China warnt vor Installation des THAAD-Raketenabwehrsystems in Südkorea

Mobile-THAAD-Abschussrampe. Bild: DoD

Die konservative Regierung in Südkorea und das Pentagon wollen wegen möglicher Neuwahlen die Verlegung schnell durchführen, seit gestern gibt es einen Standort

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zwischen China und den USA bahnt sich der nächste Konflikt an (China zieht rote Linie für einen Krieg mit den USA). Wie schon in der Konfrontation mit Russland, als George W. Bush nach dem einseitigen Ausstieg aus dem ABM-Vertrag beschlossen hatte, in Osteuropa angeblich wegen Nordkorea und Iran das Raketenabwehrschild NMD zu installieren, löste die Entscheidung im Sommer des vergangenen Jahres, das Raketenabwehrsystem THAAD in Südkorea zu installieren, von Chinas Seite heftige Proteste aus. Das Raketenabwehrsystem Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) hat eine Reichweite bis zu 200 km und soll ballistische Raketen mit einer Abfangrakete (Kinetic Kill Vehicle) stoppen.

Schon die Installation des Raketenabwehrschilds in Japan, das Abe nun ausbauen will, führte 2014 zu scharfer Kritik. Der Vorwurf lautete, dass die USA das strategische Gleichgewicht damit untergraben würde. Noch vor Amtsantritt von Donald Trump hatten Russland und China mit Gegenmaßnahmen gedroht, wenn das System in Südkorea stationiert werden sollte, um das strategische Gleichgewicht in der Region zu sichern. China und Russland geht es weniger um die Abfangraketen, sondern um die Radarstationen, mit denen das US-Militär weit nach Russland und China hinein Flugzeuge und Raketenstarts beobachten kann. Das AN/TPY-2-Radarsystem hat eine Reichweite bis 1000 km.

Das bedeutet dann wohl, dass alle Seiten weiter aufrüsten, Nordkorea inklusive. Das Regime hat bereits angekündigt, eine Langstreckenrakete in diesem Jahr zu testen. Um Südkorea zu erreichen, benötigt das nordkoreanische Regime zwar keine Langstreckenraketen, aber Südkorea nahm dies zum Anlass, unter das amerikanische Raketenschild zu schlüpfen, mit dem die USA die Länder durch Abschreckung schützen, diese aber sicherheitspolitisch und militärisch auch stärker an sich binden.

Ein N/TPY-2-Radarsystem. Bild: DoD

Nach Global Times haben chinesische Militärs erklärt, China sei in der Lage, das THAAD-System entweder zu zerstören oder es "blind" zu machen. Peng Guangqian, ein Militärstratege der chinesischen Armee, sagte, die Haupbedrohung sei das X-Band-Radarsystem, das die nukleare Abschreckung Chinas gefährde. In Friedenszeiten werde man keinen Angriff starten, aber es gebe verschiedene Mittel, es im Falle eines Krieges auszuschalten. Man könne es aber auch in Friedenszeiten "leicht" mit einer Laser- oder Strahlenwaffe blind machen. Überdies könne man es durch elektronische Interferenz oder vorgetäuschte militärische Aktivitäten nutzlos machen. Dabei könne man auch von Russland lernen. Und da Russland nun von beiden Seiten bedroht sei, wäre es gut, beide Länder hier kooperieren. Das haben sie gerade auch demonstriert und gemeinsam im UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen Syrien abgelehnt, die von Frankreich, Großbritannien und den USA eingebracht worden waren.

Wie südkoreanische Medien berichten, ist nun alles bereit, da nach längeren Verhandlungen ein Stützpunkt gefunden wurde. Es handelt sich um einen Golfplatz des Konzerns Lotte Group, der erst gezögert hatte, auf den Deal einzugehen, weil er vermutlich zu Recht Geschäftsinteressen in China bedroht sieht: Für den Golfplatz in der Provinz Gyeongsang mit einer Fläche von 1,5 Quadratkilometer erhält Lotte ein Stück Land vom Militär in Namyangju, in der Provimz Gyeonggi. Obgleich mit 67.000 Quadratmeter deutlich kleiner, würde der Wert dem des Golfplatzes gleichkommen. Noch in diesem Jahr soll das THAAD vollständig nach Südkorea verlegt sein, so das südkoreanische Militär.

Die südkoreanische Lotte Group, es gibt auch einen japanischen Zweig, rechnet mit wirtschaftlichen Gegenschlägen aus China. So haben bereits Verbraucherverbände zum Boykott aufgerufen. Lotte hat fast 8 Milliarden US-Dollar in China investiert und betreibt dort 120 Niederlassungen mit über 20.000 chinesischen Beschäftigten. Die chinesische Regierung hat bereits den Bau eines Themenparks verhindert und Steuererleichterungen gestrichen, allerdings warnte jetzt das Außenministerium nur unbestimmt vor den Folgen, sagte aber nichts direkt zu Lotte Selbst südkoreanische Unternehmerverbände fragen sich, warum Lotte so schnell den Deal eingegangen ist. Man kann annehmen, dass hier starker Druck vorhanden war. Das Unternehmen steht in Verdacht, schwarze Kassen und Bestechung betrieben zu haben.

Offenbar ist höchste Eile angesagt, nachdem damit zu rechnen ist, dass wegen der Korruptionsvorwürfe gegen die Präsidentin Park Geun-hye das Verfassungsgericht das Amtsenthebungsverfahren (impeachment) aufrechterhalten wird, weswegen bald mit Neuwahlen zu rechnen ist. Daher wollen Südkorea und die USA das System spätestens bis Ende Mai verlegt und damit Fakten für eine etwaige neue Regierung geschaffen haben.

Nicht nur China (und Russland) missfällt die Einrichtung des amerikanischen Raketenabwehrsystems, auch die Bewohner der Gegend sind nicht erbaut und befürchten Folgen für die Gesundheit und die Umwelt. Sie drohen mit weiteren Protesten und rechtlichen Schritten. Ein Juristenverband hat bereits Klage eingereicht, weil rechtliche Schritte für dieses Militärprojekt nicht eingehalten worden seien. Nach einer Umfrage aus dem Dezember lehnen 51 Prozent der Südkoreaner die Stationierung ab, nur 34 Prozent befürworten sie. Moon Jae-in, der Präsidentschaftskandidat der oppositionellen Vereinten Demokratischen Partei, der bei einer Wahl gute Gewinnchancen hat, fordert, dass erst das Parlament über die Stationierung entscheiden müsse. Andere Oppositionspolitiker lehnen die Stationierung ab, weil dies nicht nur wirtschaftliche Folgen habe könne, sondern China oder Nordkorea auch militärisch reagieren könnten.