Tories machen Umfragesprung

Die vier Nationalheiligen des Vereinigten Königreichs: St. Patrick (Irland), St. Andrew (Schottland), St. David (Wales) und St. George (England).

Labour wirbt mit Schutzheiligenfeiertagen und "Soft Brexit"

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Am 8. Juni finden im Vereinigten Königreich Neuwahlen statt (vgl. Neuwahlen in Großbritannien). Premierministerin Theresa May hat sie vorgezogen, weil sie sich eine breitere Unterhausmehrheit für ihre Tories und dadurch mehr Spielraum bei den anstehenden Verhandlungen über einen Austritt aus der EU erhofft. Den aktuellen Umfragen nach könnte dieser Plan aufgehen.

In einer Umfrage für den Mirror haben die Konservativen nach der Neuwahlankündigung von 46 auf 50 Prozent zugelegt und stehen damit so gut da wie seit den 1950er Jahren nicht mehr. Ein Grund dafür ist, dass viele UKIP-Wähler für sie stimmen wollen, damit der Brexit nicht gefährdet wird.

UKIP verliert weiter an Boden

Die Brexit-Partei ist in der Erhebung um weitere zwei Punkte auf jetzt sieben Prozent abgesunken - ihr neues Wahlkampfthema Vollverschleierung scheint bei weitem nicht so viele Briten zu interessieren wie der Austritt aus der EU. Außerdem ist sie seit dem Rücktritt ihres charismatischen Ex-Vorsitzenden Nigel Farage zerstritten. Ihr größtes Rednertalent, Farages indischstämmiger und atheistischer Chefberater Raheem Kassam, der plante, dass UKIP Labour ablöst, zog sich im Herbst aus dem Rennen um die Nachfolge zurück. Seitdem wird sie vom eher mediokren Ex-Tory Paul Nuttall angeführt, dessen Stuhl nach einer massiven Niederlage im Juni wahrscheinlich wackeln wird.

Schottland: SNP verliert

Auch aus Schottland gibt es neue Zahlen wonach der Stimmenanteil der SNP im Vergleich zu 2015 von 50 auf 44 Prozent sinkt, während die Tories ihren von 15 auf 33 Prozent mehr als verdoppeln. Labour stürzt hier von 24 auf 13 Prozent ab, die Liberaldemokraten von acht auf fünf. Damit hätten die Parteien, die gegen eine Unabhängigkeit Schottlands eintreten, eine knappe gemeinsame Mehrheit, was den Ergebnissen der Umfragen zu einem zweiten Unabhängigkeitsreferendum entspricht. Wie sich die schottischen Umfrageergebnisse im britischen Mehrheitswahlrecht in Sitzen niederschlagen ist unklar: Bei der letzten Westminster-Parlamentswahl gewann die SNP mit ihren damals 50 Prozent 56 der 59 Parlamentssitze.

Wales: Tories könnten nach über 80 Jahren wieder stärkste Partei werden

In Wales könnten die Tories einer am Montag veröffentlichten Umfrage nach eine über 80 Jahre andauernde Labour-Vorherrschaft brechen und mit 40 Prozent 21 Sitze gewinnen, während die ehemalige Arbeiterpartei mit 30 Prozent nur auf 15 käme. In Nordirland, wo nur Regionalparteien eine Rolle spielen, wird am 8. Juni zwar das Westminster-Parlament, aber kein neues Regionalparlament gewählt: Nordirlandminister James Brokenshire verlängerte die Frist für eine Regionalregierungsbildung nämlich überraschend nicht bis zu einem Termin vor dem 8., sondern bis zum 29. Juni. Möglicherweise in der Erwartung, dass sich die katholische Sinn Féin eher mit der protestantischen DUP einigt, wenn der von ihr abgelehnte Brexit mit einer festeren Tory-Mehrheit in Westminster unausweichlicher scheint.

Labour verspricht mehr Regionalheiligen-Feiertage und "Soft Brexit"

Labour reagierte auf den 25-Punkte-Rückstand in der neuen Mirror-Umfrage zuerst lediglich mit der Ankündigung, man wolle die Namenstage der Schutzheiligen von England (George), Schottland (Andrew), Irland (Patrick) und Wales (David) jetzt auch zu gesetzlichen Feiertagen machen. Das auf Beobachter in den Medien eher hilflos wirkende Unterfangen soll dem Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn zufolge "unsere vier Nationen einen" und dafür sorgen, dass die Briten "mehr Zeit mit der Familie verbringen".

Danach folgte die Ankündigung, man werde zwar dem Brexit-Referendum folgen, es aber ganz anders ausgestalten als Theresa May: Drei Millionen Angehörigen anderer EU-Mitgliedsländer, die im Vereinigten Königreich leben, soll bereits vor Beginn der Austrittsverhandlungen ein Bleiberecht garantiert werden. Außerdem will man in einem gemeinsamen Binnenmarkt mit den anderen EU-Ländern verbleiben und die bisherigen EU-Vorschriften nicht für ungültig erklären, sondern weiter gelten lassen. Damit spekuliert Labour offenbar darauf, diejenigen Wähler anzusprechen, die beim Referendum im letzten Jahr gegen einen EU-Austritt stimmten, ohne diejenigen zu verschrecken, die dafür waren.

Weniger zufrieden als mit den Umfragen sind die britischen Tories mit dem Ausgang der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen, wo es ihr Favorit Francois Fillon, der in der Brexit-Frage als Pragmatiker gilt, nicht in die Stichwahl schaffte. Emmanuel Macron, der jetzt als Favorit in die zweite Runde geht, deutete dagegen in der Vergangenheit an, dass er den Briten den Ausstieg möglichst schwer machen will, um andere Völker von ähnlichen Schritten abzuschrecken.

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