Keine soziale Gerechtigkeit ohne faire Energiepolitik

Gastbeitrag von Dr. Hubertus Porschen, Bundesvorsitzender des Wirtschaftsverbands Die Jungen Unternehmer

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Nach allem, was bisher bekannt ist, hat die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz das Thema "soziale Gerechtigkeit" als vermeintliches Gewinnerthema entdeckt. Abgesehen davon, dass man stundenlang darüber philosophieren könnte, was "soziale Gerechtigkeit" ist und wie man diese umsetzt, so ist doch bereits jetzt eine riesige Lücke in der politischen Linie zu erkennen.

Das Thema Energiepolitik wurde bisher sowohl im 10-Punkte-Plan von Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries als auch in den Reden von Martin Schulz komplett ausgeklammert. Dabei handelt es sich doch hier um ein Umverteilungsprogramm, das jährlich mehr als 10 Milliarden Euro von den einkommensschwachen Schichten der Bevölkerung in die oberen umverteilt. Wenn man sich die Gewinner und die Verlierer der Energiewende anschaut, sucht man soziale Gerechtigkeit vergebens. Diejenigen, die die Energiewende schwer belastet sind hauptsächlich Mieter, industrielle Familienunternehmen und damit deren Mitarbeiter.

Wer ist auf der Gewinnerseite? Es sind Hausbesitzer, die es sich leisten können, eine Photovoltaik-Anlage auf ihr Dach zu setzen. Außerdem die vielen Bauern, die kaum noch Landwirtschaft betreiben, sondern ihre Ställe als Unterbau für Solaranlagen nutzen oder Hunderttausende von Euro für die Pacht einnehmen. Private und öffentliche Investoren, die ihr Geld in Erneuerbare stecken, können massive Profite erreichen. Vor einigen Jahren, wurden Eigenkapitalrenditen von 25 Prozent in der Wirtschaft als absolut unmoralisch verteufelt. Im Bereich der Erneuerbaren gibt es mit ausgeklügelten Modellen 100 Prozent Rendite, die durch staatliche Subventionen erreicht werden.

Selbstverständlich müssen wir das Klima schützen. Selbstverständlich ist es auch, dass ein Umbruch im Energiesektor stattfinden muss, dass wir Erneuerbare benötigen und auch dass das Kosten verursacht.

Nicht selbstverständlich ist allerdings, planwirtschaftlich zu verfolgen. So wird zu Gunsten der Wohlhabenden umverteilt. Das bessere Modell ist Wettbewerb und eine soziale Marktwirtschaft, die die gesamte Wirtschaft und auch die sozial schwächeren im Auge hat.

Die SPD, die diese Energiewende maßgeblich in Gang gesetzt hat und stets federführend begleitete, wäre gut beraten, sich dieser Baustelle anzunehmen. Und auch Martin Schulz, der seit Jahren einer der führenden Köpfe der SPD ist, sollte an dieser Stelle einmal sein Versäumnis im Sinne der "sozialen Gerechtigkeit" zugeben und die Weichen in die richtige Richtung stellen.

Zusammenfassend muss man sagen, dass besonders das Erneuerbare Energien Gesetz, kurz EEG, eine der größten Fehlentscheidungen in der heimischen Energiepolitik war. Seit dem Jahr 2000 ist die EEG-Umlage auf das 32-Fache angestiegen. Mittlerweile beträgt sie 23 Milliarden Euro pro Jahr. Die Steuern und Abgaben der Verbraucher belaufen sich auf 34 Milliarden Euro. Der positive Effekt in der Klimapolitik bleibt dagegen aus. Auch dieses Jahr wird Deutschland seine Ziele nicht erreichen - trotz Umverteilungswahnsinn. Die Politik muss sich Fehler in der Energiepolitik eingestehen und die Energiewende neu überdenken!

Wer soziale Gerechtigkeit will, muss endlich den Kostentreiber Energie in den Griff bekommen, statt ein bestimmtes Klientel zu pampern und die Kosten politisch möglichst angemessen zu verteilen.

Eine sozial gerechte Versöhnung von Ökologie und Ökonomie ist möglich. Die richtigen Instrumente, wie der Emissionshandel, sind vorhanden. Wer es ernst meint, mit sozialer Gerechtigkeit im Sinne der sozialen Marktwirtschaft, kommt an der Energiepolitik nicht vorbei. Die SPD muss hier liefern. Die Lücke im Wahlprogramm zur Energiepolitik ist bisher ein sozialpolitischer Offenbarungseid.

Dr. Hubertus Porschen ist ehrenamtlicher Bundesvorsitzender des Wirtschaftsverbands DIE JUNGEN UNTERNEHMER, Gründer und Geschäftsführer der App-Arena GmbH in Köln sowie promovierter Volkswirt. Hubertus Porschen studierte BWL in Marburg und promovierte hier auch in VWL zum Thema "Der akademische Unternehmer". Während des Studiums arbeitete er bereits in mehreren Start-ups, die er teils mitgegründet hat.