Rückschlag für französische Atom-Endlagerpläne

Erneut hat ein französisches Gericht dem Projekt in Lothringen die Grundlage entzogen

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Das "Tribunal de Grande Instance" in der lothringischen Gemeinde Bar-le-Duc hatte schon im vergangenen Sommer die Arbeiten der französischen Atommüllbehörde Andra in der der Nähe des kleinen Dorfes Bure gestoppt, wo die Andra den gesamten hochradioaktiven Atommüll aus Jahrzehnten der Stromproduktion vergraben will. Das Gericht hatte dem Eilantrag von Bürgern auf Mandres-en-Barrois stattgeben und der Andra 6 Monate eingeräumt, um nachträglich eine Genehmigung für die Rodung des Waldes zu erhalten.

Und nun hat das Verwaltungsgericht in Nancy nachgelegt. Es hat am Dienstag die zweifelhafte Gemeinderatssitzung wegen zahlreichen Formfehlern für ungültig erklärt, mit der unter höchst merkwürdigen Bedingungen der "Bois Lejuc" (Lejuc-Wald) der Gemeinde Mandres-en-Barrois der Andra zugeschlagen wurde. Damit wurde das Zentrum geologisches Tiefenlager (Cigeo) auf Eis gelegt.

Telepolis hatte beschrieben, wie mit undemokratischen Mitteln in Frankreich von der Regierung versucht wird, mit allen Tricks den Bau des Endlagers durchzudrücken. Dazu gehörte eben auch die skandalöse Gemeinderatssitzung vom 2. Juli 2015, die nach mehreren vergeblichen Anläufen um 6 Uhr in geheimer Abstimmung unter Polizeischutz durchgezogen wurde. Damit sollte die Gemeinde ihren Wald, der seit 200 Jahre in ihrem Besitz ist, mit der Andra gegen andere Gelände tauschen. Dabei hatten sich zwei Jahre zuvor die Dorfbewohner mehrheitlich in einer Abstimmung dagegen ausgesprochen.

Die Besetzer im Wald können aufatmen, die derweil auch die "Schandmauer" wieder entsorgt haben, die zwischenzeitlich um einen Wald gezogen wurde, der der Andra nicht gehört und für dessen Rodung sie keine Genehmigung hatte. Wie die Kletteraktivistin Cécile Lecomte in ihrem Eichhörnchen-Blog erklärt, wurde zwischenzeitlich erneut mehrfach versucht, mit den Bauarbeiten fortzufahren.

Die Andra, die das Cigeo-Projekt vorantreiben will, hatte auch auf einen Räumungstitel geklagt, um die Besetzer loszuwerden. Auch dabei erreichten die Gegner gerade schon einen Teilsieg, denn die Entscheidung in Bar-le-Duc war mit Blick auf die Verwaltungsgerichtsentscheidung "zur Überraschung vieler Anwesenden" auf April vertagt worden. "Das nun gesprochene Urteil dürfte Auswirkungen auf die Räumungsklage haben", meinte Lecomte.

Definitiv ist natürlich in der Frage noch nichts entschieden, da sich auch die Verwaltungsrichter nicht trauen, das Messer an die Achillesferse der französischen Endlagerträume und damit an die Renaissance der Atomträume zu setzen.

Der Gemeinderat hat nun eine viermonatige Frist erhalten, um die Formfehler zu beseitigen und einen neuen Beschluss zu dem Tausch der 220 Hektar Wald herbeizuführen. Es ist erstaunlich, dass Andra erklärt, an einer neuen geheimen Abstimmung gäbe es nichts auszusetzen. Denn nur darüber könnte sie es erneut schaffen, dass die Gemeinderäte gegen den klaren Willen ihrer Bevölkerung stimmen. Gegen die Ansicht der Andra heißt es im Urteil zur Annullierung klar, dass es zu einer "Abweichung von der allgemeinen Regel einer öffentlichen Abstimmung" kam, womit die "Öffentlichkeit daran gehindert wurde zu erfahren, wie die jeweiligen Ratsmitglieder abstimmten".

Die Freude ist bei den Atomkraftgegnern ist jedenfalls groß über den neuen Etappensieg und die Tatsache, dass der Wald nun wieder der Gemeinde gehört. Das Netzwerk für den Atomausstieg "Sortir du nucléaire" hat erklärt, dass "Andra keine Berechtigung mehr hat, Aktivisten aus dem Wald zu verjagen und die Bauarbeiten voranzutreiben". Sie fordern die Andra und die Regierung auf, das gefährliche Projekt definitiv abzublasen.

Angesichts der verschiedenen juristischen Auseinandersetzungen und negativen Urteile ist der Zeitplan kaum mehr einzuhalten. Bereits im kommenden Jahr will die Andra einen Antrag auf Betriebserlaubnis einreichen. 2020 soll mit dem Bau begonnen und der erste Atommüll nach bisherigen Planungen schon 2025 eingelagert werden.