USA: Mit der Manipulation von Wahlbezirken lassen sich Wahlen gewinnen

Illustration wie Gerrymandering Wahlergebnisse beeinflussen kann. Bild: RokerHRO/gemeinfrei

Nach einer Analyse waren die Republikaner bei den Kongresswahlen klar im Vorteil, weil sie stärker manipulieren konnten, ohne dass die Russen darauf einen Einfluss hatten

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Es ändert nichts mehr am Ausgang der US-Präsidentschaftswahl und ist auch schon lange als Problem bekannt. Das so genannte Gerrymandering, die Optimierung der Wahlbezirke zur Erzielung gewünschter Mehrheitsverhältnisse (Gerrymandering - Wahlbezirke mit Tentakeln) hat wieder einmal, glaubt man einer statistischen Analyse der Nachrichtenagentur AP, den Republikanern bei der Wahl nachhaltig geholfen.

Während Trump immer wieder betonte, so der AP-Artikel, dass man die Wahl gegen ihn manipuliert habe und die Demokraten auf den bösen Russen herumreiten, fänden die Manipulationen vor den Wahlen zu wenig Aufmerksamkeit, die nach AP klar zugunsten der republikanischen Kandidaten gingen.

Gerrymandering ist nicht nur, aber besonders im Mehrheitswahlrecht effektiv, das, wie auch beim Trump-Sieg deutlich wurde, nicht derjenige gewinnt, der am meisten Stimmen erzielt, sondern derjenige, die die meisten Wahlmänner oder -frauen erhält. Eine Methode ist beispielsweise, der gegnerischen Partei möglichst viele Stimmen in möglichst wenigen Wahlbezirken zu überlassen, um die favorisierte Partei in möglichst vielen Wahlbezirken zum Gewinn zu verhelfen, der auch ganz knapp ausfallen kann. Das nennt man "Packing". Umgekehrt geht es auch, also dass die Anhänger der einen Partei in möglichst viele Wahlbezirke verteilt werden, um deren Einfluss zu minimieren (Cracking).

Amtsinhaber haben daher immer gute Chancen und die Partei, die an der Regierung in Bundesstaaten und Kommunen sitzt, kann auch die Wahlbezirke erweitern oder verkleinern. Mit einem verzerrenden Zuschnitt der Wahlbezirke wird ein Teil der Wähler betrogen und ein anderer begünstigt, da dann nicht die Stimmen aller Wähler genauso dasselbe Gewicht haben.

Die AP-Analyse untersuchte die Ergebnisse von 435 Wahlkämpfen für die Repräsentantenhäuser, um die 4700 Sitze zu gewinnen waren. Danach gab es viermal so viele von Republikanern verzerrte Wahlbezirke als von Demokraten. Unter den 12 bevölkerungsreichsten Bundesstaaten, die die Mehrheit des Kongresses einnehmen, waren dreimal so viele Wahlbezirke, die von den Republikanern zugeschnitten wurden.

In Bundesstaaten wie Michigan, Florida oder Wisconsin, in denen Republikaner nach dem Zensus im Jahr 2010 Wahlbezirke neu zugeschnitten haben, erzielten Republikaner deutliche Vorteile in den Wahlkämpfen für das nationale und das bundesstaatliche Repräsentantenhaus. Nach der Wahl von Obama konnten die Republikaner in den Zwischenwahlen gute Gewinne erzielen, die ihnen dazu verhalfen, die "Mehrheit" weiter zu verstärken.

Die erwarteten Ergebnisse würden sich teils gravierend von den tatsächlichen zugunsten der republikanischen Kandidaten unterscheiden. Es hätte, so AP, auch nicht genutzt, wenn mehr Sympathisanten der Demokraten zur Wahl gegangen wären. Überdies haben Demokraten den "Nachteil", dass sie sich in Städten konzentrieren, während republikanische Wähler weiter verbreitet und in ländlichen Gebieten stärker sind. In nur wenigen Bundesstaaten wie New York, Washington oder Minnesota fiel das Wahlergebnis zuungunsten der Republikaner aus.

Illustration wie Gerrymandering Wahlergebnisse beeinflussen kann. Bild: RokerHRO/gemeinfrei

Der AP-Bericht verweist auch auf eine Studie des Princeton University über Gerrymandering. Danach hätte ein zufälliger Gewinn in den Wahlbezirken von Michigan, regiert von den Republikanern, für das Repräsentantenhaus nur eine Wahrscheinlichkeit von 1:16.000, in Wisconsin lag die Wahrscheinlichkeit sogar nur bei 1: 60.000.

Eine politisch neutrale Methode zur demokratischen Optimierung von Wahlkreisen?

Mit Gerrymandering wird die Demokratie unterminiert und werden die Wähler getäuscht. Allerdings müssen Wahlbezirke immer neu ausgelotet werden, wenn sich die Bevölkerung vermehrt oder vermindert. Statt politisch einzuwirken, um für die eigene Partei Gewinne zu manipulieren, gäbe es auch die Möglichkeit, politisch neutral und wissenschaftlich Wahlbezirke zu ermitteln, wobei die Optionen immens wären und daher immer, zumal in Ländern mit Mehrheitswahlrecht, Misstrauen erwecken könnten.

Wissenschaftler der TU München haben berichtet, dass für die Bundestagswahl im September 34 Wahlkreise "angepasst" wurden. So haben Prof. Peter Gritzmann, Leiter des Lehrstuhls für Angewandte Geometrie und Diskrete Mathematik an der TUM, zusammen mit seinen Mitarbeitern Fabian Klemm und Andreas Brieden, Professor für Statistik an der Universität der Bundeswehr, eine Methode entwickelt, mit der sich angeblich politisch neutral der "optimale Zuschnitt" berechnen lässt. Optimal heißt, dass Wahlkreise möglichst gleich groß sein müssen.

In einzelnen der 2012 für die kommende Wahl neu zugeschnittenen Wahlkreise ergaben sich durch Zu- und Wegzug schon im Wahljahr 2013 Abweichungen (links), die über dem angestrebten Maximalwert liegen. Mit der mathematischen Methode werden deutlich geringere Abweichungen erzielt. Sie bietet damit eine größere Toleranz gegenüber Bevölkerungsveränderungen in der Zeit bis zur Wahl. Bild: F. Klemm/ TUM

Getestet haben sie ihr Modell des "Geometric Clustering", das beliebig an Zielvorgaben angepasst werden kann, an den deutschen Wahlkreisen, wie sie in ihrer Veröffentlichung im European Journal of Operational Research beschreiben. Vorgeschrieben ist, dass ihre Bevölkerungszahl nicht mehr als 15 Prozent von der Durchschnittsgröße abweichen soll, bei mehr als 25 Prozent muss ein Wahlkreis zwingend neu festgelegt werden. Es sollen zusammenhängende Gebiete entstehen und gleichzeitig die Grenzen der Bundesländer, Landkreise und Kommunen eingehalten werden. Die Wahlkreise sind in Wahlbezirke unterteilt.

Mit der Methode würde die Abweichung deutlich unter der vorgeschriebenen Abweichung der Durchschnittsgröße liegen, "ohne dass auch nur ein einziger Wahlberechtigter seinen Stimmbezirk wechseln muss". Nach Gritzmann könne so die Mathematik helfen, "die Demokratie selbst zu stärken". Das wiederum dürfte den Interessen der amerikanischen Politiker zuwiderlaufen, die daher wohl solche Methoden nicht einführen wollten, zumal wenn sie von ihnen profitieren.