Kampfdrohnen für die Bundeswehr: Gericht gibt grünes Licht

Aus einer Broschüre des Herstellers IAI.

Die Bundeswehr darf beim Rüstungskonzern Airbus fünf israelische Drohnen bestellen und bewaffnen. Den Kauf der Flugroboter soll der Haushaltsausschuss des Bundestages Ende Juni offiziell beschließen

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Das Oberlandesgericht (OLG) in Düsseldorf hat heute eine weitere Hürde bei der Beschaffung von Kampfdrohnen des Typs HERON TP durch die Bundeswehr aus dem Weg geräumt. Das Gericht entschied, dass der Auftrag des Verteidigungsministeriums an den Airbus-Konzern rechtmäßig erfolgte. Die im Dienstleistungsvertrag vorgesehenen bewaffnungsfähigen Drohnen stammen vom israelischen Hersteller Israel Aerospace Industries (IAI).

Geklagt hatte der US-Konkurrent General Atomics, der seine Drohnen REAPER an die Bundeswehr verkaufen wollte. Nach der im Januar 2016 erfolgten Auswahlentscheidung der Bundeswehr für die israelischen HERON TP hatte General Atomics zunächst eine Überprüfung bei der Vergabekammer des Bundes verlangt. Dort wurde die Vergabeentscheidung für rechtmäßig erklärt. Dagegen legte General Atomics Widerspruch ein, seit Februar hat das OLG Düsseldorf deshalb in einem sogenannten Nachprüfungsverfahren verhandelt.

Haushaltsausschuss entscheidet Ende Juni

Nach derzeitigem Stand will die Bundeswehr fünf Drohnen anschaffen, die einen Betrieb in maximal zwei Einsatzgebieten ermöglichen. Ihre Bewaffnung soll eine "hochpräzise, skalierbare und reaktionsschnelle Wirkung" gegen stationäre und bewegliche Ziele ermöglichen. Die Drohnen sollen neben Lenkbomben und Raketen auch hochauflösende elektrooptische Sensoren und ein synthetisches Radar befördern, das Bewegungen am Boden erkennen und mithilfe einer Software analysieren kann. Auf diese Weise will die Bundeswehr gegnerische Fahrzeuge aufspüren und von denen verbündeter Kräfte unterscheiden. Die Aufklärungssensorik soll laut dem Bundesverteidigungsministerium von israelischen Firmen stammen, die zum Teil zum Drohnenhersteller IAI gehören.

Wegen der offenen juristischen Klärung attestierte die Bundeswehr dem Drohnenprojekt zuletzt ein hohes zeitliches Risiko. Nach der Urteilsverkündung mit für die Bundeswehr positivem Ausgang könnte die Beschaffung der HERON TP doch noch in dieser Legislaturperiode festgezurrt werden.

Die Ausrüstung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen hatten CDU und SPD im Koalitionsvertrag beschlossen und eine "gesellschaftliche Debatte" dazu anberaumt, die allerdings auf eine einmalige Anhörung im Bundestag eingedampft wurde. Als zuständiges parlamentarisches Gremium soll der Haushaltsausschuss in einer der beiden Sitzungswochen vor der Sommerpause über den Leasingvertrag entscheiden.

Kampfdrohnen weltweit (13 Bilder)

MQ-1A "Predator" auf der Ali Base im Irak. Bild: U.S. Air Force

Kaufpreis bleibt weiter geheim

Nach einer Aufforderung durch das Verteidigungsministerium hatte die Airbus-Tochter Defence and Space Airborne Solutions im November vergangenen Jahres ein Angebot vorgelegt, die Vertragsverhandlungen sind seit Februar abgeschlossen. Den anvisierten Kaufpreis hält die Bundesregierung auch gegenüber dem Parlament trotz mehrmaliger Nachfragen geheim. Erst Ende Juni sollen die Abgeordneten die endgültigen Kosten und ihre Verteilung auf die Einzelmaßnahmen erfahren.

Bislang kursiert die Zahl von 580 Millionen Euro. Nicht eingerechnet sind dabei beispielsweise Satellitenverbindungen, die Airbus schon jetzt für die Drohnen der Bundeswehr bereitstellt. Die tatsächlichen Ausgaben für vergleichbare Rüstungsprojekte haben sich im von der Idee bis zur Beschaffung verdreifacht, ähnliches ist auch für die Kampfdrohnen zu erwarten.

Stationierung auf israelischer Luftwaffenbasis

Die deutschen HERON TP würden nicht wie ursprünglich geplant im schleswig-holsteinischen Jagel starten und landen, wo bereits ein eigenes Rollfeld planiert und Hangars errichtet wurden. Stattdessen werden die HERON TP wie die Drohnen und Kampfflugzeuge des israelischen Militärs auf der Luftwaffenbasis Tel Nof zwischen Jerusalem und Tel Aviv stationiert. Die Luftwaffenbasis liegt nahe des Geländes vom Hersteller IAI. Das deutsche Verteidigungsministerium sieht deshalb einen Vorteil durch die mögliche "rasche und ressourcenschonende technische Unterstützung" im Falle einer benötigten Wartung oder Reparatur.

Mit einem ähnlichen Argument hatte die deutsche Luftwaffe für die Bevorzugung der US-amerikanischen REAPER optiert. Einer Meldung des Informationsdienstes "Newsletter Verteidigung" zufolge bevorzugten hohe Bundeswehrgeneräle US-Drohnen, da diese weltweit im Einsatz seien und dadurch an vielen Orten Ersatzteile vorgehalten würden.

Die Entscheidung für die "Heron TP" könnte politisch motiviert sein. Der israelische Hersteller hat Schwierigkeiten, seine Drohnen auf den boomenden Märkten in arabischen Ländern zu verkaufen. Auch hier hat General Atomics mit einem eigens entwickelten Modell "XP" die Nase vorn (Deutsche Firma könnte den US-Drohnenkrieg perfektionieren).

Regierungsvertrag mit Israel

Die Ausbildung der deutschen Kampfdrohnenpiloten soll in Tel Nof erfolgen. Zuständig wären die israelische Luftwaffe sowie die Rüstungskonzerne IAI und Airbus. Für die Aufgaben, die das israelische Militär im Beschaffungsvertrag übernimmt, hat das deutsche Verteidigungsministerium bereits einen Regierungsvertrag mit Israel ausgehandelt.

Als Hauptauftragnehmer ist Airbus bereits seit 2010 für den Betrieb dreier unbewaffneter Drohnen des Typs HERON 1 in Afghanistan verantwortlich. Das Luftfahrzeugsystem wird dabei als "Zwischenlösung" bezeichnet. Auch für den Einsatz in Mali nutzt die Bundeswehr drei HERON 1. Mit den HERON TP erhält der Konzern erstmals Erfahrung beim Betrieb bewaffneter Drohnen. Der Rüstungskonzern ist laut dem Dienstleistungsvertrag für die Wartung, Instandsetzung und die Ersatzteilversorgung im Stationierungsland und im Einsatz verantwortlich. Hierzu gehören auch Testflüge.

Bis 2025 will ein von Airbus geführtes Konsortium eine europäische Kampfdrohne entwickeln, seit 2016 sind vier Hersteller mit einer Vorstudie beauftragt. Dem Verteidigungsministerium zufolge soll mit der "Eurodrohne" die einheimischen industriellen Drohnenfähigkeiten "erhalten und gestärkt" werden. Die mit der HERON TP gewonnene praktische Erfahrung mit Bewaffnung soll Airbus hier einen wesentlichen Vorteil verschaffen. Die Airbus-Sparte "Defence and Space" ist bereits als luftfahrttechnischer Betrieb zugelassen, die Erweiterung dieser Zulassung auf die Drohne HERON TP wurde beantragt, aber noch nicht genehmigt.