Rakka: SDF verkündet Beginn der Rückeroberung der Stadt

Rakka. Bild: Rojava Defense Units, Twitter

Die Allianz unter Führung der kurdischen YPG soll bereits an der östlichen Peripherie in die IS-Hochburg eingedrungen sein

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In Mosul erwartet man den großen Tag der Befreiung vom IS. Einstweilen werden aber weiter intensive Kämpfe im Zentrum gemeldet, Tausende flüchten von den umkämpften Zonen im Westen zu den bereits befreiten Vierteln im Osten der Stadt.

Seit längerer Zeit schon zeigt die Karte, die im Twitter-Nachrichten-Zirkel kursiert immer gleich zwei Bereiche im Westen Mosuls, die nach wie vor unter der Kontrolle des IS stehen. In der Umgebung der Stadt, in den kleineren Orten im westlichen Umland, wird ein militärischer Erfolg nach dem anderen signalisiert, die Nachrichten von den Kämpfen im Zentrum sind fragmentarische Ausschnitte.

Ein aktuelles Budget-Dokument aus dem US-Verteidigungsministerium, datiert auf Mai 2017, gibt einen Hinweis auf den blutigen Irrsinn des Stadtkampfes in Mosul. Dort ist zu erfahren, dass Unterstützung nötig sei, um die Kampfstärke der irakischen Elitetruppen (Counter Terrorism Service, CTS) wieder aufzubauen. Diese hätten 40 Prozent(!) an Verlusten in Mosul zu verzeichnen.

SDF: Der "große Kampf" beginnt

In Syrien haben heute die SDF (Syrian Democratic Forces) den "großen Kampf" zur Eroberung der dortigen IS-Hochburg Rakka in einem offiziellen Statement angekündigt.

Im Namen des Operationskommandos "Zorn des Euphrates" kündigen wir an, dass wir den großen Kampf für die Befreiung der Stadt Rakka, aus der Banden die Hauptstadt des Terrors und der Terroristen gemacht haben, begonnen haben.

Syrian Democratic Forces (SDF) General Command

Als Teilnehmer der Offensive auf Rakka werden eine ganze Reihe von Gruppierungen aufgezählt: arabische Milizen, die früher zur FSA gezählt wurden, auch amerikanische, französische und norwegische Spezialeinheiten gehören zur multi-ethischen Kampfallianz, an der auch Turkmenen teilnehmen - und Männer wie Frauen -, aber, worüber kein Zweifel besteht, die kurdischen Kämpfer und Kämpferinnen, allen voran die YPG/YPJ, sind maßgebliche Elemente der Offensive.

Die SDF haben bereits den östlichen Stadtrand von Rakka erreicht und seien ins Viertel Mechleb (auch: al-Mashalab) eingedrungen, erklärte ein Kommandeur namens Rojda Felat gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Auch andere Quellen verbreiten die Erfolgsmeldung, mit der ein "historisches Kapitel" eröffnet werden soll.

Etwa 230.000 Bewohner sollen sich in Rakka aufhalten, berichtet das kurdische Nachrichtenportal Rudaw. Ende Mai nannte der UN-Hilfskoordinator Stephen O'Brien über 100.000, die wegen der Kämpfe in der Umgebung Rakkas seit Ende April geflohen seien. In Rakka bereitet man sich auf Kämpfe in der Stadt vor, wie BBC mit einem aus der Stadt geschmuggelten Video dokumentiert.

Mit großer Wahrscheinlichkeit sind viele Opfer zu erwarten, Zerstörungen großer Teile der Stadt, wie man sie von anderen Befreiungsoperationen kennt, nicht nur in irakischen Städten wie Falludscha, Ramadi oder Mosul, sondern auch im libyschen Sirte. Zwar gab ein SDF-Kämpfer dem Independent-Reporter Patrick Cockburn ein Interview, in dem er die Unterschiede zum Befreiungskampf in Mosul herausstellt: "Es wird schneller gehen in Rakka", da die Stadt schwieriger zu verteidigen sei, aber solche optimistischen Einschätzungen gehören zum Arsenal der Krieger.

Warnungen aus der Türkei

Im Independent-Bericht wird wie auch bei Hurriyet auf eine Warnung seitens der Türkei aufmerksam gemacht: "Wir werden keine Situation zulassen, die Risiken für unser Land bedeutet", wird der türkische Ministerpräsident Yildirim aus einer Rede vor dem Parlament zitiert.

Wenn sich eine Situation ergibt in Rakka oder an irgendeinem Ort in der Region, die unsere Sicherheit bedroht, dann werden wir die nötige Antwort geben.

Binali Yıldırım

Im Independent werden drei Optionen der Türkei dargelegt: Angriffe türkischer Truppen auf kurdische Gebiete in Syrien, was die kurdischen Mitglieder der SDF dazu bringen würde, den großen Kampf in Rakka aufzugeben; das Warten der türkischen Regierung auf Verluste der kurdischen YPG/YPJ-Milizen in Rakka, um danach zu intervenieren oder das Kalkül, dass die USA ihre kurdischen Mitkämpfer nach der Eroberung von Rakka fallen lassen, um ihre Beziehungen zum Nato-Partner Türkei wieder enger zu schnüren.