Aufrüstung: Bundeswehr soll um 20.000 Soldaten vergrößert werden

Panzerhaubitze 2000. Bild: Ralf Dillenburger/CC BY-SA-30

Der Druck aus den USA wirkt, Interessengruppen wie der IISS sehen die technische Überlegenheit des Westens und damit die "militärischen Optionen" schwinden

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Die neue US-Regierung übt Druck auf die Nato-Staaten aus, mehr Geld in die Verteidigung zu investieren. Die Sorge scheint tief zu gehen, da selbst Finanzminister Wolfgang Schäuble zunächst eine Steigerung in Aussicht stellte und nun Verteidigungsministerin von der Leyen den Plan vorlegte, dass die Zahl der Soldaten bis 2024 auf 198.000 erhöht werden soll. Bis dahin soll auch das Bundeswehrbudget auf 2 Prozent erhöht worden sein. Das könnte allerdings der Trump-Regierung viel zu langsam sein, zumal die Erhöhung von einer neuen Bundesregierung vorgenommen werden muss, jetzt kann viel geredet werden.

Schon jetzt hat die Bundeswehr allerdings Probleme, hinreichend viele neue Soldaten und Soldatinnen für das zu finden, "was wirklich zählt". Bis Ende 2016 war anvisiert worden, die Zahl der der Zeit- und Berufssoldaten auf 170.000 zu erhöhen, was trotz neuer Personalstrategie und Werbung nicht gelungen ist. Allerdings gab es optimistische Meldungen aus dem Verteidigungsministerium (Bundeswehr meldet größeres Interesse und mehr Einstellungen 2016). Zunächst sollte die Bundeswehr bis 2023 um 7000 auf 177000 und die Zahl der zivilen Dienststellen um 4.400 steigen. Jetzt schon kämpft man darum, die Rekrutierungsbasis durch Senkung der Ansprüche oder Einbeziehung neuer Gruppen zu erweitern, weil nicht genügend junge Leute nachkommen und die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt groß ist. OB die Attraktivität mit der angekündigten Ausweitung der Einsätze im Ausland zunimmt, dürfte fraglich sein, zumindest so lange die Wirtschaft in Deutschland gut läuft.

Ursula von der Leyen muss allerdings genau mit solchen Aussichten die Erhöhung begründen: "Die Bundeswehr ist gefordert wie selten zuvor. Etwa im Kampf gegen den IS-Terror, bei der Stabilisierung Malis, der anhaltenden Unterstützung Afghanistans, gegen den Menschenschmuggel im Mittelmeer und in der Ägäis, oder mit unserer erheblichen Präsenz für die NATO im Baltikum. Die Analysen des Weißbuchs 2016 legen nahe, dass das Anforderungsprofil an die Truppe eher noch breiter wird, zum Beispiel zur Abwehr von Gefahren aus dem Cyberraum. Dafür brauchen wir ausreichend qualifiziertes Personal. Wir setzen alles daran, hohle Strukturen, auch beim Material, aufzufüllen. " Sollten künftige deutsche Regierungen an dem Plan festhalten und diesen umsetzen, dann dürfte auch bald innerhalb Europas die Frage entstehen, ob die Nachbarländer ein derart militärisch starkes Deutschland wollen, das in der EU nicht nur wirtschaftlich und politisch wie derzeit, sondern auch verteidigungs- und sicherheitspolitisch seine Interessen durchsetzen wird.

"Wachsende Verbreitung von Letalität"

Nach einem Bericht des International Institute for Strategic Studies (IISS) über das militärische Gleichgewicht gehört allerdings Deutschland mit seinem Verteidigungsausgaben von derzeit etwas mehr als einem Prozent des BIP und dem maroden Material zu den Staaten, die am meisten Geld für das Militär ausgeben. Immerhin liegt es mit 38,3 Milliarden US-Dollar Verteidigungsbudget weltweit an neunter Stelle hinter Großbritannien und Frankreich in Europa. Die USA, deren Rüstungshaushalt Donald Trump weiter anheben will, liegen mit 604 Milliarden an erster Stelle, fast so viel wie die Ausgaben der nächsten 15 Staaten mit den größten Militärausgeben, darunter China (145 Milliarden US-Dollar), Russland (58,9 Milliarden), Saudi-Arabien (56,9 Milliarden), das an vierter Stelle steht, Indien und Japan.

Wie schon im Waffenhandelsbericht von SIPRI deutlich wurde (Das Waffengeschäft brummt weltweit), findet in Asien derzeit eine Aufrüstungswelle statt. Während die globalen Militärausgaben 2016 um 0,4 Prozent sanken, stiegen sie in Asien um 5-6 Prozent. Asien hat damit Europa bei den Militärausgaben überholt. Erwartet wird, dass China bis 2030-2040 so viel für das Militär ausgeben wird wie die USA, die aber unbedingt seit langem die weltweit überlegene Militärmacht bleiben wollen. Was man bislang von Trump gehört hat, wird er dies auch verfolgen und daher weiter Geld in das Militär stecken, um die Personalstärke zu erhöhen und die technische Überlegenheit auch beim Atomwaffenarsenal zu sichern.

Russland bleibe für Ost- und Nordeuropa das größte Sicherheitsproblem. Das Militär habe von der Produktion neuer Waffen profitiert, die Streitkräfte würden auch in traditionellen Kapazitäten wie bei Panzern, elektronischer Kriegsführung oder Raketen stark bleiben. Einige Raketen- und Artilleriesysteme würden auch die amerikanischen Kapazitäten übertreffen, verwiesen wird auf die Iskander-Boden-Boden-Raketen. Dabei wird eingeräumt, dass die Militärausgaben Russlands 2016 gesunken seien.

Der Bericht warnt, dass die militärtechnische Überlegenheit des Westens zunehmend in Frage gestellt würde. In manchen Bereichen wie in der Luft und bei Präzisionsraketen habe China schon fast mit den USA und dem Westen gleichgezogen. Das Land baue seine Marine schnell aus und steige zunehmend in den Export moderner Waffensysteme wie Drohnen ein.

Weltweit würden sich "fortgeschrittene militärische Kapazitäten" ausbreiten, zudem gebe es eine "wachsende Verbreitung von Letalität", also an Waffen mit großer Zerstörungskraft. Die zunehmende Perfektion dieser Systeme gefährden, so heißt es, die "militärischen Optionen der westlichen Staaten", will also heißen, dass die Zeit, in der man schnell mal militärisch intervenieren oder militärisch Druck ausüben konnte, bald vorübergehen könnte. Die westlichen Militärsysteme würden immer komplexer und teurer werden, weswegen es weniger würden, was auch die militärischen Handlungsmöglichkeiten einschränke.

Kritisiert wird Europa, weil hier zwar ein wenig die Verteidigungsausgaben erhöht wurden, aber nach IISS bei weitem nicht genug. Auch das 2-Prozent-Ziel sei zu wenig und unsinnig, in manchen Ländern würde auch 1 Prozent reichen, in anderen 3 Prozent nicht. Wichtig sei vor allem, mehr Geld für neue Waffentechnik auszugeben, das wird die Rüstungsindustrie freuen.