Afghanistan: Pentagon will Truppen um bis zu 8.000 "Berater" aufstocken

IS in Nangarhar/Afghanistan, Propagandafoto

USA und Russland uneins im Umgang mit Taliban und IS

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Eine Riesenbombe und nichts ist passiert? Das Fazit zum Abwurf der größten konventionellen US-Bombe Mitte April auf Nangarhar steht sinnbildlich für die Kriegszone Afghanistan : Es sei schwierig, sich vorzustellen, dass sogar eine Bombe dieser Dimension, einen Effekt auf den afghanischen Krieg haben wird, der größer ist als nur marginal.

So lautet die Einschätzung der Autoren des Afghanistan Analyst Network (AAN). Ihr Bericht kam vielleicht etwas früh, nur zwei Tage nach Abwurf der Bombe. Noch war nicht geklärt, wie viele Zivilisten durch die Bombe ums Leben kamen. Auch andere wichtige Fragen bleiben offen. Zum Beispiel, wie sehr der Abwurf dem IS in Nangarhar zugesetzt hat. Aber der Schluss, den der Bericht zieht, unterlegt mit weitaus mehr Lageinformationen als üblich, drängt sich auf.

Anschlag in Kabul

Der IS in Afghanistan (ISKP) konnte am heutigen Mittwoch erneut eines seiner Ziele erreichen: Schlagzeilen in internationalen Medien, die ausweisen, dass der "Islamische Staat in der Khorasan-Provinz" ein gefährlicher Mitspieler ist, der nach Belieben auch in der Hauptstadt Kabul zuschlagen und feindliche Kräfte wie die Nato und die USA empfindlich treffen kann.

Von der Bombe, die laut IS-Medienarm Amak vom ISKP stammt, getroffen wurde ein Militärkonvoi der Nato-Operation "Resolute Support", die acht Todesopfer sind laut afghanischen Innenministerium allesamt Zivilisten. Unter den 25 Verletzten sollen sich allerdings auch drei US-Soldaten befinden.

Die Kolonne aus gepanzerten Fahrzeugen soll in der Nähe der US-Botschaft in Kabul und einem belebten Verkehrsknotenpunkt getroffen worden sein. Der IS behauptet, dass acht US-Soldaten getötet wurden. Der afghanische Präsident Ashraf Ghani bewertete den Anschlag als Zeichen der Schwäche des ISKP, der mit dem Töten von Zivilisten von seinen militärischen Niederlagen, zugefügt von den afghanischen und amerikanischen Streitkräften, ablenken wolle.

Als eine Auswirkung des Abwurfs der "Mutter aller Bomben" (MOAB) nennen die eingangs genannten AAN-Autoren die danach einsetzende erhöhte Medienaufmerksamkeit für IS-Anschläge in Afghanistan. Danach seien auch kleiner Anschläge, die zuvor nur nebensächlich waren, zu Top-Nachrichten geworden.

Kämpfe zwischen Taliban und IS

Tatsächlich zeigen die großen internationalen Medien üblicherweise kaum Interesse daran, dem konfusen Wirrwarr der Kämpfe in Afghanistan auf den Grund zu gehen, es ist wahrscheinlich zu aufwendig und zu zermürbend und das Interesse der Leser nicht unbedingt garantiert. Nangarhar, die Provinz, wo die "MOAB" abgeworfen wurde, ist seit Jahren ein Schauplatz der Auseinandersetzung verschiedenster dschihadistischer Gruppen.

Seit zwei Jahren bekämpfen sich Milizen des ISKP und Taliban-Milizen im Distrikt Chaparhar der Provinz Nangarhar. Am 1. Mai berichtete das US-Magazin Long War Journal über aktuelle Kämpfe zwischen den islamistischen Gruppierungen, die sich gegenseitig der Apostasie bezichtigen und um die lokale Vorherrschaft Kämpfen.

An großen Linien ist dem Bericht zu entnehmen, dass der ISKP zwar an Boden verloren habe, aber weiter dazu imstande sei, sich in schwere Kämpfe zu verwickeln und dass er große angelegte Angriffe in Afghanistan durchführen könne. Man erfährt auch, dass sich die kriegerischen Auseinandersetzungen bis nach Pakistan ausdehnen.

Die pakistanischen Taliban haben zum Teil Bündnisse mit dem IS geschlossen. Die offizielle Führung der Taliban in Afghanistan ist dagegen über Gefolgschaftseide mit der al-Qaida verbunden. Die Treueeide schwören die al-Qaida-Führer, darunter auch Zawahiri, an den pakistanischen Emir der Taliban.

Und als ob dies nicht schon kompliziert genug wäre, fügt das Long War Journal diesem Konflikt noch eine weitere Verwinkelung hinzu. Anfang Januar berichtete Thomas Joscelyn von Verbindungen oder Annäherungen zwischen Russland und afghanischen Taliban. Wie sonst auch unterscheiden sich die amerikanischen und russischen Perspektiven auf die Angelegenheit erheblich.