US-Geheimdienste als Bündnispartner im Kampf gegen Trump?

Wie manche in Deutschland und den USA vom Impeachment reden und damit alles andere als mehr Demokratie meinen

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Nicht Faschismus, sondern gnadenloser Lobbyismus herrscht in den USA weiterhin, auch unter der Trump-Ägide. Das zeigte sich am Beispiel der Obamacare. Man muss nun wahrlich kein Trump-Anhänger sein, um dieses Gesetzeswerk, das vor allem ein bürokratisches Monster ist und viele Menschen aus der Gesundheitsversicherung ausschließt, zu kritisieren. Das Gesetz folgte der neoliberalen Wirtschaftspolitik der Obama-Präsidentschaft.

Zahlreiche sozialpolitische Initiativen und auch der linke Flügel der Demokraten gehörten lange zu den Kritikern des Gesetzes. Doch seit dem Wahlsieg von Trump wird die Obama-Ära verklärt, und so scheint es jetzt auch keine Kritiker der neoliberalen Obamacare mehr zu geben. Nun versuchte Trump ein schlechtes Gesetz durch ein noch schlechteres zu ersetzen und verhedderte sich im Lobbyismus.

Zu nennen wären die extrem Konservativen, denen auch die Trump-Reformen noch zu viele sozialpolitische Elemente enthalten. Sie wurden von den Teaparty-Finanziers Gebrüder Koch unterstützt, die sich bereits im Wahlkampf von Trump abgewandt hatten, weil er ihnen zu unberechenbar erschien. Eine andere Republikaner-Fraktion wollte pragmatisch alles beim Alten lassen und das wird es in Sachen Obamacare auch bleiben, wenn sich die zerstrittenen Republikaner nicht zusammenraufen.

Die Grenzen der Macht

Diese Episode zeigte auch die Grenzen der Macht eines populistischen Präsidenten auf, der meinte, jenseits von Institutionen und der Lobby Politik machen zu können. Ein Motiv für die Weigerung relevanter Teile der Republikaner, das Trump-Gesetz abzulehnen, dürfte auch gewesen sein, dem Neuen im Weißen Haus die Grenzen aufzuzeigen. Ein Präsident ohne Hausmacht in der Partei, der keinem der Flügel angehört, hat es schwer, sich durchzusetzen.

Diese Erfahrung musste Trump wie zahlreiche seiner Vorgänger machen. Ob Trump sich nun auf das Spiel der Institutionen und der Lobbys einlässt oder ob er weiter populistisch versucht, sich davon abzusetzen, dürfte auch entscheiden, ob ihm überhaupt 4 Jahre im Amt zugestanden werden.

Denn in den letzten Tagen wurde in offiziellen Medien ganz offen eine Amtsenthebung diskutiert, weil der Präsident den Gesamtinteressen der USA als kapitalistische Weltmacht schaden könnte.

Manche haben noch nicht verwunden, dass die Kandidatin des Establishments nicht gewonnen hat

Ein Beispiel ist das Interview des deutsch-US-amerikanischen Journalisten Don Jordan im Deutschlandfunk. Jordan wird zunächst zum Kampf der Lobbyisten um Obamacare befragt. Doch dabei stellt er diese Auseinandersetzung nicht in den Kontext ähnlicher Auseinandersetzungen der Vorgängerpräsidenten.

Auch Obama hatte oft den Kongress und den Senat gegen sich und dabei nicht alle Demokraten auf seiner Seite. Nur wurde die innerparteiliche Auseinandersetzung überdeckt durch die Republikaner-Mehrheit und ihrer Obstruktionspolitik. Dadurch rückten die Streitereien der Lobbyisten in der Partei des Präsidenten etwas in den Hintergrund.

Da nun die Republikaner die Mehrheit in den Institutionen haben, steht verständlicherweise die innerparteiliche Auseinandersetzung mehr im Fokus. Interessant ist, wie das Deutschlandfunk-Gespräch mit Jordan thematisch vom Kampf um die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus zur Amtsenthebung von Trump wechselt:

Heuer: Don Jordan, wir haben ungefähr 15 Sekunden für Ihre Antwort, aber die Frage möchte ich Ihnen unbedingt noch stellen. Wenn Sie wetten müssten, würden Sie darauf wetten, dass Donald Trump vier Jahre im Weißen Haus bleibt?

Jordan: Nein! Ich würde sogar zehn Euro wetten, dass er nicht mehr da ist, wenn die nächste Wahl ansteht.

Deutschlandfunk

Jordan sagt damit auch ganz eindeutig, dass Trump dann nicht über seine rassistische und sexistische Politik, sondern über die Geheimdienste stürzen würde, weil sie Trump nicht zutrauen, ihre politische Agenda zu verfolgen.

Auch der langjährige US-Korrespondent des Deutschlandfunk, Thilo Kößler, bringt es auf den Punkt: "Es gehe auch um das internationale Ansehen der Vereinigten Staaten. Und deshalb könne es auf den jüngsten Skandal nur eine einzige Antwort geben." Für Kößler ist klar:

Die Rede ist bereits von einem Watergate-Skandal 2.0 - nur dieses Mal unter Beteiligung einer ausländischen Macht, was den Sachverhalt in der Tat in die Nähe des Verrats rücken würde.

Thilo Kößler

Warum gab es die Diskussionen um ein Impeachment nach den Wahlen 2000 nicht?

Kößler und Jordan bringen die Meinung jener US-Elite auf den Punkt, die es in beiden großen Parteien gibt und die für sich definieren, was für sie die US-Interessen sind. Die dürfen nicht durch bürgerlich-demokratische Wahlergebnisse infrage gestellt werden. Denn dass Trumps Wahlsieg nach den geltenden US-Wahlgesetzen korrekt war, stellt niemand infrage. Das sieht eben nicht die Mehrheit der Wählerstimmen, sondern die der Wahlmänner und -frauen vor.

Die Wahl von Trump war in dieser Hinsicht weniger umstritten als die Wahl von Bush Junior im November 2000. Obwohl es ernstzunehmende Hinweise gab, dass nicht Bush, sondern sein Konkurrent Al Gore die Wahlen gewonnen hatte, gab es nie diese Stimmen für ein Impeachment.

Denn, so unterschiedlich die beiden Kandidaten in manchen innenpolitischen Fragen und vor allem in der Umweltpolitik auch waren, sie garantierten beide die sogenannten US-Interessen in den Augen der Eliten. Daher war es für sie nicht so wichtig, ob Bush oder Al Gore Präsident war und die Wählerstimmen waren dann zweitrangig.

Doch manche dieser Eliten, die nie glaubten, dass Trump die Vorwahlen bei den Republikanern gewinnen würde und dann feststellen mussten, dass er auch noch Präsident wurde, hoffen immer noch, sie werden aus ihren ganz persönlichen Albträumen erwachen, indem Trump abgesetzt wird.

Dass dann der ultrakonservative Vizepräsident Mike Pence an seine Stelle rückt, stört sie wenig. Daran wird deutlich, dass es bei diesen Auseinandersetzungen nicht in erster Linie um Inhalte, sondern tatsächlich um die Interessen der USA als kapitalistischer Staat geht.