Erneuter Anschlag in London vor der Wahl

Screenshot, Video/YouTube

Angreifer nutzten Kleintransporter und Messer, Regierung kündigt das Ausmerzen der Brutplätze für islamistischen Terrorismus online und offline an

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Kurz nach dem Anschlag in Manchester fand gestern abend in London erneut ein Anschlag statt. Vermutlich drei Männer, die mit Schein-Sprengstoffwesten ausgestattet waren, rasten um 22 Uhr mit einem Kleintransporter auf der London Bridge in eine Menschenmenge und fuhren auf dem Weg zum Borough Market, wo es viele Bars und Restaurants gibt, weitere Menschen an. Dort stiegen sie aus und griffen Passanten mit Messern an, bis sie von der Polizei erschossen wurden. Die Terroristen töteten nach Angaben der Polizei 7 Menschen, 48 Menschen wurden verletzt.

Die Regierung hatte die Terrorwarnstufe nach dem Anschlag von Manchester auf die höchste gestellt, sie aber dann wieder von severe zu critical gesenkt, was bedeutet, dass ein Terroranschlag wahrscheinlich, aber nicht unmittelbar droht. Nun wird sich die Regierung deswegen Kritik ausgesetzt sehen, denn mit öffentlich ausgegebenen Terrorwarnstufen kann man eigentlich kaum korrekt handeln. Geschieht ein Anschlag, wenn die Warnstufe nicht hoch war, kann der Vorwurf der Nachlässigkeit entstehen, bleibt die Warnstufe, wie das lange in den USA praktiziert wurde, immer hoch und es geschieht nichts, lautet die Kritik auf das Schüren von Angst.

Wenige Tage vor der Wahl ist die Situation für Regierungschefin Theresa May, einst scharfe Innenministerin, misslich, da die konservative Regierung sich nicht nur am Krieg in Syrien und im Irak beteiligt hat, sondern auch wegen Sicherheitsgründen den Brexit unterstützt hat. Obgleich man solche Terroranschläge mit alltäglichen Mitteln wie Fahrzeugen und Messern auf ungeschützte Orte wie ein Ausgehviertel nicht verhindern kann, dürften Zweifel nach dem zweiten Anschlag in Folge entstehen, ob die Konservativen das Land angemessen schützen können und die richtigen Strategien verfolgen.

Labour und die Konservative Partei unterbrachen den Wahlkampf wieder einmal um einen Tag, die Wahl soll aber weiterhin am Donnerstag stattfinden. Theresa May hat schon den Takt vorgegeben, die Parteien werden sich mit verschärften Sicherheitsmaßnahmen zu überbieten versuchen. Nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts erklärte May: "Genug ist genug", was aber eher Hilflosigkeit zum Ausdruck bringt.

Man werde die Antiterrormaßnahmen gegen den islamistischen Terrorismus in Großbritannien hochfahren und versuchen, "die sicheren Räume, die er zum Entstehen benötigt", zu reduzieren oder auszuschalten, gleich ob im Internet oder in den Kommunen. Schuld sei die "böse Ideologie des islamistischen Terrorismus", die bekämpft werden müsse. Die ist offenbar vom Himmel gefallen und muss nur irgendwie aus dem Köpfen verbannt werden. Weltweit müsse Extremismus aus dem Internet verbannt werden.

Labour will die Sicherheit durch die Einstellung von tausenden Sicherheitskräften und Geheimdienstagenten verbessern, Corbyn betonte erneut, dass der Zusammenhalt der Menschen in den Kommunen die größte Stärke sei. Zuletzt hatte er gesagt, dass der Anschlag von Manchester auch mit der Kriegsbeteiligung zusammenhänge, was Vertreter der britischen Regierung weit von sich weisen. Im Übrigen hat Großbritannien bereits eine der schärfsten Sicherheitsgesetzgebungen.

Aus der Ferne meinte US-Präsident Trump sich belehrend einmischen zu müssen. Man müsse aufhören, politisch korrekt zu handeln. Den Bürgermeister von London geißelte er, weil dieser gesagte habe, es gebe keinen Grund, alarmiert zu sein. Und dann musste er sich dabei auch noch für Schusswaffen bzw. gegen schärfere Schusswaffengesetze einsetzen: "Do you notice we are not having a gun debate right now? That's because they used knives and a truck!" Zuvor hatte er erklärt, dass seine propagierten Reiseverbote als zusätzlicher Schutz wichtig seien. Man brauche Gerichte "die uns unsere Rechte geben".

Zu dem Anschlag hat sich bislang noch niemand bekannt. Man wird darauf warten können, bis der Islamische Staat sich den Anschlag zurechnet, allein schon deswegen, um in die Aufmerksamkeit zu geraten. Die Anhänger demonstrieren im Internet derweilen den terroristischen Nihilismus und rufen zur Tötung der "Zivilisten der Kreuzfahrer" auf, man solle mit Fahrzeugen über sie fahren und damit während des Ramadan besonders profitieren.