OECD: Belastung der Löhne in Deutschland überdurchschnittlich

Eine Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung beklagt insbesondere hohe Belastungen für die Mitte

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Am heutigen Dienstag wurde ausgiebiges Zahlenmaterial für Klagen der Mittelschicht und Wünsche der Arbeitgeber geliefert. Eine OECD-Studie, die Lohnsteuer - und Sozialabgaben der 35 Mitgliedstaaten im Jahr 2016 miteinander vergleicht, ermittelte, dass die Belastung der Löhne in Deutschland bei allen Haushaltstypen über dem OECD-Durchschnitt liegt.

Eine Studie des RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung stellte fest, dass bei Arbeitnehmerhaushalten mit einem Einkommen von 40.000 bis 80.000 Euro mit rund 48 Prozent Höchstwerte erreicht werden. "Die Mitte zahlt", lautet dazu das Fazit des Projektleiters Karl-Heinz Paqué.

Bundesamt für Statistik vergleicht Arbeitskosten in der EU

Auch das Bundesamt für Statistik brachte heute aktuelle Zahlen, die in die Dauer-Debatte über Lohnnebenkosten mithineinspielen. Verglichen wurden zunächst die Arbeitskosten innerhalb der EU im produzierenden Gewerbe und bei den wirtschaftlichen Dienstleistungen.

Beide Branchen zusammengerechnet, zahlten die Arbeitgeber im Jahr 2016 durchschnittlich 33,40 Euro für eine geleistete Arbeitsstunde. Damit lag Deutschland über dem EU-Durchschnitt.

Gemessen am EU-Durchschnitt von 25,70 Euro zahlten deutsche Arbeitgeber 30 % mehr für eine Stunde Arbeit. Im Vergleich beispielsweise zum Nachbarland Frankreich (36,30 Euro) waren es aber knapp 8 % weniger.

Bundesamt für Statistik

Die höchsten Arbeitskosten je geleistete Stunde hatte Dänemark mit 43,40 Euro, die niedrigsten hatte Bulgarien mit 4,40 Euro(!), was eine beträchtliche Schwankungsbreite aufzeigt. Das Fachmagazin Produktion.de hob insbesondere die Arbeitskosten in der Industrie ("produzierendes Gewerbe") heraus.

Dort zeigt sich, dass die Arbeitskosten pro Stunde mit durchschnittlich 38,70 Euro um 47 Prozent teurer sind als im EU-Durchschnitt (26,40 Euro) und um knapp 3 Prozent mehr als in Frankreich (37,60 Euro). Hier lag Deutschland im EU-Vergleich auf Rang vier. Bei den Dienstleistungen liegt liegen die Arbeitskosten pro Stunde dagegen bei 30,50 Euro und 19 Prozent über dem EU-Durchschnitt - und 16 Prozent unter dem Wert für Frankreich.

Lohnnebenkosten in Deutschland unter dem EU-Durchschnitt

Was die Lohnnebenkosten angeht, so liegt Deutschland nach den Berechnungen der Statistiker unter dem EU-Durchschnitt. Der beträgt bei 100 Euro Bruttoverdienst 31 Euro. Deutsche Arbeitgeber zahlen, beide Branchen zusammengerechnet, 28 Euro Lohnnebenkosten. Die höchsten Lohnnebenkosten wurden in Schweden (49 Euro), Frankreich (47 Euro) und Belgien (44 Euro) bezahlt. In Malta wurden mit 9 Euro die niedrigsten bezahlt.

Den Löwenanteil der Lohnnebenkosten stellen die Sozialabgaben, die von Arbeitgebern und von Arbeitnehmern entrichtet werden. So ist es keine Überraschung, dass vonseiten der Arbeitgeber erste Hinweise dazu geäußert werden, bei den Sozialabgaben zu drosseln. Es gebe bei den Sozialversicherungszweigen Handlungsbedarf, äußerte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer angesichts der Zahlen, die die OECD-Abgabenvergleichsstudie lieferte.

OECD: Hohe Abgaben in Deutschland

Dort wird festgestellt, dass ein alleinstehender Durchschnittsverdiener im vergangenen Jahr 49,4 Prozent des Arbeitseinkommens abgeben musste. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 36 Prozent. Deutschland hat damit den zweithöchsten Wert im Vergleich. Nur in Belgien muss der alleinstehende Durchschnittsverdiener mit 54 Prozent noch mehr abgeben.

Als Ursache für die hohen Abgaben nannte die Organisation vor allem die hohen Sozialabgaben für Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Dass es für einen "verheirateten Alleinverdiener mit zwei Kindern" in Deutschland besser aussieht - 34 Prozent Belastung, neunthöchster Wert im Vergleich - liege an den Zuschüsse wie etwa dem Kindergeld und Steuervorteilen.

Entlastungsvorschläge

Heino von Meyer, Leiter des OECD-Büros Berlin, empfiehlt, die Belastung der Arbeitskosten zu schmälern und stattdessen auch "das Kapital, zum Beispiel Grundsteuer oder Immobilien, zur Finanzierung von Sozialabgaben" heranzuziehen.

Hingegen plädiert Karl-Heinz Paqué, der für die obengenannte RWI-Studie mitverantwortlich ist, die feststellt, dass die Belastung durch Steuern und Abgaben "schon bei durchschnittlichen Einkommen über der 45-Prozent-Marke liegt", eine Entlastung, etwa "durch die Reduzierung des Solidaritätszuschlags, den Abbau der kalten Progression oder die Absenkung der Stromsteuer".