Anschläge in Damaskus: Al-Qaida in Syrien auf der Verliererstrecke mit brutaler Gegenwehr

Anschlag auf das Restaurant in Damaskus. Bild: Sana

Die Dschihadisten demonstrieren, dass sie ein gefährlicher Gegner für die Regierung Baschar al-Assad bleiben, obwohl ihre Unterstützung nachlässt

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Selbstmordanschläge sind eine brutale Waffe. Selbst darauf eingestellte und ausgebildete und trainierte Militärs, von denen man annimmt, dass sie mit ihrer Erfahrung besser schützen als Sicherheitspersonal, das in europäischen Ländern eingesetzt wird, sind dagegen nicht vollständig gewappnet.

Das zeigte sich heute in Mosul, wo eine solche Explosion einen irakischer Konvoi traf - und von den irakischen Spezialtruppen heißt es, dass sie wirkungsvolle Taktiken dagegen gefunden hätten - und es zeigte sich in Damaskus, wo man großes Vertrauen in die Absicherung setzte.

Täter sind aufgefallen, aber nicht aufzuhalten

Am vergangenen Wochenende kamen bei einem Anschlag auf schiitische Pilger in Damaskus mindestens 75 Menschen ums Leben. Heute wurden zwei Anschläge aus der syrischen Hauptstadt gemeldet. Einer erfolgte auf den alten Justizpalast in der Nähe des bekannten Souks al-Hamidija in der Altstadt und der zweite auf ein Restaurant im Viertel al-Rabweh im neuen Damaskus, wie die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtet.

Laut Polizei-Angaben soll sich der Terrorist in Militäruniform am Justizpalast mit einem Sprenggürtel in die Luft gesprengt haben, nachdem er sich von Sicherheitskräften, denen er aufgefallen war und die ihm eine Waffe abnahmen, losreißen konnte und in eine Menge Wartender gelaufen war.

Über die Vorgehensweise des zweiten Attentäters in dem Restaurant berichtet, außer dass auch er - sowie zwei Begleiter - zuvor Sicherheitskräften aufgefallen und von ihnen verfolgt worden war. Dem Attentäter gelang es, ins Restaurant einzudringen, die beiden anderen mutmaßlichen Terroristen wurden gefasst.

Zur Zahl der Opfer gibt es noch keine verlässlichen Angaben. Die Nachrichtenagentur Sana machte in ihrem englisch-sprachigen Bericht bis Mittwochabend gar keine Zahlenangaben dazu. Al-Jazeera berichtet mit Berufung auf die arabische Berichterstattung von Sana von 31 Toten beim Anschlag auf den Justizpalast. Zu den Opfern beim Anschlag im Restaurant findet sich keine Zahl.

Die FAZ berichtet - ebenfalls mit Berufung auf Sana - von 39 Toten beim Anschlag auf den Justizpalast. Beim zweiten Anschlag habe es zahlreiche Opfer gegeben.

Für den Selbstmordanschlag auf die Wartenden und Passanten beim Justizpalast in der Altstadt hat laut Berichten die al-Qaida-Milizen-Allianz Hay'at Tahrir al-Sham die Verantwortung übernommen. Sollte sie es auch für den zweiten Anschlag tun, wäre dies keine Überraschung. Auch der Anschlag auf die schiitischen Pilger am Wochenende ging auf das Konto der Allianz unter Führung des al-Nusra-Chefs Abu Mohamad al-Joulani.

"Wir können empfindlich zuschlagen"

Über die Botschaft der Anschläge in der syrischen Hauptstadt muss man nicht lange spekulieren. Die Dschihadisten wollen zeigen, dass sie weiter ein gefährlicher Gegner sind, mit dem zu rechnen ist, der sogar im abgesicherten Zentrum nach eigenem Belieben zuschlagen kann. Der heutige Donnerstag wurde in vielen Berichten als sechster Jahrestag des Beginns der "syrischen Revolution" herausgestellt. Große Aufmerksamkeit war sicher.

Die al-Qaida-Milizen haben bis vor kurzem gut geschafft, ihren syrischen Dschihad als syrische Revolution zu verkaufen. Erst allmählich wurde in den westlichen Berichten der Erkenntnis Raum gegeben, dass der lange Zeit als "Rebellion" etikettierte Umsturzversuch mit kriegerischen Mitteln völlig von den Dschihadisten gekapert worden war - mit unterschiedlichen Graden an Hilfe und Unterstützung der Golfstaaten, der Türkei, Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands und der USA.

Die Frage ist längst nicht mehr, ob die "Revolution" von den Dschihadisten gekapert wurde, sondern ab wann die Regionalmächte und ihre Partner mit welchen Mitteln dieser Entwicklung nachgeholfen haben.