Elon Musk will direkten Zugriff auf die Gehirne und verspricht Telepathie

Über Gehirn-Maschine-Schnittstellen sollen Gehirne direkt Gedanken und Bilder kommunizieren, Sprache sei wegen ihrer "unglaublich geringen Datenrate" zu langsam und komprimiert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es scheint, als wäre ein Wettrennen bei den digitalen Oligarchen ausgebrochen, wer als erstes in die Gehirne eindringen kann, um die dort noch eingesperrten Ressourcen auszubeuten. Gerade hatte Facebook angekündigt, eine Gehirn-Computer-Schnittstelle entwickeln zu wollen, damit die Menschen endlich direkt ohne jede andere Schnittstelle schreiben können. Dann könnten aus den angezapften Gehirnen die Gedanken unmittelbar in Facebook einfließen, zum Content werden und die derart von jeder Zurückhaltung befreiten Menschen noch besser gesteuert werden.

Gestern bestätigte mit Elon Musk ein weiterer Milliardär die Gründung des neuen Unternehmens Neualink Corp., mit der er Computer mit den Gehirnen der Menschen so verbinden will, dass diese "einvernehmliche Telepathie" betreiben können. Kehrt so die Idee des "Globalen Gehirns" aus den 1990er Jahren als technisches Projekt zurück? Musk will das Unternehmen ebenso wie Tesla und Space Exploration Technologies selbst leiten.

Bekannt war bereits, dass Neuralink zunächst Elektroden in Gehirne implantieren will, um so Krankheiten zu bekämpfen. Aber das soll nur die Eingangstüre sein, um die Gehirne später an intelligente Maschinen anzuschließen, wie das Wall Street Journal berichtete. Jetzt gab Musk bekannt, er wolle ebenfalls wie Facebook Gehirn-Maschine-Schnittstellen entwickeln, mit denen sich menschliche Sprache ersetzen ließe. Irgendwie scheint bei den IT-Billionären die Vorstellung vorzuherrschen, dass nicht nur lästiges Schreiben bzw. Tippen, sondern auch Sprechen und Hören eine lästige Tätigkeit ist.

Musk stört offenbar vor allem, dass die Sprache ein Flaschenhals ist, der die Bandbreite der vorsprachlichen Gedanken im Kopf zu einer "unglaublich geringen Datenrate" verengt: "Das ist, was Sprache ist, das Gehirn hat einen Kompressionsalgorithmus beim Denken, beim Übertragen von Konzepten, ausgeführt." Es soll also schnell und ungehemmt alles aus dem Gehirn abfließen, um den Datenspeicher von Musk zu füllen. Der gibt sich aber ganz prophetisch und als Heilsbringer, weil doch dann die Menschen eine "ungefilterte direkte Gedankenkommunikation" mit anderen Menschen ausführen könnten.

Wollen wir wirklich von all den unausgegorenen Gedanken und Bildern von anderen Menschen ungefiltert überschwemmt werden? Haben wir nicht schon genug davon auf Facebook, Twitter, YouTube, Flickr und Co., wo ja auch schon daran gearbeitet wird, die Datenfluten zu selektieren und zu regulieren?

Offenbar fragt sich der Billionär überhaupt nicht, ob das wirklich so schön wäre und die Menschen das auch wollen, aber auch wie die rohen Daten der vorsprachlichen Gedanken so umgeformt werden können, dass sie für andere verstehbar wären, es würde also nur eine Form der Sprache durch eine andere ersetzt. Vielleicht denkt Musk aber simpler, wenn er anführt, dass man dann "ein Bild in die Köpfe von anderen Menschen beamen kann, anstatt zu versuchen, das Bild mit Worten zu beschreiben". Das scheint so, als würde er davon ausgehen, dass vorsprachliches Denken in Bildern stattfindet, aber vergisst, dass auch Bilder kein Rohmaterial sind, sondern bereits neuronale Produkte.

Vorerst will er aber an dem Plan festhalten, die Grundlagen für Gehirn-Maschine-Schnittstellen zur Behandlung von schweren Erkrankungen oder Schädigungen zu entwickeln wie Gedächtnisproblemen, Lähmungen, den Folgen von Hirnschlägen oder Tumoren. In vier Jahren will er die Technik auf den Markt bringen, in 8-10 Jahren soll die Technik dann auch für gesunde Menschen vorhanden sein, wenn die klinischen Tests und die Zulassung über die Bühne gegangen sind.

Musk hat wie andere vor Künstlicher Intelligenz gewarnt, die die Menschen überholen könnte. Es geht ihm aber nicht darum, der technischen Entwicklung Grenzen zu setzen, sondern den Menschen erst einmal mit neuen Schnittstellen zu optimieren, indem er für KI anschlussfähig wird.