Spaniens Sozialdemokratie: Bedeutungslos oder Spaltung?

Susana Diáz, Patxi López und Pedro Sánche. Screenshot aus PSOE-YouTube-Video

Pedro Sánchez könnte in Spanien erneut von der Basis – gegen den Willen des rechten Parteiapparats – zum Generalsekretär der Sozialdemokraten gewählt werden

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Es wird immer spannender, bevor die Mitglieder der spanischen "Sozialisten" (PSOE) am Sonntag bei einer Urwahl den neuen Generalsekretär wählen. Wie überall in Europa steht auch die spanische Sozialdemokratie vor der Frage, wie sie den Weg in die Bedeutungslosigkeit verlassen und eine Spaltung verhindert werden kann. Jedenfalls gibt Pedro Sánchez vor, der von einem guten Teil der Basis dabei unterstützt wird, er wolle wieder nach links schwenken.

Auf ihrem Kurs nach rechts haben sich die Sozialdemokraten in Frankreich gerade eine sehr blutige Nase geholt und auch für den Genossen Schulz läuft es aus einer großen Koalition heraus nicht sonderlich gut, da er bisher nur ein wenig nach links blinkt.

Sánchez könnte, auch getragen von der Erfahrung in Frankreich, nun in Spanien für eine Überraschung sorgen und erneut Parteichef werden. Das wäre ein Sieg über den rechten Parteiapparat und die Mehrzahl mächtiger Lokalfürsten der Partei. Denn die unterstützen die andalusische Regierungschefin Susana Diáz, die zum ganz rechten Flügel der Sozialdemokraten gehört. Im Apparat und der von ihm eingesetzten Interimsführung – nachdem im vergangenen Oktober Sánchez gestürzt worden war – hat sich aber längst Panik breitgemacht.

Als die Unterstützerunterschriften der Kandidaten veröffentlicht wurden, war klar, dass der Sieg der Andalusierin deutlich in Frage steht. Sie lag mit gut 59.000 nur 6.000 Stimmen vor Sánchez. Besonders stach heraus, dass Sánchez außerhalb Andalusiens sogar mehr Unterstützer hatte, denn 40% aller Díaz-Unterstützer kamen aus Andalusien.

Zu den beiden Rivalen kommt noch Patxi López. Doch der Baske ist abgeschlagen. Er kam nur auf knapp 11.000 Unterstützer und steht zwischen den Fronten, die massiv aufeinander einprügeln. Er versucht, sich als Konsens-Kandidat darzustellen, um die tiefen Gräben in der Partei zu überwinden, die am Rand einer Spaltung steht. Da ihm seine bekannten Unterstützer von der Stange gehen, ist er praktisch chancenlos.

Denn am Dienstag hat sich auch Francina Armengol der Sánchez-Kandidatur angeschlossen. Für die Regierungschefin der Baleareninseln sei über die Unterschriften klargeworden, dass es nur "zwei Personen mit zwei Modellen" gibt, die siegen können. Sie hat López aufgefordert, sich ebenfalls Sánchez anzuschließen. "Viele Mitglieder und Führungspersonen, die Patxi bisher unterstützten, haben ihm dies angetragen." Auch Sánchez hatte López schon eine Kooperation angeboten, um seine Siegeschancen zu erhöhen. Doch der lehnte ab: "Meine Kandidatur wird nicht zurückgezogen", behauptete er.

Dass er sie bis Sonntag aber aufrechterhält, ist unwahrscheinlich. Denn mehr als 120.000 der 180.000 stimmberechtigten PSOE-Mitglieder haben sich mit ihrer Unterschrift schon festgelegt, womit López chancenlos ist. Im Sánchez-Lager glaubt man, dass López die Andalusierin stützt. Klar ist, dass López faktisch Díaz stützt, wenn er seine Kandidatur aufrechterhält, da er mögliche Stimmen für Sánchez vor allem im Baskenland auf sich zieht.

Mit Blick auf Portugal

"Die PSOE muss die Partei der Mitglieder sein und nicht der Honoratioren und sie muss mit anderen Kräften den Wechsel herbeiführen", meint Sánchez. Es dürfe keine Organisation sein, in der vier oder fünf Parteiführer entschieden. Er nimmt sich vor allem das Nachbarland Portugal zum Vorbild, wo die Sozialisten mit Unterstützung von zwei linksradikalen Parteien regieren. Dort hatte er sich ausführlich über die positiven Erfahrungen der Schwesterpartei informiert.

Viele glauben, Díaz werde die Partei so wie Hollande in Frankreich oder Blair in Großbritannien auf ihrem Rechtskurs immer weiter in die Bedeutungslosigkeit führen. Dabei hat man im Nachbarland keine klare Alternative vor Augen, die Spanien dringend nötig hätte, sagen PSOE-Parteimitglieder in Gesprächen. Denn der Sozialist Antonio Costa in Portugal zeige, wie es mit linksradikalen Kräften anders geht und man auch wirtschaftlich erfolgreich sein könne, weil er den absurden Austeritätskurs beerdigt hat. Er bittet nicht mehr die einfachen Leute zur Kasse, sondern senkt ihre Steuern, erhöht ihre Renten und Löhne und schafft damit ein immer stärkeres Wachstum, das auch in der breiten Bevölkerung ankommt, und er baut darüber das Defizit ab.

Allerdings zweifeln sie hinter vorgehaltener Hand auch daran, ob Sánchez der richtige Mann dafür ist. Verwiesen wird darauf, dass auch er zunächst nach rechts gerückt ist, Podemos die kalte Schulter gezeigt hat und mit den neoliberalen Ciudadanos eine Regierung bilden wollte. Erst als er damit scheiterte, versuchte er nach Neuwahlen einen Pakt mit linken Kräften, als die Chancen dafür aber sogar noch schlechter standen. Dieses Verhalten könnte dazu führen, dass er sich nicht durchsetzt, weil es an der Basis auch viele Unentschlossene gibt, die noch zweifeln, ob sie das "kleinere Übel" am Sonntag unterstützen sollen.