Türkei oder die Psychopathologisierung der Politik

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Gaskammern, Nazi-Methoden, Unterstützung des Putsches und der Terroristen: Türkische Regierung im Rausch

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Es hat schon fast psychopathologische Züge, was von türkischen AKP-Politikern derzeit aufgeführt wird, um Stimmung für das Referendum zu machen. Das soll offenbar durch das Schüren von nationalistischen Gefühlen und ein Bashing gegen Europa und vor allem Deutschland gefördert werden, wo die meisten Türken leben, die ihre Stimme für den Machtausbau von Erdogan abgeben sollen.

Welche Überlegungen den BND-Chef Bruno Kahl geleitet haben, um der Gülen-Bewegung einen Persilschein auszustellen, nicht am gescheiterten Putsch beteiligt gewesen zu sein, kam bei dem Gespräch mit dem Spiegel nicht heraus. Dass die Beweise für eine Verantwortung fehlen, hat bislang auch die USA dadurch belegt, dass sie bislang nicht daran denkt, wie gefordert Gülen an die Türkei auszuliefern. "Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht", so Kahl, "uns davon zu überzeugen. Das ist ihr aber bislang nicht gelungen."

Kahl behauptet nicht, dass die türkische Regierung selbst den Putsch inszeniert hat. Er sei, wovon mittlerweile ausgegangen wird, von Militärs überhastet ausgeführt worden, die wussten, dass Massenentlassungen geplant waren, denen sie zuvorkommen wollten. Aber der Putsch sei "wohl nur ein willkommener Vorwand" gewesen, die sowieso geplanten Massenentlassungen, man kann auch von Säuberungen sprechen, noch umfassender, schneller und problemloser durchziehen zu können.

Kahl wird klar gewesen sein, dass dies allein schon die türkische Regierung zu wütenden Attacken herausfordern wird. Aber dann erklärte er den ehemaligen islamistischen Gefährten von Erdogan, mit dem zusammen bis zum Streit das Projekt der Umwandlung der Türkei in einen islamischen Staat vorangetrieben wurde, zu einer ebenso harmlosen Gestalt, während seine Organisation eine "zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung" sein soll. Das sagte er gegenüber den Vorwürfen der türkischen Regierung, die die Gülen-Bewegung nur noch als Terrorgruppe FETÖ - auch "Gülenisten-Terrorkult" genannt - bezeichnet.

Natürlich sprang der türkische Verteidigungsminister Fikri Işık auf die Provokation in der gewohnten Pawlowschen Reaktion an und erklärte diesen für "blind oder taub". Als dritte Option unterstellt er dem deutschen Geheimdienstchef, dass er die Schuldigen verbergen will: "Das ist nicht erklärlich. Das lässt Fragen aufkommen. Haben Sie mit ihnen zusammengearbeitet? Welche Rolle haben Sie gespielt?"

Da die türkische Regierung nur Freund oder Feind bzw. Terrorist kennt, versucht sie den türkischen Bürgern einzureden, dass, wer nicht mit ihr ist, nur Sympathisant oder Helfer der Terroristen sein kann. Das sind diejenigen in der Türkei, die das Referendum ablehnen, aber eben auch Regierungen und deren Behörden im Ausland, die nicht machen, was man dekretiert. Daher wird der BND eben auch schnell zum Mitverschwörer der Gülenbewegung erklärt. Der BND hätte sagen müssen, dass er nicht sehen mag, wer hinter dem Putsch steht, aber nicht, dass er es aufgrund der "Beweise" nicht sehen könne. Daraus wird dann gleich der Vorwurf, dass möglicherweise Deutschland auch hinter dem Putsch stehen könnte.

Sein Chef muss natürlich seine Untergebenen noch einmal überbieten. Anders als Donald Trump twittert der türkische Präsident nicht, er macht es gerne auf einem seiner vielen Auftritte, die er liebt, um Emotionen entfachen und als großer Verteidiger des türkischen Volks auftreten zu können. Schon am Freitag hatte er die in Deutschland lebenden Türken aufgefordert, doch nun schnell mindestens 5 Kinder zu zeugen, um durch Masse mehr Einfluss zu erhalten. Er warf Deutschland vor, dass auch die "Gaskammern" wieder gegen die Türken benutzt würden, wenn sie sich das trauen würden.