Von der postfaktischen zur Post-Fake-Wirklichkeit: Medienkrieg zwischen USA und Russland

Russische bzw. amerikanische Medien sollen auf Rechtmäßigkeit geprüft werden, der russische Sender will nun auch Fake News bekämpfen

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Was die USA mit den Untersuchungen der Geheimdienstausschüsse können und auch in Europa die Regierungen beschäftigt, kann Moskau auch. Lange beschuldigt, mit seinen Staatsmedien und Hackern nicht nur zu versuchen, die öffentliche Meinung beeinflussen, sondern auch direkt in Wahlen einzugreifen, wird nun versucht, den Spieß umzukehren. Ähnlich wie Donald Trump im Weißen Haus sieht man sich im Kreml auch von Fake News und einseitiger Berichterstattung bedrängt, auch wenn es bei Trump um amerikanische Medien geht und für die russische Regierung um ausländische.

Gerade erst hatte man sich im russischen Außenministerium über die antirussische Berichterstattung beschwert, in der die russisch-syrische Offensive auf Aleppo scharf wegen der zivilen Opfer kritisiert wurde, während die westlichen Medien über die in der Mosul-Offensive durch Artilleriebeschuss und Bombardierung getöteten Zivilisten schweigen würden. Man kritisiert die westlichen Geheimdienste, wenn sie über Cyberaktivitäten der Russen berichten und wie unlängst der britische Geheimdienst davor warnen, dass Russland sich in Wahlen einzumischen versuche.

Die CNN der einen, ist RT für die anderen

Vergangenen Freitag hat die Duma, das russische Unterhaus, beschlossen, einen Vorschlag aufzugreifen, der von Konstantin Zatulin, Abgeordneter der Kreml-Partei Einiges Russland, eingereicht worden war. Er sieht vor, eine Untersuchung der ausländischen Medienorganisationen zu starten, die in Russland tätig sind. Die Untersuchung soll vom Ausschuss für Informationspolitik, Informationstechnologie und Kommunikation vorgenommen werden.

Die Untersuchung richtet sich offenbar ausschließlich gegen US-Medien wie CNN, der namentlich ebenso genannt wird wie die staatlichen Auslandssender Radio Liberty und Voice of America. Überprüft werden soll, ob die Medien nach dem russischen Gesetz tätig sind. Zatulin begreift die Untersuchung als Antwort auf den am Dienstag zuvor von der demokratischen Senatorin Jeanne Shaheen eingebrachten Gesetzesentwurf, der das US-Justizministerium beauftragen würde zu überprüfen, ob RT der America Foreign Agents Registration Act entspricht.

Shaheen erklärte, die US-Geheimdienste hätten den russischen Auslandssender als Propagandamedium der russischen Regierung bezeichnet. "Wir haben gute Gründe zu glauben", so die Senatorin, "das RT News mit der russischen Regierung zusammenarbeitet, um Falschinformationen zu verbreiten und unseren demokratischen Prozess zu untergraben." Die amerikanische Öffentlichkeit habe ein Recht, dies zu erfahren, wobei es der demokratischen Senatorin wohl wesentlich auch darum geht, Donald Trump erneut durch antirussische Aktionen zu schaden und die Aufnahme besserer Beziehungen zu verhindern.

Sie bezieht sich auf den noch unter Obamas Präsidentschaft Ende Januar veröffentlichten Bericht Assessing Russian Activities and Intentions in Recent US Elections der obersten Geheimdienstbehörde DNI, der freilich mangels Beweisen wenig überzeugend war, was die angeblichen Hackerangriffe und die Behauptung betrifft, Putin selbst habe die "Beeinflussungsoperationen" angeordnet, um Clinton zu schaden und Trump zu unterstützen ("Putin-ordered campaign"). Im Bericht ging es vor allem um die russischen Staatssender RT und Sputnik und um deren Propaganda.

Ein Punkt war, dass RT America sich formell von der russischen Regierung getrennt habe, indem die Finanzierung über eine unabhängige, nicht profitorientierte Organisation läuft, um den Foreign Agents Registration Act zu umgehen. Zudem hatte sich der Sender 2008 in RT umgetauft, "um seine russische Herkunft herunterzuspielen". Hier hakt Shaheen mit dem Gesetzesentwurf Foreign Agents Registration Modernization and Enforcement Act ein, nach dem das Justizministerium ausländische Verbindungen und Finanzierungsquellen nachprüfen kann.