"Tiefer Staat" gegen Trump

G7-Treffen in Taormina. Donald Trump stand in der Mitte. Bild: G7 Italien

Kommentar zum Streit um den US-Präsidenten und den Hoffnungen auf ein Impeachment

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Einige Monate ist es schon her, da war Sigmar Gabriel noch SPD-Chef und wurde als glückloser Kanzlerkandidat seiner Partei gehandelt. Trump war gerade zum US-Präsidenten gewählt und alle Welt überbot sich mit Empörung und Überraschung. Auch Gabriel ließ sich mit der Einschätzung vernehmen, dass Trump der Vorreiter einer neuen autoritären und chauvinistischen Internationale sei.

Mehr als 6 Monate später bereist dieser Präsident Europa und sagt über Deutschland einige Sätze, die viele denken, aber kaum mehr zu sagen wagen. Beispielsweise, dass Deutschlands Haushaltsüberschüsse gefährlich für viele andere Länder sind. Trump meinte vor allem die USA, die er ja schließlich wieder groß machen will. Und da ist Deutschland einfach ein Konkurrent auf dem Weltmarkt, der sich sehr schlecht benimmt. Das ungefähr dürfte der Sinn der Trump-Äußerungen sein, die nun aktuell für Aufregung sorgen.

Auf dem Kirchentag kannte man angesichts der Trump-Schelte keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche:

Ich bin zwar im Wahlkampf, aber man muss die deutsche Kanzlerin wirklich in Schutz nehmen, dass sie sich dem nicht beugt.

Sigmar Gabriel

Martin Schulz, den das Merkel-Lob seines Parteifreunds und potentiellen Konkurrenten sicher getroffen hat, übertrug den Ärger auf Trump und nannte ihn einen "Autokraten".

Deutsche Politiker haben andere Staaten schon oft so behandelt

Wenn nun das SPD-Spitzenpersonal sich so echauffiert, dann wird eines deutlich. Bisher haben immer deutsche Politiker, ob von Union oder SPD, Kollegen vor allem aus Ländern der europäischen Peripherie so von oben herab behandelt. Schlimmer noch, sie sind wie Autokraten aufgetreten, die gleich die Gesetzgebungen anderer Staaten außer Kraft setzten. Griechische Politiker hätten darüber sicher eine Menge zu erzählen.

Erst in den letzten Tagen verhinderte Bundeswirtschaftsminister Schäuble, dass Griechenland zumindest einige Schuldenerleichterungen gewährt werden. Anders als die Trump-Äußerungen sorgt das Verhalten von Schäuble nicht für Empörung, sondern erhöht seine Zustimmungswerte. Nur Eric Bonse brachte es auf den Punkt: "Die Schuldenkrise wird in Griechenland noch Generationen plagen. Und das nur, weil Wolfgang Schäuble Finanzminister ist. Der CDU-Hardliner stoppte nicht nur die Auszahlung des nächsten Hilfskredits. Und das, obwohl Athen ein neues Austeritätsprogramm beschlossen hat, gegen das die Hartz-Reformen nur 'ein mildes Lüftchen' waren, wie Schäubles Gegenspieler Sigmar Gabriel (SPD) zu Recht anmerkte."

Was Schäubles Druck auf Griechenland bedeutet, formuliert Bonse auch sehr klar, nur mit den Zahlen hat er sich etwas vertan: "So soll die Schuldenlast gedrückt werden - wenigstens auf dem Papier. In der Praxis bedeutet dies aber eine 50-jährige Knechtschaft. Die Schuldenkrise, die 2010 begann, wird noch Generationen plagen. Und das nur, weil Schäuble Finanzminister ist. Höchste Zeit, dass er abdankt."

Denn es sind eigentlich über 75 Jahre Knechtschaft. Die fing an, als die deutsche Wehrmacht Griechenland besetzte und ausplünderte, selbst die Kredite, die es dem Land abpresste, wurden nicht zurückbezahlt, von Reparationen für die Güter, die man außer Landes brachte, und den Menschen, die zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden, gar nicht zu reden. Darüber wurde im kurzen europäischen Frühling 2015 geredet, als es die Mehrheit der griechischen Bevölkerung wagte, eine Partei zu wählen, die nicht die Interessen Deutschlands und seines europäischen Vorfelds bedienen wollte.

Der europäische Frühling endete, als die griechische Regierung gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung und ihrer Wähler, vor Deutsch-Europa kapitulierte und sich deren Austeritätsprogramm beugte. Seitdem ist die Frage nach Rückzahlung der deutschen Schulden in Griechenland und von Reparationen wieder ein Thema für kleine linke Zirkel, wie schon Jahre zuvor.

Die Kritik an Deutschland aber wird von der politischen Rechten formuliert, sei es Le Pen in Frankreich, Wilders in Holland oder von führenden Politikern der polnischen Nationalkonservativen und natürlich von Erdogan und Trump. Liberale und große Teile der Linken scharen sich dann umso bedingungsloser hinter Merkel und damit explizit auch hinter eine exponierte Stellung in der Bundesregierung hat. Nun kann man Trump nicht so schnell unter Druck setzen wie die griechische Regierung.