US-Geheimdienste sind zu Leakerdiensten geworden

Auf U-Booten üben US-Soldaten das Schließen von Leaks. Bild: US Navy

Nach der britischen Regierung verurteilt auch Donald Trump die eigenen Geheimdienste

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Bislang haben die Leaks aus den Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden in den USA eher versucht, der Trump-Regierung zu schaden. Möglicherweise haben sie mit der Übermittlung der Fotos der britischen Polizei vom Tatort des Selbstmordanschlags in Manchester den Bogen überspannt. Die Polizei stellt die Übermittlung weiterer Informationen an die US-Behörden ein, was seit langem der Brauch nicht nur im Antiterrorkampf war, um durch das Teilen von Informationen bessere Erkenntnisse zu haben (Britische Regierung ist wegen Leaks über US-Behörden wütend).

Der Leak an die New York Times ist dreist, weil er klar macht, dass das Loch in den US-Sicherheitsbehörden liegen muss. Das hat die britische Regierung auch auf die Palme gebracht, die gerade angesichts des Terroranschlags und vor den anstehenden Wahlen besonders empfindlich ist, auch was eine Pudelrolle zu Washington betrifft.

In dem Fall aber kann sich die britische Regierung eigentlich an die Seite des Weißen Hauses stellen, das seit Monaten von Leaks geplagt wird, aber unfähig ist, die Löcher im ausgedehnten Apparat zu schließen, der gegen die Trump-Regierung intrigiert. Trump hatte dazu kräftig beigetragen, als er zunächst seine geringe Wertschätzung der Geheimdienste äußerte, erklärte, er wolle diese verschlanken, und neue Köpfe an deren Spitze setzte, die aber nicht durchgreifen können. Zuletzt kam noch die Entlassung des FBI-Direktor Comey, der nach Leaks nicht Trump gehorchen wollte, Ermittlungen einzustellen.

Donald Trump hat sich denn auch auf die Seite der britischen Regierungschefin gestellt und die Leaks "aus Regierungsbehörden" verurteilt. Natürlich verbindet er den Manchster-Leak mit den Leaks, unter denen er seit langem leidet: "Diese Leaks finden seit langer Zeit statt. Meine Regierung wird dem auf den Grund gehen. Die Leaks sensibler Informationen stellen eine große Bedrohung unserer Sicherheit dar." Er habe das Justizministerium und andere Behörden beauftragt, das vollständig aufzuklären und den Schuldigen mit aller Härte des Gesetzes zu verfolgen. Das Problem ist, dass dabei die Behörden sich selbst untersuchen müssen und dass offensichtlich die Trump-Regierung intern die Zügel noch nicht in der Hand hält.

Groteske Leaks über angebliche Leaks

Grotesk waren zuletzt auch die Leaks über die Leaks, die angeblich Donald Trump mit der Weitergabe von angeblich geheimen Geheimdienstinformationen über Pläne des Islamischen Staats an den russischen Außenminister Sergej Lawrow gemacht haben soll. Gerne wird die Washington Post von den Geheimdiensten als Leak in die Öffentlichkeit verwendet. Das ist schon lange Brauch, um Informationen durchzustechen, die man offiziell nicht bekannt geben will, aber mit denen man die Politik und die Öffentlichkeit zu beeinflussen sucht. Die Medien verkaufen dies gerne als investigative Erkenntnisse, oft handelt es sich um gegenseitige Geschäfte.

Auch dieses Mal war es die Washington Post, die seit dem Wahlkampf einen offensiven Anti-Trump-Kurs steuert, die zuerst über das Gespräch berichtete. Trump habe dabei ohne Genehmigung Informationen eines ausländischen Geheimdienstes verraten, die nicht einmal die Alliierten erhalten hatten. Dabei soll es sich um die Verwendung von Notebooks zum Verstecken von Sprengfallen in Flugzeugen gehandelt haben. Davon ist freilich schon seit vielen Jahren die Rede, was die Washington Post selbst erwähnte, als sie im März, also lange vor dem Gespräch, darüber berichtete, dass Großbritannien zusammen mit den USA Reisenden von bestimmten Flughäfen in islamischen Ländern verbietet, Notebooks und andere elektronische Geräte mit an Bord zu nehmen. Man fragt sich, was dann gegenüber Lawrow noch an großen Geheimnissen ausgeplaudert werden konnte.

So genau weiß man nicht, was Trump nun gesagt haben soll, weswegen Russland amüsiert anbot, die Mitschrift des Gesprächs der Regierung übergeben zu können. In Moskau spricht man von einer politischen Schizophrenie, die in Washington herrsche. Bei den Informationen soll es sich um israelische Quellen gehandelt haben, die nun gefährdet sein könnten, was freilich erst die Folge des Leaks sein könnte. Trump beteuerte, niemals das Wort Israel gegenüber Lawrow verwendet zu haben.

Auch wenn die US-Geheimdienste noch Leaker verfolgen, die unkontrolliert Informationen an WikiLeaks weitergeben, so scheinen diejenigen, die gezielt Informationen an bestimmte Medien durchstechen, unbehelligt zu bleiben. Das könnte dazu geführt haben, dass die Leakeritis, die in der herrschenden Anti-Trump- und Anti-Russland-Stimmung schon während des Wahlkampfs einsetzte, vielleicht um den WikiLeaks etwas entgegenzusetzen, allmählich überhand nimmt. Informationen aus laufenden Antiterror-Ermittlungen eines alliierten Staates mit besonderen engen Verbindungen zu Washington und den US-Geheimdiensten (five eyes) an die Presse weiterzugeben, dürfte nun auch der Anti-Putin-Kampagne und den mit dieser verbundenen Medien schaden.

Die New York Times hat ihren Bericht mit den geleakten Informationen und Fotos gerechtfertigt. Man berichte über Terrorismus und die damit zusammenhängende Strafverfolgung aus allen Winkeln. Man habe "strikte Regeln", die aber nicht mitgeteilt werden, ansonsten seien die veröffentlichten Fotos nicht respektlos gegenüber den Opfern des Terroranschlags gewesen. Sie seien in Übereinstimmung mit der allgemeinen Berichterstattung über Waffen gewesen, die für schreckliche Verbrechen verwendet wurden.