Trumps Chaostour

Nach der Unterzeichnung des Antiterror-Abkommens wirken die G7-Staatschefs nicht gerade euphorisch. Bild: G7 Italy

Wie mache ich mich möglichst schnell möglichst unbeliebt? Dies schien die Maxime zu sein, unter der die jüngste Auslandstour des US-Präsidenten stand. Doch dies ist nur ein Symptom der gegenwärtigen Krisenzeit

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Mit Grauen verfolgen amerikanische Medien die immer neuen Public-Relations-Desaster, die US-Präsident Trump mit der Zuverlässigkeit eines Schweizer Uhrwerks anrichtet. Der Rechtspopulist scheint ein Talent dafür entwickelt zu haben, in jedes nur erdenkliche Fettnäpfchen zu treten, das sich ihm bietet. Fast scheint es so, als ob es sich bei Trump um einen politischen Aktionskünstler handeln würde, der dafür Sorge trägt, dass nie wieder Rechtspopulisten in hohe Staatsämter gewählt werden können.

Nachdem er während seiner Israel-Visite seine geographische Ignoranz eindrucksvoll unter Beweis stellte, indem er implizierte, das Land sei nicht Teil des Nahen Ostens, entfachte das Gruppenfoto der Trumps mit einem todtraurigen Papst, das zum Abschluss seines Romaufenthalts geschossen wurde, eine Flut hämischer Kommentare im Netz. Zudem wurde publik, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche und Melania Trump sich über ihren Ehemann lustig gemacht haben - ohne dass dieser es überhaupt verstanden habe.

Hinzu kamen noch infantile Machtspielchen mit dem neuen französischen Präsidenten Macron, bei denen beide honorige Staatsoberhäupter sich bemühten, dem Gegenüber die Hand zu zerdrücken, sowie eine Schubserei mit dem mazedonischen Ministerpräsidenten, die für Spott und Häme sorgten. Doch blieben diese Peinlichkeiten im Rahmen dessen, woran sich zumindest die amerikanische Öffentlichkeit inzwischen - nach einem knappen halben Jahr Trump - gewöhnen musste.

Bei den politisch relevanten Auftritten seiner Tour in Europa schaffte es der Rechtspopulist aber, selbst die bescheidensten diplomatischen Anforderungen mühelos zu unterbieten. Dies galt vor allen Dingen für seinen Antrittsbesuch bei der Nato. Gegenüber den europäischen Nato-Partnern forderte der US-Präsident unverblümt, diese sollten ihre Militärausgaben drastisch erhöhen. Insgesamt 23 der 28 Nato-Länder würden den amerikanischen Steuerzahlern "riesige Mengen Geld schulden", polterte Trump auf einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der Terrorangriffe vom 11. September.

Die Europäer sollen ihre Militärausgaben auf rund zwei Prozent des BIP erhöhen - so lautet die Forderung aus Washington. Die europäischen Staats- und Regierungschefs, die der Rede Trumps beiwohnten, seien "wie eine Schulklasse" abgekanzelt worden, berichtete die SZ.

Die Washington Post, einst Sprachrohr des Washingtoner Politestablishments, bemerkte schockiert, dass Trump die "konfrontative, nationalistische Rhetorik seines Wahlkampfes" jenseits des Atlantiks exportiert habe. Nach dieser Ansprache habe Trump sich mit der britischen Premierministerin Theresa May auseinandersetzen müssen, die Washington heftig für das Durchsickern sensibler Informationen über die jüngsten Terrorangriffe kritisierte. Die Beziehungen zu diesem engsten geopolitischen Bündnispartner Washingtons in Europa sind somit ernstlich belastet.

Gestandene US-Geopolitiker machten auf CNN ihren Ärger Luft über den Auftritt Trumps in Brüssel, der die Schwelle der harmlosen Peinlichkeiten überschritt - und der handfeste politische Folgen haben dürfte. Trump sei "der erste Präsident seit 1949" gewesen, der die Beistandspflicht der Nato-Mitglieder in seiner Antrittsrede nicht erwähnte, lamentiert der frühere US-Nato-Botschafter Nick Burns. Die Ansprache des US-Präsidenten, der offensichtlich nicht verstehe, wie die Nato funktioniere, sei "bestenfalls stümperhaft und schlimmstenfalls beleidigend", jammerte Jeff Rathke vom Thinktank Center for Strategic and International Studies. Nachdem Großbritannien und Israel durch jüngste Indiskretionen der US-Administration verstimmt seinen, hätte Trump nun zu einer Entfremdung mit den wichtigsten geopolitischen Verbündeten der USA beigetragen.