Griechenland: Die nächste Runde Austerität

Foto: Wassilis Aswestopoulos

Neues Gesetzespaket mit Einsparungen - Der IWF drückt, Tsipras gibt erneut nach

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Alle, die noch hofften, dass der griechische Premierminister Alexis Tsipras den Forderungen der Kreditgeber nach einer noch schärferen Austeritätspolitik den Riegel vorschieben würde, wurden erneut enttäuscht. Ausgerechnet am Arbeitertag, dem ersten Mai, vereinbarte die griechische Regierungsdelegation mit den Kreditgebern ein Preliminary-Agreement zum Abschluss der zweiten Inspektion des dritten griechischen Rettungsprogramms.

Die griechische Regierungsseite spricht von einem Staff Level Agreement. Die Tatsache, dass der Sonntag fortan als Arbeitstag gilt, gehört zu den milderen Maßnahmen, welche die Vereinbarung enthält. Es gibt zwei Memoranden, die in Folge einerseits mit dem Internationalen Währungsfonds und andererseits mit den europäischen Kreditgebern unterschrieben werden müssen.

Regierungssprecher Dimitris Tzanakopoulos bezeichnete die Einigung als ausgeglichen. Bevor es mit dem IWF zu einer endgültigen Einigung kommt, gilt es die Tragfähigkeit der Schulden zu garantieren. Für den IWF und für Tsipras bedeutet dies, dass Maßnahmen erforderlich sind, welche einem Schuldenschnitt gleichkommen.

Der Schuldenschnitt und die Deutschen

Tsipras Meinung nach ist vor allem die deutsche Regierung in Berlin dafür verantwortlich, dass die Inspektion sich so lange verzögerte. Denn sie widersetzt sich einem Schuldenschnitt. Sie tut es auch weiterhin. Es ist nicht sicher, ob die europäischen Kreditgeber nach der nun erzielten Einigung die Schuldenfrage wirklich angehen.

Die entsprechenden Gespräche beginnen nun und könnten durchaus mit einer Verweigerung der europäischen Kreditgeber zum Schuldenschnitt enden. Tsipras meinte in einem Interview für den Sender ANT1, dass er in diesem Fall die im Parlament zu beschließenden Maßnahmen als "souveräner Regierungschef" nachträglich außer Kraft setzen könnte.

Lange spielte Tsipras auf Zeit und verweigerte die Umsetzung der Spar- und Reformauflagen des dritten "Rettungspakets", zu deren Zustimmung ihn die Geldgeber im Sommer 2015 unter anderen mit Entzug der Liquidität förmlich erpressten. Seinerzeit zerbrach die Regierungspartei und Tsipras konnte sich nur mit vorgezogenen Neuwahlen an der Macht halten.

Heute stehen die Zeichen innerhalb der Regierungsfraktion jedoch kaum auf Revolte. Die 153 Abgeordneten von Syriza und Unabhängigen Griechen scheinen sich ihrem Schicksal ergeben zu haben. Sie werden die von den Kreditgebern verlangten Maßnahmen im Parlament absegnen. Dabei ist vieles, was vereinbart wurde, jeglicher linken Politik diametral entgegengesetzt. Die Verweigerung der Abgeordneten zum Votum für die Sparmaßnahmen käme einem Regierungssturz gleich.

Rentner verlieren im Schnitt neun Prozent

Anders als 2015 hat Tsipras keinerlei Grund zur Hoffnung auf Zustimmung von der Opposition. Bei den Neuwahlen würden viele Abgeordnete ihre Sitze und damit auch die üppigen Diäten, die sich immer noch in der Größenordnung von knapp 7.000 Euro bewegen, verlieren.

Für die Rentner gibt es die - je nach Zählweise - 14 oder 15. Kürzung ihrer Arbeitsbezüge seit Mai 2010. Während die letzte Kürzung noch in der Umsetzung ist, tritt die neue am 1.1.2019 in Kraft. Im Schnitt verlieren die Rentner neun Prozent ihrer bisherigen Bezüge. Im Einzelnen wird der Korrekturfaktor für bestehende Renten, der diese als Bestandswahrung zumindest teilweise gegen die erheblich geminderten ab 2016 erteilten Ruhegelder bevorteilte, um 18 Prozent gekürzt.

Praktisch bedeutet dies, dass ein Bezieher einer Rente von knapp 1.500 Euro monatlich künftig mit einem Betrag um 1.250 Euro rechnen muss. Modellrechnungen zeigen, dass der Maximalverlust pro Monat für die Spitzenrentner bei mehr als 300 Euro monatlich liegt. Diese Bestimmung betrifft insgesamt 900.000 Rentner, deren Grundrente höher als 700 Euro pro Monat ist.

Zu den großen Verlierern gehören somit Freiberufler, mittelständische Unternehmer und Akademiker mit langen Versicherungszeiten. Darüber hinaus werden auch die Bezieher des Analogons der deutschen Riester-Renten erneut zur Kasse gebeten. Obwohl es hier anders als beim Riester Modell keinerlei staatliche Zuschüsse gibt, sinken diese Zusatzrenten, welche über staatliche Sozialversicherer angespart wurden, erneut.