Tirol: Syrischer "Rebell" wegen zwanzigfachen Mordes verurteilt

Logo der Faruq-Brigaden

Der 27-Jährige hatte damit geprahlt, verletzte und unbewaffnete Soldaten erschossen zu haben

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Das Innsbrucker Landgericht hat einen nach eigenen Angaben staatenlosen Mann des Mordes in mindestens 20 Fällen für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt. In ihrem noch nicht rechtskräftigen Urteil folgte die Kammer mit fünf zu drei Stimmen der Anklage, für die die Beweise für die Taten "erdrückend" waren.

Der 27-Jährige war vor gut einem Jahr festgenommen worden, nachdem er in einer Asylbewerberunterkunft vor anderen Asylbewerbern damit geprahlt hatte, bei den "Faruq-Brigaden" in den Städten al-Khalidiyah und Homs 2013 und 2014 insgesamt mindestens 20 verletzte und unbewaffnete Soldaten erschossen zu haben. Gegenüber den Ermittlungsbeamten und dem tirolerischen Landesamt für Verfassungsschutz bekräftigte der angeblich in Syrien aufgewachsene Palästinenser diese Angaben. Seine Teilnahme am Bürgerkrieg rechtfertigte der Mann mit der Angabe, das "Regime" habe den Tod seiner Brüder zu verantworten.

Kopf- und Brustschüsse auch gezeigt

Vor Gericht zog der 27-Jährige, auf dessen Mobiltelefon sich zahlreiche Selbstportraits mit Maschinengewehr fanden, dieses Geständnis dann zurück und versuchte es mit Übersetzungsfehlern zu erklären. Außerdem behauptete er, man habe ihm das fertige Protokoll nicht mehr vorgelesen und ihn nicht über seine Rechte aufgeklärt. Der Dolmetscher und andere Zeugen der Vernehmung widersprachen dem und erzählten dabei unter anderem, wie der Angeklagte die Kopf- und Brustschüsse, mit der seine Truppe Verletzte und Gefangene erledigte, auch durch Zeigen schilderte und auf mehrmalige Nachfrage immer wieder bejahte, dass er selbst dabei mitmachte. Außerdem bestätigten sie, dass ihm das fertige Protokoll vor seiner Unterschrift auf jeder einzelnen Seite noch einmal rückübersetzt vorgelesen wurde.

Hubert Stanglechner, der Rechtsanwalt des Angeklagten, bemängelte, dass die Aussagen nicht gefilmt wurden und versuchte vergeblich, Zweifel daran zu säen, ob im Rahmen der protokollierten Dauer der Vernehmungen genug Zeit für Rückübersetzungen war.

Staatsanwalt: "Jetzt bereut der Angeklagte es natürlich, da er erkannt hat, dass man in Österreich nicht gefeiert wird, wenn man Wehrlose erschießt!"

Staatsanwalt Thomas Willam vermutet hinter den unterschiedlichen Angaben des Verurteilten ein anfängliches Überschätzen der Umfänglichkeit, mit der man im Westen hinter Aktivitäten der so genannten "Freien Syrischen Armee" steht, zu der die Faruq-Brigaden gehören: "Jetzt", so William, "bereut der Angeklagte es natürlich, da er erkannt hat, dass man in Österreich nicht gefeiert wird, wenn man Wehrlose erschießt!" Alle Taten geschahen Williams' Worten nach "erst nach Kampfhandlungen": "Er hat die Straßen von Verletzten gesäubert und damit Söhne, Brüder und letztlich Menschen getötet - auch wenn sie Assad-Soldaten waren!" Das er deshalb in Haft gehört, ist seiner Meinung nach auch eine Frage der Sicherheit. Denn: "Wer 20 Morde begeht, ist auch zu 21 fähig".

Der § 278c Absatz 1 Nummer 1 des österreichischen Stafgesetzbuches, nach dem der Faruq-Brigant verurteilt wurde, ist eine Spezialvorschrift, die nur bei Terror-Morden greift. Dass das Innsbrucker Landgericht sich dafür zuständig sah, liegt daran, dass Österreich den Angeklagten nicht nach Syrien ausliefern möchte. Deshalb greift ein internationales Abkommen zur Terrorismusbekämpfung.

Weitere Fälle

Im letzten Jahr waren in Österreich auch mehrere andere Männer wegen des Verdachts auf Terror-Mord festgenommen worden - darunter ein 28-jähriger angeblicher Iraker, der die Vorwürfe jedoch von Anfang an bestritt, und ein religiöser Extremist, über den bislang wenig Weiteres bekannt ist.

In Deutschland nahmen Sondereinsatzkommandos im Auftrag der Bundesanwaltschaft am 2. März einen 35 Jahre alten Syrer fest, dem 36 Morde für die (inzwischen in Fatah asch-Scham umbenannte) al-Nusra-Front, die syrische Filiale von al-Qaida, vorgeworfen werden. Opfer der im März 2013 verübten Morde sollen Beamte und Verwaltungsangestellte in eroberten Gebieten gewesen sein. In mindestens einem Fall wurde der Mord als "Scharia-Todesurteil" verbrämt. Ein 26-Jähriger, der ebenfalls im Rahmen von Durchsuchungen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen festgenommen wurde, soll nach bisherigen Erkenntnissen ebenfalls der al-Nusra-Front angehören.

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