Nato-Bündnisfall: Wenig Unterstützung in der deutschen Bevölkerung

Nato-Manöver in Deutschland, 1982 Bild: US-Army / gemeinfrei

Laut einer Pew-Studie lehnt die Mehrheit der Befragten in Deutschland einen Bundeswehreinsatz für den Fall ab, dass Russland ein benachbartes Nato-Mitgliedsland angreift

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Eine Studie des US-Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center zum Image der Nato liefert ein paar interessante Momentaufnahmen. So wird zwar als genereller Trend festgestellt, dass die Zustimmung zur Nato gewachsen ist, aber bei den befragten Deutschen zeigen sich Grenzen der Bereitschaft, einen Bundeswehreinsatz im Bündnisfall zu unterstützen.

Die Frage dazu lautet: "Gesetzt den Fall, dass Russland in einen ernsthaften Konflikt mit einem seiner Nachbarländer gerät, das unser Nato-Verbündeter ist, sollte Ihrer Meinung nach unser Land militärische Mittel einsetzen, um dieses Land zu verteidigen oder sollte es davon absehen?"

In Deutschland wurden dazu vom 6. März bis 7. April 1.002 Personen über Telefon befragt. Bei ihnen zeigte sich im Vergleich zu den Befragten anderer Länder der geringste Anteil der "Ja"-Stimmen. Es waren lediglich 40 Prozent. Allerdings, und das passt zum eingangs erwähnten Trend, bei der letzten Umfrage 2015 waren es noch zwei Prozent weniger.

Stärkste Zunahme der Bündnisunterstützung in Polen

Die stärkste Zustimmung gab es in den Niederlanden (72%), danach aus Polen: 62 Prozent, mit einem Zuwachs von 14 Prozent gegenüber den Werten von 2015. So viel legte die Zustimmung zur Unterstützung im Bündnisfall in keinem anderen Land zu. Auch in den USA stimmten 62 Prozent zu. 2015 waren es 56 Prozent. In Kanada sind es 58 Prozent (2015: 53%).

In Frankreich, wo man traditionell auch eine Distanz zur Nato schätzt, sind es 53 Prozent, die einen militärischen Einsatz im Bündnisfall unterstützen. Bei der letzten Befragung lag der Anteil noch unter der Hälfte, bei 47 Prozent. Die Befragten in Spanien und Großbritannien verhielten sich gegen den Trend.

In diesen Ländern nahm die Zustimmung für den vorgestellten Bündnisfall: um zwei Prozentpunkte in Spanien, wo nun 46 Prozent dafür wären, und um 4 Prozentpunkte in Großbritannien. Hier zeigten sich nur 45 Prozent mit einer militärischen Bündnisunterstützung einverstanden. 2015 waren mit 49 Prozent auch nicht überzeugend viele.

Deutschland: Stärkste Ablehnung bei Frauen und im Osten

Noch wesentlich geringer fällt er, wie erwähnt, in Deutschland aus. Pew steuert dazu noch einige interessante Ergänzungen bei. Etwa dass sich bei der Frage zum Bündnisfall nach Art. 5 des NATO-Vertrags "keine signifikanten Unterschiede zwischen den Parteien" zeigen. Die deutlichste Opposition kam von den Frauen unter den Befragten. 62 Prozent antworteten mit "Nein".

Und es zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen West-und Ostdeutschland. Im Westen unterstützten 43 Prozent den Einsatz der Bundeswehr im Falle eines russischen Angriffs auf ein benachbartes Nato-Mitgliedsland. In Ostdeutschland waren es lediglich 29 Prozent.

Offen bleibt, inwieweit dies damit zu tun hat, dass Ostdeutschland einer russischen Reaktion auf einen Nato-Militäreinsatz anders ausgesetzt wäre, oder ob dies auch mit einer anderen Einstellung gegenüber Russland und zur Nato zu erklären ist.

Die Einstellung zu Russland bildet gegenwärtig wieder ein Gravitationszentrum der Nato, wie sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch beim heutigen Nato-Gipfel in Brüssel bestätigen wird, Russland ist das Gegenüber, nach dem sich das Selbstverständnis und der Zusammenhalt der Nato wesentlich ausrichtet.

Die Pew-Studie hat wenig überraschend einen Zusammenhang zwischen dem Bedrohungsgefühl und der Bereitschaft zur Unterstützung im Bündnisfall ausgemacht. Auch bei diesen "Solidaritätswerten" liegt in Deutschland weiter unten als die anderen Länder.