Bankgewinne durch Steuerflucht

Oxfam hat die Finanzflüsse von 20 europäischen Großbanken untersucht, die angeblich hohe Gewinne in europäischen Steueroasen machen

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Eigentlich ist es nicht mehr verwunderlich, wenn nach den großen Firmen wie Apple, Starbucks, Fiat und anderen, nun auch bekannt wurde, dass die Banken wohl die gleichen Steuerschlupflöcher nutzen, um Gewinne zu machen oder zu maximieren. Auch sie verschieben offenbar zur Steueroptimierung Gewinne im großen Stil in Steueroasen, um Steuern zu umgehen. Das legt jedenfalls eine Untersuchung der Entwicklungsorganisation Oxfam nahe. Luxemburg sticht in Europa besonders hervor, wo der Steuerdumper Jean-Claude Juncker für die Schaffung der Schlupflöcher mitverantwortlich war. So ist kaum verwunderlich, wenn Brüssel nur zaghaft versucht, die Steuerparadies in Europa zu beseitigen.

Die Entwicklungsorganisation hat gemeinsam mit dem von ihr ins Leben gerufene Netzwerk "Fair Finance Guide International" einmal die Finanzflüsse von den 20 größten europäischen Banken unter die Lupe genommen. Die Studie hat den vielsagenden Titel "Opening the vaults" (Die Tresore öffnen) soll aufzeigen, wie "die größten europäischen Banken die Steuerparadiese nutzen".

Der Inhalt hat es in sich, obwohl nur die offiziellen Zahlen der Banken ausgewertet wurden. Dass die Banken ihre Zahlen nicht immer wahrheitsgemäß angeben oder weit auslegen, ist aus den letzten Jahren bekannt, wo es in einigen Ländern sogar Strafverfahren gibt, weil sich angebliche Gewinne bisweilen in Milliardenverluste verwandelt haben und diverse Banken zu Rettungsfällen wurden. Verlassen kann man sich oft auch nicht auf die Zahlen derer, die mit der Prüfung der Bilanzen betraut sind, hat sich auch sehr deutlich gezeigt (Das Geschäft mit Bankenrettungen.

Das sei vorangestellt, weil Oxfam nur Daten ausgewertet hat, die die großen "Banken nach den Transparenzregeln" nun liefern müssen. "Zu der offiziellen länderbezogenen Berichterstattung sind sie nach der Finanzkrise verpflichtet worden", erklärt der Oxfam-Sprecher Nikolai Link gegenüber Telepolis. Aus diesen Daten sei die "diese Studie destilliert" worden, fügt er an. Die europäischen Banken müssen nun über Gewinne und Steuerzahlungen in allen Ländern Auskunft geben, in denen sie aktiv sind (Country-by-Country Reporting).

Allein aus diesen Zahlen kann die Oxfam-Steuerexpertin Ellen Ehmke resümieren, es spräche "sehr viel dafür, dass Europas größte Banken ihre Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit" machen würden. "Steuervermeidung entzieht der EU ebenso wie armen Ländern Geld, das für Bildung, Gesundheit und Infrastruktur dringend benötigt wird", fügt Ehmke an.

Die Steuerparadiese würden von Banken dazu genutzt, um die Zahlung eines guten Teils der eigenen Steuern dort zu vermeiden, wo tatsächlich die Aktivitäten der Bank liegen. Darüber hinaus ermöglichten sie ihren Kunden auch Steuerhinterziehung und -umgehung. Viele dieser Vorgänge sind längst hinlänglich aus den Veröffentlichungen der Panama Papers, den Bahama-Leaks oder auch zum Beispiel aus geleakten Daten bekannt, die der "Robin Hood der Finanzwelt" Hervé Falciani aus der großen HSBC-Bank "gestohlen" hatte.

Oxfam-Studie über die Steuerermeidung von europäischen Großbanken

Bankenparadies Luxemburg mit einem Steuersatz von etwa 0,2%

Anhand der offiziellen Zahlen der Banken arbeitet die Studie heraus, dass allein die 20 größte Banken in Europa 26% ihrer Gewinne in Steueroasen machen. Allerdings würden dort ebenfalls nach eigenen Angaben der Banken nur 12% ihrer Umsätze erzielt und seien nur 7% der Belegschaften zu verorten. Die ausgewiesenen Gewinne in Steueroasen erreichten im Jahr 2015 eine Gesamthöhe von insgesamt 25 Milliarden Euro. Das steht nicht nur für Oxfam in einem "krassen Missverhältnis zu den realen wirtschaftlichen Aktivitäten der Banken in diesen Ländern". Besonders gut kann das an Luxemburg aufgezeigt werden. Allein in dem winzigen EU- und Euroland haben die 20 großen Finanzinstitute 2015 Gewinne im Umfang von 4,9 Milliarden Euro gemacht. Die waren damit sogar höher als die in Großbritannien, Deutschland und Schweden zusammen! Dabei finden sich dort mit London und Frankfurt zwei der größten Finanzplätze.

Man könnte also glauben, dass die britische Barclays, die französische BNP Paribas oder die Deutsche Bank (DB) in Steueroasen sehr viele und lukrative Geschäfte macht oder dass die Banker dort fähiger sind. So müsste die DB schleunigst ihre Mitarbeiter in Frankfurt entlassen und die aus der kleinen Filiale in Luxemburg importieren. Denn die große deutsche Bank, die wegen zahlreichen Skandalen an den Rand des Abgrunds drängt, wies 2015 weltweit Verluste von mehr als sechs Milliarden Euro aus. Dagegen hat sie im gleichen Jahr in Luxemburg mehr als eine Milliarde Gewinn gemacht.

Das Beispiel der britischen Barclays zeigt auf, welche traumhaften Steuersätze dem europäischen Steuerparadiese auch für Banken zu bieten haben. So wies Barclays 2015 in Luxemburg 600 Millionen Euro aus. Allerdings musste die Bank dort praktisch keine Steuern zahlen. Eine Million habe Barcleys abdrücken müssen, womit Oxfam einen Steuersatz von etwa 0,2% errechnet. Davon können die Beschäftigten und Freischaffenden in Europa nur träumen, die meist seit Beginn der Finanzkrise mit ständig steigenden Steuern konfrontiert sind.