Griechenland: Das erneute Scheitern der Verhandlungen droht

Bild: Wassilis Aswestopoulos

Austeritätsprogramme: Athen liefert und Berlin blockt wegen Schuldenschnitt

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Kaum haben sich die Kreditgeber mit der griechischen Regierung über Maßnahmen für ein Ende der zweiten Inspektion des dritten Kreditpakets geeinigt, gibt es aus Berlin Querschüsse. Die tief einschneidenden Maßnahmen beim Arbeitsrecht, den Löhnen, der Besteuerung und den Renten muss der griechische Premierminister Alexis Tsipras durchs Parlament bringen, um damit seinen Teil der Abmachung zu erfüllen.

Schuldenschnitt

Vonseiten der Kreditgeber wurde auf griechischen Druck, der aber auch vom Internationalen Währungsfonds kam, vereinbart, dass mit dem von der Eurogruppe zu vollziehenden Abschluss der Inspektion nicht nur die auf Eis liegende Kredittranche freigegeben wird, sondern dass auch die Tragfähigkeit der Schulden durch einen geeigneten Schritt - vulgo Schuldenschnitt - hergestellt wird.

Noch am Freitag nutzte Tsipras das Versprechen des Schuldenschnitts dazu, seine Parlamentsfraktion auf ein Durchhalten einzuschwören. Schließlich müssen die linken Politiker bis spätestens zum 16. Mai neoliberaler Wirtschaftspolitik zustimmen.

Bisher kam es jedes Mal, wenn die Einigung nah schien, zu einer plötzlichen Blockade. Der IWF möchte nicht ohne Schuldenschnitt aktiv am Programm teilnehmen, Berlin möchte nicht ohne den IWF weitermachen - verweigerte jedoch standfest den Schuldenschnitt. Die Verzögerung der Tranchenauszahlung verstärkte die in Griechenland herrschende depressive Wirtschaftsstimmung - vor allem wegen der damit verbundenen Unsicherheit, aber auch weil jede Verzögerung immer neue Forderungen nach neuen Sparmaßnahmen aufs Parkett brachte.

Zudem ist Griechenland, nicht als Staat, sondern hinsichtlich seiner Banken, so lange die Inspektion nicht abgeschlossen ist, von der Gelddruckmaschine der Europäischen Zentralbank, dem QE Programm von Mario Draghi ausgeschlossen. Die EU-Kommission bestätigte mit ihrer jüngsten Korrektur der ursprünglich optimistischen Wachstumsschätzung diesen Effekt. Statt der veranschlagten 2,7 Prozent Wachstum für 2017 werden nun zwei Prozent vermutet.

Mit den nun beschlossenen harten Sparmaßnahmen schienen diese Probleme aus der Welt zu sein. Der Teufelskreis schien durchbrochen. Der IWF wollte zumindest für ein Jahr wieder aktiv am Programm teilnehmen.

Reformen kosten Rentner knapp 50 Milliarden Euro

Zu den Beschlüssen gehörte auch exotisch anmutende Maßnahmen. Etwa, dass Militärs und übrige Uniformierte ihre Arbeitskleidung in zehnfacher Ausführung auf eigene Kosten beschaffen müssen. Die Immobiliensteuer ENFIA, eine in der Krise eigentlich als zeitlich begrenzte Sondersteuer erhobene Zusatzbelastung, wird erneut verteuert.

Hinsichtlich der bei bislang jeder Inspektion der Rettungsprogramme vorgenommenen Rentenkürzungen hat das Vereinigte Netz der Rentner mit einer detaillierten Erfassung jeder Maßnahme insgesamt 23 Kürzungen von Renten seit Mai 2010 gezählt. Bei der Nummerierung wurden die Kürzungen von Grundrenten und Zusatzrenten einzeln erfasst. Die Kürzungen für neue Rentner wurden mitgezählt.

Insgesamt kosteten die Rentenreformen der letzten sieben Jahre die griechischen Ruheständler knapp 50 Milliarden Euro.