Eine Frage der Raumzeit

Außenansicht der Enterprise-D. Bild: Rob Young / CC BY 2.0

Wertkritische Annäherungen an das Fermi-Paradoxon

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KIC 8462852 gilt derzeit als einer der interessantesten Objekte der Galaxie. Der rund 1400 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernte, im Sterneinbild Schwan gelegene F-Klasse Stern sticht aus der Milliardenmasse von Sonnensystemen durch sein wissenschaftlich schlicht unerklärbares Verhalten heraus.

Bislang ist es Astronomen nicht gelungen, schlüssig zu begründen, wie die heftigen Verdunklungen des Sterns zustande kommen, die zuletzt Mitte Mai wieder zu beobachten gewesen waren. Beobachtungen von Sternen mittels der sogenannten Transitmethode helfen dabei, Exoplaneten zu identifizieren. Die geringe Verdunklung des Sterns, die bei einem Planetentransit von dem Beobachter auf der Erde wahrgenommen werden kann, lässt Rückschlüsse auf dessen Größe zu.

Das Problem mit KIC 8462852 - der in Anlehnung an eine seiner Entdeckerinnen auch Tabbys Stern genannt wird - besteht nun darin, dass die unregelmäßig auftretenden Helligkeitsreduzierungen des Sternenlichts von bis zu 22 Prozent viel zu groß sind, als dass sie durch Exoplaneten verursacht werden könnten. Zudem weist der Stern eine langfristige, mindestens seit 1980 anhaltende Helligkeitsabnahme auf, die viele "natürliche" Erklärungen ausschließt.

Unkonventionelle Erklärungsansätze

Zuletzt hat New Scientist einige dieser konventionellen Erklärungsansätze wie Asteroidenschwärme und Riesenplaneten zusammengefasst, die alle ihre Schwachstellen haben. Ein Asteroidenschwarm, der für solch eine Verdunkelung sorgen würde, müsste die Masse des Jupiter aufweisen, wobei es absolut nicht klar sei, ob "dies überhaupt physikalisch möglich" sei. Der hypothetische Ringplanet, der einen solchen Helligkeitsabfall bei KIC 8462852 auslöste, müsste die fünffache Masse des Jupiters aufweisen. Mit dieser Masse könnte er aber auch "ein kleiner Stern" sein.

Aufgrund dieser Unzulänglichkeiten der konventionellen Erklärungsansätze rückte Tabbys Stern schnell in den Fokus der Massenmedien. Die Wissenschaft kann nämlich auch unkonventionelle Erklärungsansätze, die um avancierte extraterrestrische Zivilisationen kreisen, in diesem Fall schlicht nicht ausschließen.

Eine Dyson-Sphäre, eine gigantische, den Stern umschließende Konstruktion befinde sich um KIC 8462852 Bau, so die phantastische Hypothese. Diese hypothetische Konstruktion würde es einer fortgeschrittenen Zivilisation ermöglichen, die Energie des betroffenen Sterns optimal zu nutzen. Bislang konnte auch dieser Erklärungsansatz nicht eindeutig widerlegt werden - auch wenn erste diesbezügliche Untersuchungen mit Rückschlägen verbunden waren.

Verstörende Absurdität der Lage der menschlichen Zivilisation

Indes scheint es gerade verwunderlich, dass die Wissenschaft rund 1.400 Lichtjahre weit in die Vergangenheit blicken muss, um zumindest vage, rein hypothetische Anzeichen einer extraterrestrischen Zivilisation nicht von vornherein ausschließen zu können. Wieso scheint die Menschheit - aller jahrzehntelangen Suche zum Trotz - allein im Universum? Gerade die immensen Fortschritte der Astronomie bei der Ortung von Exoplaneten machen die verstörende Absurdität der kosmischen Lage der menschlichen Zivilisation offensichtlich. Planeten sind überall!

In unserer Galaxie mit ihrem Durchmesser von bis zu 180.000 Lichtjahren existieren Schätzungen zufolge zwischen 100 und 400 Milliarden Sterne, um die mindestens 100 Milliarden Planeten kreisen. Eine zuvor verbreitete Hypothese, mit der das Fehlen anderer - wahrnehmbarer - Zivilisationen in der Galaxie erklärt wurde, kreist um die Annahme, dass die Erde eine große Ausnahme darstelle.

"Wir" seien etwas ganz Besonderes, die Größe unserer Sonne, die Lage der Erde in der habitaten Zone, sie stellten quasi einen glücklichen Zufallstreffer bei der Ausformung des Sonnensystems dar, der sich in nur sehr wenigen Konstellationen wiederhole. Die ersten Erfolge bei der Suche nach Exoplaneten schienen diese Hypothese zu bestätigen, da zuerst nur große, dem Jupiter vergleichbare Himmelskörper gefunden werden konnten, solange die wissenschaftlichen Methoden der "Planetenjäger" nicht ausgereift waren.