Trumps Mauer, Zement und IS: Politische Moral und Geschäft

Zementsäcke von Lafarge. Foto: StaraBlazkova / CC BY-SA 3.0

Der Zementriese LafargeHolcim bewirbt sich für lukrative Aufträge, der französische Außenminister appelliert an die Verantwortlichkeit des Konzerns. Im Hintergrund schwärt ein Skandal um frühere Zahlungen an den IS

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Trump macht es möglich. Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault entdeckt die Moral. Er fordert den Zementriesen LafargeHolcim zum Nachdenken auf. Es sei unbedingt notwendig, dass das Unternehmen über seine eigenen wirtschaftlichen Interessen sehr genau nachdenke, belehrte Ayrault den französisch-schweizerischen Konzern in einem Gespräch mit dem Sender Franceinfo: Unternehmen hätten auch eine soziale und wirtschaftliche Verantwortung.

Der frühere Premierminister unter Hollande, seit Anfang vergangenen Jahres für die Außenpolitik zuständig, machte keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen den neuen US-Präsidenten und er wurde auch gegenüber LafargeHolcim deutlich: "Ich verurteile die Methoden von Herrn Trump, und was Lafarge betrifft, so appelliere ich an seine Verantwortlichkeit." Andere Kunden weltweit würden Larfages Geschäftsansinnen mit Verblüffung zur Kenntnis nehmen.

Auffällig ist, dass der gelernte Philologe den Konzern nur bei seinem französischen Namen ansprach. Der Zement-und Betonhersteller fusionierte 2014 mit dem Schweizer Baustoffhersteller Holcim und wird seither meist mit dem Doppelnamen LafargeHolcim erwähnt. Seinen Hauptsitz hat der weltgrößte Baustoffhersteller in der Schweiz. Herauszuhören ist auch eine subtile Drohung in den Anmerkungen Ayraults, welche auf die Konzernkunden abzielt.

1.000 Milliarden Dollar Gesamtvolumen für US-Infrastrukturprojekte

Anlass für die Einlassungen des französischen Außenministers ist die Reaktion des Konzerns auf Trumps geplanten Mauerbau an der US-mexikanischen Grenze und das gigantische Infrastrukturprogramm, das der neue Präsident ankündigte.

Der Konzernleiter Eric Olsen sieht darin die Gelegenheit, sich für lukrative Aufträge zu bewerben. Der Konzern sei bereit dafür, alle notwendigen Materialen für alle Infrastrukturprojekte zu liefern, erklärte Olsen, mit dem Hinweis, dass man auch in den USA Produktionsstätten habe und überdies dort der größte Zementhersteller sei. Man habe dort Niederlassungen, um den Aufbau und die Entwicklung des Landes zu unterstützen. Man sei "keine politische Organisation".

Von 1.000 Milliarden Dollar Gesamtvolumen für die Infrastrukturprojekte, Straßen, Tunnels, Brücken, Flughäfen und eben der umstrittenen Grenzmauer, berichtet der Figaro und fügt hinzu, dass LafargeHolcim Produktionsstätten in Texas habe, laufende Geschäftsoperationen in New Mexico und in Arizona. Im Bau seien Fabriken in Maryland und Oklahoma, dazu würden "Kapazitäten" in den Staaten New York und Missouri erweitert. LafargeHolcim habe gute Chancen gegenüber dem mexikanischen Konkurrenten Cemex.

Was bei Jean-Marc Ayraults moralischem Zeigefinger im Hintergrund mitspielt, ist eine "syrische Affäre", die den französischen Konzernteil betrifft. Der Vorwurf gegen Lafarge: Das Unternehmen habe in den Jahren 2013 bis 2014, also vor der Fusion mit dem Schweizer Baustoffhersteller, dschihadistische Milizen, insbesondere den IS, in Syrien über Tributzahlungen finanziert und sich darüber hinaus auf Öl-Geschäfte mit den Dschihadisten eingelassen.

Syrien: Arrangements der Zementhersteller mit Milizen

Der Fall ist für Interessierte bei Mediapart (auch in englischer Sprache) gut dokumentiert. Le Monde veröffentlichte im November des letzten Jahres einen ausführlichen Bericht dazu. Bei Bloomberg ist die Sichtweise des früheren und damals verantwortlichen Sicherheitsmanagers Jacob Waerness nachzulesen. Demnach wollte Lafarge seine Zementfabrik in Jalabija, im Nordosten von Aleppo, etwa 150 Kilometer davon entfernt, mit Ausbruch des Bürgerkriegs nicht stilllegen, wie dies andere Unternehmen unter diesen Umständen taten.

Man habe 680 Millionen US-Dollar investiert und wollte die Produktion nicht aufgeben, so Waerness. Da der IS immer größere Gebiete eroberte, bis seine Milizen, wie es der Bloomberg-Bericht formuliert, "vor den Fabriktoren standen", ließ sich die Firma auf Händel ein, die in der Kritik stehen. Waerness macht Andeutungen, dass man Geld für gekidnappte Angestellte zahlte, des Weiteren wurden "lokalen Kämpfern" ungenannte Summen bezahlt, um die Versorgung der Fabrik und die Anfahrt der Mitarbeiter sicherzustellen.

Laut Le Monde kam es in den Jahren 2013 bis 2014 zu Zahlungen an den IS für Ölverkäufe und für Zwischenhändler, auch wurden Wegezölle für Angestellte entrichtet. Die Geschichte ist in interessanten Details und Zusammenhängen - zumindest öffentlich - nicht wirklich durchsichtig. Im Hintergrund werden auch obskure Personen erwähnt wie der schwerreiche Geschäftsmann FirasTlass, der ein Partner von Lafarge Cement Syria (LCS) war.