kamen zu notorischer Berühmtheit: PFOS und PFOA. Perfluoroctansulfonat (PFOS) wurde wegen seines Gefahrenpotentials bereits aus dem Verkehr gezogen und kommt nur noch vereinzelt in Spezialanwendungen zum Einsatz. Bei Perfluoroctansäure (PFOA), der ein ähnliches Schadpotential nachgesagt wird, gestaltete sich die Ausmusterung schwieriger - sie gilt in der Industrie als nur schwer ersetzbar.

DuPont hatte jahrzehntelang große Mengen PFOA mit dem Abwasser der Parkersburg-Fabrik in den Ohio River gepumpt. Ab den 1980er Jahren wurden tausende Tonnen PFOA-haltigen Schlamms auf einer Deponie gelagert, aus der die Chemikalie in den Wasserkreislauf gelangte. Das Trinkwasser von mehr als 100.000 Bewohnern der angrenzenden Gemeinden von Parkersburg, Vienna, Little Hocking und Lubeck wurde kontaminiert.

N-methyl-perfluorooctansulfonamidoethanol (N-MeFOSE). Zu den ersten Perfluortensiden auf dem Markt zählten Fleckenschutzprodukte von 3M, die auf Perfluoroalkylsulfonamidoethanolen basierten. Ein Abbauprodukte: PFOS. Bild: Bernd Schröder